Vorbericht
Achter Senat Donnerstag, 5. Dezember 2024, 9:00 Uhr
Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG – Benachteiligung wegen des Geschlechts – Höhe der Entschädigung – Diskriminierung von Teilzeitbeschäftigten nach § 4 TzBfG
R. (RAe. Schütte, Lange & Kollegen, Wiesbaden)
./.
K. e.V. (RAe. Endemann.Schmidt, München)
– 8 AZR 370/20 –
Die Parteien streiten in der Revisionsinstanz ausschließlich über einen Anspruch auf Zahlung einer Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG.
Der beklagte Verein ist ein bundesweit tätiger Dialyseanbieter. Nach seinen Angaben sind unter seinen insgesamt über 5.000 Beschäftigten 76,96 % Frauen. Von allen Beschäftigten sind nach seinen Angaben 52,78 % teilzeitbeschäftigt, darunter 84,74 % weibliche und 15,26 % männliche Beschäftigte. In der Gruppe der Vollzeitbeschäftigten sind nach Angaben des Beklagten 68,20 % weiblich und 31,80 % männlich. Die Klägerin ist seit 2003 als Pflegekraft beim Beklagten beschäftigt und wird seit 2006 vereinbarungsgemäß mit einer Arbeitszeit von 40 % der regelmäßigen Arbeitszeit einer vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmerin eingesetzt. Aufgrund arbeitsvertraglicher Bezugnahme richtet sich das Arbeitsverhältnis nach einem Manteltarifvertrag, in dem es unter § 10 zur Arbeitszeit ua. heißt: „7. Überstunden sind auf Anordnung geleistete Arbeitsstunden, die über die im Rahmen der regelmäßigen Arbeitszeit nach Ziffer 1, S. 1 und 3 hinausgehend dienstplanmäßig bzw. betriebsüblich geleistet werden. Zuschlagspflichtig gemäß § 13 Ziffer 1 sind Überstunden, die über die kalendermonatliche Arbeitszeit eines vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmers hinaus geleistet werden und im jeweiligen Kalendermonat der Arbeitsleistung nicht durch Freizeitgewährung ausgeglichen werden können.“ Im Monat März 2018 belief sich das Arbeitszeitguthaben der Klägerin auf 129 Stunden und 24 Minuten. Hierbei handelt es sich um von ihr geleistete Überstunden. Überstundenzuschläge wurden von dem Beklagten weder in Form einer Zeitgutschrift noch als Geldzahlung abgegolten.
Mit ihrer Klage begehrt die Klägerin – soweit für das Revisionsverfahren von Belang – wegen der unterbliebenen Zahlung von Überstundenzuschlägen die Zahlung einer Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG in Höhe eines Vierteljahresverdienstes (4.485,06 Euro) mit der Begründung, der Beklagte habe sie als Teilzeitbeschäftigte wegen des Geschlechts benachteiligt. Der Beklagte meint, es sei rechtlich nicht zu beanstanden, Überstundenzuschläge entsprechend der tarifvertraglichen Regelung nur dann zu gewähren, wenn Arbeiten über die kalendermonatliche Arbeitszeit eines Vollzeitbeschäftigten hinaus erbracht würden. Die Zuschlagspflicht für Überstunden solle dazu führen, dass die Belastungsgrenze von 38,5 Stunden pro Woche nicht überschritten werde. Gemessen daran würden beide Arbeitnehmergruppen gleichbehandelt.
Das Arbeitsgericht hat die Klage hinsichtlich der Entschädigung abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die hiergegen erhobene Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Der Achte Senat des Bundesarbeitsgerichts hat den Gerichtshof der Europäischen Union am 28. Oktober 2021 ersucht, Fragen nach der Auslegung von Art. 157 AEUV sowie Art. 2 und Art. 4 Satz 1 der Gleichbehandlungs-Richtlinie 2006/54/EG zu beantworten, was dieser mit Urteil vom 29. Juli 2024 – C-184/22 – und – C-185/22 – tat.
Hessisches Landesarbeitsgericht, Urteil vom 19. Dezember 2019 – 5 Sa 436/19 –
Der Senat verhandelt am selben Tag ein Parallelverfahren (- 8 AZR 372/20 -).