1 ABR 13/21

Betriebsrat - Zustimmungserfordernis - Einstellung - Versetzung

Details

  • Aktenzeichen

    1 ABR 13/21

  • ECLI

    ECLI:DE:BAG:2022:140622.B.1ABR13.21.0

  • Art

    Beschluss

  • Datum

    14.06.2022

  • Senat

    1. Senat

Tenor

Die Rechtsbeschwerde des Betriebsrats gegen den Beschluss des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 19. Mai 2021 – 2 TaBV 51/20 – wird zurückgewiesen.

Entscheidungsgründe

1

A. Die Beteiligten streiten über die Aufhebung einer personellen Maßnahme.

2

Die Arbeitgeberin ist ein privates Eisenbahnunternehmen. Sie beschäftigt mehr als 20 wahlberechtigte Arbeitnehmer und unterhält zwei – durch einen Zuordnungstarifvertrag gebildete – Schienenverkehrsbetriebe. Der Antragsteller ist der im Betrieb Nordrhein-Westfalen (NRW) gewählte Betriebsrat.

3

Seit dem 1. Februar 2020 wird die Arbeitnehmerin N, die zuvor als Leiterin Langfristdisposition am Standort O tätig war, dort mit Zustimmung des für den Betrieb Niedersachsen/Bremen (NDS/HB) errichteten Betriebsrats als Leiterin Betriebsmanagement eingesetzt. Die Aufgaben der Leiterin Betriebsmanagement sind in der Stellenausschreibung vom 18. Januar 2019 wie folgt beschrieben:

        

„●     

Disziplinarische Führung der Gruppenleiter BLZ, des Fachkoordinators Personaldisposition und des Leiters Betriebsplanung, verantwortlich für die fachliche Aus- und regelmäßige Fortbildung der Mitarbeiter

        

●       

Gestaltung, Abstimmung und Weiterentwicklung der operativen Planungs- und Personaldispositionsprozesse unter Berücksichtigung diverser Vorgaben

        

●       

Verantwortlich für die Einhaltung von Vorgaben und für einen optimalen Einsatz der Ressourcen in den Bereichen Planung, lang- und mittelfristige Personaldisposition und Steuerung

        

●       

Best Practice Management für mehr Effizienz durch Austausch mit anderen Betrieben der T Gruppe

        

●       

Koordination der Erarbeitung und Einführung konkreter Dispositionsrichtlinien für die Betriebssteuerung nach Vorgaben der Regionalleiter

        

●       

Optimierung der Betriebskonzepte und der Disposition in enger Abstimmung mit den jeweiligen Bereichsleitern

        

●       

Unterstützung der Personalabteilung bei Tarifverhandlungen

        

●       

Optimierung und Planungen für Schienenersatzverkehre

        

●       

Sonderaufgaben und Projekte“

4

Frau N erstellt nach den Vorgaben der Regionalleiter Jahrespläne für die Langfristdisposition. Auf deren Grundlage legt der im Betrieb NRW tätige Langfristdisponent den Einsatz des dort beschäftigten Personals nach Ort und Zeit fest.

5

Der antragstellende Betriebsrat hat die Auffassung vertreten, zur Versetzung von Frau N auf die Stelle der Leiterin Betriebsmanagement sei auch seine Zustimmung nach § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG erforderlich. Frau N sei in dieser Funktion – wie auch in der vorherigen – in den Betrieb NRW eingegliedert. Die dortigen Mitarbeiter müssten die Anweisungen und Richtlinien in den von ihr erstellten Jahresplänen befolgen. Zudem sei Frau N gegenüber einem in den Betrieb NRW eingegliederten Arbeitnehmer weisungsbefugt, wenn er den in O tätigen Leiter Langfristdisposition vertrete. Auch sei sie im Betrieb NRW als Vertreterin der Arbeitgeberin in einer paritätischen Kommission und einer Einigungsstelle tätig geworden.

6

Der Betriebsrat hat beantragt,

        

die Arbeitgeberin zu verpflichten, die Versetzung von Frau N auf die Position als Leiterin Betriebsmanagement im Betrieb Nordrhein-Westfalen der Arbeitgeberin seit dem 1. Februar 2020 aufzuheben.

7

Die Arbeitgeberin hat beantragt, den Antrag abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, Frau N sei ausschließlich in den Betrieb NDS/HB eingegliedert. Soweit es hierbei auf ihre Weisungsbefugnisse ankomme, sei die seit dem 1. November 2020 geltende Organisationsstruktur zugrunde zu legen.

8

Die Vorinstanzen haben den Antrag abgewiesen. Mit der Rechtsbeschwerde verfolgt der Betriebsrat sein Begehren weiter.

9

B. Die Rechtsbeschwerde bleibt erfolglos. Das Landesarbeitsgericht hat die Beschwerde des Betriebsrats im Ergebnis zu Recht zurückgewiesen. Der Antrag ist zulässig, aber unbegründet.

10

I. Der Antrag des Betriebsrats ist nach gebotener Auslegung zulässig.

11

1. Der Betriebsrat begehrt mit seinem Antrag die Verpflichtung der Arbeitgeberin, die Beschäftigung von Frau N als Leiterin Betriebsmanagement aufzuheben.

12

a) Gegenstand des Aufhebungsverfahrens nach § 101 Satz 1 BetrVG ist die Frage, ob eine konkrete personelle Maßnahme gegenwärtig und zukünftig als endgültige Maßnahme zulässig ist. Mit der Rechtskraft eines dem Antrag stattgebenden Beschlusses wird der Arbeitgeber verpflichtet, sie aufzuheben (vgl. BAG 25. April 2018 – 7 ABR 30/16 – Rn. 21). Da eine solche Aufhebung nur mit Wirkung für die Zukunft, nicht aber zu einem in der Vergangenheit liegenden Zeitpunkt erfolgen kann, dient die Angabe des Datums in dem vom Betriebsrat angebrachten Antrag ersichtlich nur der Beschreibung der verfahrensgegenständlichen Maßnahme.

13

b) Gleiches gilt, soweit der Betriebsrat die Maßnahme im Antrag als „Versetzung“ bezeichnet. Dieser rechtlichen Würdigung kommt keine antragseinschränkende Bedeutung zu. Ob die personelle Maßnahme eine Einstellung oder eine Versetzung darstellt, ist eine Rechtsfrage, die durch das Gericht zu beurteilen ist.

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2. Entgegen der Auffassung der Arbeitgeberin ist der Antrag nicht mangels Rechtsschutzschutzinteresses unzulässig. Das für eine Sachentscheidung notwendige Rechtsschutzbedürfnis verlangt lediglich ein berechtigtes Interesse des Antragstellers an der Inanspruchnahme gerichtlichen Rechtsschutzes. Bei Leistungsanträgen folgt ein solches Interesse regelmäßig aus der Nichterfüllung des behaupteten Anspruchs. Ob er besteht, ist grundsätzlich eine Frage der Begründetheit (vgl. etwa BAG 28. Juli 2020 – 1 ABR 45/18 – Rn. 19; 24. April 2018 – 1 ABR 6/16 – Rn. 20 mwN).

15

II. Der Antrag ist jedoch unbegründet. Der Betriebsrat kann die Aufhebung der Beschäftigung von Frau N als Leiterin Betriebsmanagement nicht verlangen. Die Maßnahme war nicht zustimmungsbedürftig.

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1. Nach § 101 Satz 1 BetrVG kann der Betriebsrat beim Arbeitsgericht beantragen, dem Arbeitgeber aufzugeben, eine personelle Maßnahme iSd. § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG aufzuheben, wenn der Arbeitgeber die Maßnahme ohne Zustimmung des Betriebsrats durchführt. Nach § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG muss der Arbeitgeber den Betriebsrat in Unternehmen mit in der Regel mehr als 20 wahlberechtigten Arbeitnehmern ua. vor jeder Einstellung und Versetzung unterrichten und seine Zustimmung zu der geplanten Maßnahme einholen. Eine personelle Einzelmaßnahme iSd. § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG kann daher nur nach Zustimmung des Betriebsrats oder ihrer rechtskräftigen Ersetzung in einem Verfahren nach § 99 Abs. 4 BetrVG oder als vorläufige personelle Maßnahme unter den Voraussetzungen des § 100 BetrVG vorgenommen werden (vgl. BAG 17. November 2021 – 7 ABR 18/20 – Rn. 10 mwN).

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2. Zwar hat das Landesarbeitsgericht keine ausreichenden Feststellungen getroffen, die dem Senat eine Beurteilung ermöglichten, ob – wie vom Betriebsrat angenommen – Frau N schon vor ihrem Einsatz als Leiterin Betriebsmanagement durch die Ausübung ihrer vorherigen Tätigkeit als Leiterin Langfristdisposition in den Betrieb NRW eingegliedert war. Dies kann jedoch dahinstehen, weil die Maßnahme unter keinen Umständen zustimmungsbedürftig war.

18

a) Sollte Frau N – entgegen der Ansicht des Betriebsrats – bei Ausübung ihrer Tätigkeit als Leiterin Langfristdisposition nicht in den Betrieb NRW eingegliedert gewesen sein, käme ein Zustimmungserfordernis des antragstellenden Betriebsrats nach § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG lediglich dann in Betracht, wenn die Zuweisung der Tätigkeit als Leiterin Betriebsmanagement eine Einstellung von Frau N in den Betrieb NRW wäre. Insoweit fehlt es jedoch an der notwendigen Eingliederung.

19

aa) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist eine Einstellung iSd. § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG gegeben, wenn eine Person in den Betrieb eingegliedert wird, um zusammen mit den dort schon beschäftigten Arbeitnehmern dessen arbeitstechnischen Zweck durch weisungsgebundene Tätigkeit zu verwirklichen. Die für eine Einstellung erforderliche Eingliederung in die Betriebsorganisation setzt nicht voraus, dass der Arbeitnehmer seine Arbeiten auf dem Betriebsgelände oder innerhalb der Betriebsräume verrichtet. Entscheidend ist vielmehr, ob der Arbeitgeber mithilfe des Arbeitnehmers den arbeitstechnischen Zweck des jeweiligen Betriebs verfolgt (BAG 12. Juni 2019 – 1 ABR 5/18 – Rn. 16 mwN, BAGE 167, 43).

20

bb) Bei der Beurteilung, ob ein Beschäftigter in einen Betrieb eingegliedert ist, steht dem Beschwerdegericht ein Beurteilungsspielraum zu. Dessen Würdigung ist in der Rechtsbeschwerdeinstanz nur darauf überprüfbar, ob das Gericht den Rechtsbegriff selbst verkannt, gegen Denkgesetze, anerkannte Auslegungs- und Erfahrungssätze verstoßen oder wesentliche Umstände außer Acht gelassen hat (BAG 26. Mai 2021 – 7 ABR 17/20 – Rn. 29; 22. Oktober 2019 – 1 ABR 13/18 – Rn. 16 mwN).

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cc) Diesem eingeschränkten Prüfungsmaßstab halten die Ausführungen des Landesarbeitsgerichts nicht stand.

22

(1) Allerdings ist es im Ausgangspunkt zutreffend davon ausgegangen, dass der rechtlichen Beurteilung des Antragsbegehrens die personelle Einzelmaßnahme in ihrer gegenwärtigen Gestalt zugrunde zu legen ist. Gegenstand des Aufhebungsverfahrens nach § 101 Satz 1 BetrVG ist die Frage, ob die konkrete Maßnahme gegenwärtig und zukünftig als endgültige Maßnahme zulässig ist. Der Aufhebungsantrag dient der Beseitigung eines betriebsverfassungswidrigen Zustands, der dadurch eingetreten ist, dass der Arbeitgeber eine konkrete personelle Einzelmaßnahme ohne die erforderliche Zustimmung des Betriebsrats durchführt oder aufrechterhält. Mit der Rechtskraft eines dem Antrag nach § 101 Satz 1 BetrVG stattgebenden Beschlusses wird der Arbeitgeber verpflichtet, den betriebsverfassungswidrigen Zustand zu beseitigen (vgl. BAG 22. Oktober 2019 – 1 ABR 13/18 – Rn. 13). Es geht nicht darum, ob die Maßnahme bei ihrer Durchführung betriebsverfassungsrechtlich zulässig war (BAG 25. April 2018 – 7 ABR 30/16 – Rn. 21; 14. April 2015 – 1 ABR 66/13 – Rn. 21, BAGE 151, 212). Ändert sich die Tätigkeit des von der personellen Einzelmaßnahme betroffenen Arbeitnehmers, ist – jedenfalls dann, wenn die Änderung noch vor dem Zeitpunkt der letzten mündlichen Anhörung in der Tatsacheninstanz erfolgt ist – die Maßnahme in ihrem aktuellen Zuschnitt der rechtlichen Überprüfung zu unterziehen (vgl. BAG 16. Januar 2007 – 1 ABR 16/06 – Rn. 18 mwN).

23

(2) Die Annahme des Landesarbeitsgerichts, Frau N sei nicht in den Betrieb NRW eingegliedert, weil sie nicht – auch – unmittelbare disziplinarische Vorgesetzte der Arbeitnehmer dieses Betriebs sei, trifft hingegen nicht zu. Für die Beurteilung, ob ein Arbeitnehmer des den Betrieb führenden Unternehmens, der zum Vorgesetzten bestellt wird, in den Betrieb der ihm jeweils unterstellten Arbeitnehmer eingegliedert wird, kommt es nicht darauf an, ob der Vorgesetzte über Befugnisse verfügt, die ihn zur Ermahnung, Abmahnung oder Kündigung von betriebszugehörigen Arbeitnehmern berechtigen (zu einem weiteren Verständnis des „disziplinarischen“ Weisungsrechts vgl. Bachner NZA 2019, 134, 136 f.). Maßgebend ist vielmehr, ob diese Führungskraft tatsächlich in die betriebliche Arbeitsorganisation integriert wird. § 99 Abs. 2 Nr. 3 BetrVG gebietet entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts nichts Gegenteiliges (aA Lingemann/Steinhauser NZA 2020, 87, 88 f.; Bachner aaO). Die vom Gesetz verlangte Besorgnis, dass im Betrieb beschäftigte Arbeitnehmer gekündigt werden oder sonstige Nachteile erleiden, muss Folge der personellen Maßnahme – also der Einstellung oder Versetzung – als solcher sein („infolge“). Sie kann daher nicht aus rechtlichen Befugnissen des von der Maßnahme betroffenen Arbeitnehmers resultieren.

24

(3) Ob eine bei dem Betriebsinhaber beschäftigte Führungskraft, die zum Vorgesetzten von Arbeitnehmern eines Betriebs bestellt wird, dort eingegliedert und damit tatsächlich in die betriebliche Arbeitsorganisation integriert wird, erfordert eine Gesamtwürdigung aller maßgebenden Umstände des Einzelfalls. Hierbei können die fachlichen Weisungsbefugnisse der Führungskraft Berücksichtigung finden, sofern sich aus ihrer Wahrnehmung eine Einbindung bei der Erfüllung der im Betrieb von den dortigen Arbeitnehmern zu erledigenden operativen Aufgaben oder in die dortigen Arbeitsprozesse ergibt (vgl. BAG 22. Oktober 2019 – 1 ABR 13/18 – Rn. 21; 12. Juni 2019 – 1 ABR 5/18 – Rn. 21, BAGE 167, 43). Typischerweise ist in solchen Fällen von einer Eingliederung auszugehen, wenn die Führungskraft zur Durchführung der ihr obliegenden Aufgaben mit den im Betrieb tätigen Arbeitnehmern regelmäßig zusammenarbeiten muss und damit ihre fachlichen Weisungsbefugnisse auch tatsächlich wahrnimmt (vgl. Fitting 31. Aufl. § 99 Rn. 37b; Engels AuR 2021, 63, 65 f.; Bachner NZA 2019, 134, 135 f.). Hingegen ist für die Annahme einer Eingliederung weder zwingend erforderlich, dass die Führungskraft ihre Tätigkeit auf dem Betriebsgelände oder innerhalb der Betriebsräume verrichtet, noch muss sie in einem bestimmten zeitlichen Mindestumfang „vor Ort“ sein (vgl. BAG 22. Oktober 2019 – 1 ABR 13/18 – Rn. 15; 12. Juni 2019 – 1 ABR 5/18 – Rn. 23 mwN, aaO). Ist die Führungskraft in Wahrnehmung ihrer Aufgaben allerdings auch tatsächlich – partiell – im Betrieb anwesend, stellt dies ein gewichtiges Indiz für eine Eingliederung in die betrieblichen Arbeitsabläufe dar.

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(4) Aus der bisherigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ergibt sich nichts Gegenteiliges. In den Entscheidungen vom 22. Oktober 2019 (- 1 ABR 13/18 – Rn. 21) und vom 12. Juni 2019 (- 1 ABR 5/18 – Rn. 21, BAGE 167, 43) hat der Senat aus der Funktion und den damit verbundenen Weisungsbefugnissen der betroffenen Arbeitnehmer abgeleitet, dass sie ihren Aufgaben nur in regelmäßiger Zusammenarbeit mit Arbeitnehmern der jeweiligen Betriebe nachkommen konnten und daher in die dortigen Arbeitsabläufe eingebunden waren. Soweit der Siebte Senat des Bundesarbeitsgerichts in seiner Entscheidung vom 26. Mai 2021 (- 7 ABR 17/20 – Rn. 45) angenommen hat, aus einer fachlichen „Unterstellung“ von Arbeitnehmern könne sich eine Eingliederung des Vorgesetzten in deren Betrieb ergeben, hat er ausdrücklich auf die Rechtsprechung des Ersten Senats Bezug genommen.

26

dd) Die Annahme des Landesarbeitsgerichts, Frau N sei als Leiterin Betriebsmanagement nicht in den Betrieb NRW eingegliedert, erweist sich dennoch im Ergebnis als richtig. Weder aus den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts noch aus dem Vortrag der Beteiligten ergeben sich hinreichende Anhaltspunkte für eine solche Eingliederung.

27

(1) Der Umstand, dass Frau N die Jahrespläne für die Langfristdisposition erstellt, lässt nicht darauf schließen, dass sie dadurch tatsächlich in die Erfüllung der im Betrieb NRW zu erledigenden Aufgaben eingebunden wäre. Über den konkreten Einsatz des Personals nach Ort und Zeit im Betrieb NRW entscheidet der dort tätige Langfristdisponent. Dass er hierbei die von Frau N aufgestellten Jahrespläne zugrunde zu legen hat, begründet – für sich genommen – noch keine tatsächliche Eingliederung in die Arbeitsprozesse des Betriebs NRW.

28

(2) Auch der Inhalt ihrer sonstigen – in der Stellenausschreibung dokumentierten – Aufgaben als Leiterin Betriebsmanagement lässt nicht erkennen, dass Frau N bei ihrer Erfüllung regelmäßig mit im Betrieb NRW tätigen Arbeitnehmern zusammenarbeiten würde. Dabei kann dahinstehen, ob die dort dargestellten „Weisungsketten“ nach der seit dem 1. November 2020 geltenden Organisationsstruktur noch zutreffend sind. Jedenfalls beschränken sich sämtliche in der Stellenausschreibung genannten Aufgaben auf die disziplinarische Führung von Arbeitnehmern und die Erarbeitung lediglich allgemeiner mittel- und langfristiger Planungen.

29

(3) Soweit Frau N – wie vom Betriebsrat behauptet – einem im Betrieb NRW beschäftigten Arbeitnehmer gegenüber während der Zeiten weisungsbefugt ist, in denen er den in O tätigen Leiter Langfristdisposition vertritt, lässt sich hieraus ebenfalls keine Einstellung in den Betrieb NRW ableiten. Es ist bereits nicht erkennbar, dass sie dadurch den arbeitstechnischen Zweck des Betriebs NRW verwirklichen würde. Zudem lässt die nur zeitlich befristete Übertragung einer fachlichen Weisungsbefugnis im Vertretungsfall noch nicht den Schluss darauf zu, dass sie auch tatsächlich ausgeübt wird. Darüber hinaus bezieht sich das Weisungsrecht von Frau N auf die Funktion des Leiters Langfristdisposition. Bei der Frage einer Eingliederung wäre daher allenfalls auf die – mögliche – Zusammenarbeit zwischen ihr und dem Inhaber dieser Position abzustellen. Dass sie eine Eingliederung in den Betrieb NRW begründen könnte, ist weder dargetan noch erkennbar.

30

(4) Auch die Mitgliedschaft von Frau N als Vertreterin der Arbeitgeberin in einer paritätischen Kommission und einer für den Betrieb NRW eingerichteten Einigungsstelle bedingt keine Eingliederung in diesen Betrieb. Es ist schon nicht ersichtlich, dass die Übertragung dieser Aufgaben Teil der verfahrensgegenständlichen personellen Maßnahme wäre. Zudem vermögen diese Tätigkeiten keine tatsächliche Einbindung in die Erfüllung der von den Arbeitnehmern des Betriebs NRW zu erledigenden operativen Aufgaben oder in die dortigen – zur Erreichung des arbeitstechnischen Zwecks erforderlichen – Arbeitsprozesse zu begründen.

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b) Selbst wenn der Senat zugunsten des Betriebsrats annähme, Frau N sei bereits vor dem 1. Februar 2020 (auch) in den Betrieb NRW eingegliedert gewesen, wäre die personelle Maßnahme nicht unter dem Gesichtspunkt einer Versetzung zustimmungsbedürftig gewesen.

32

aa) Bei einer Versetzung iSd. § 95 Abs. 3 Satz 1 BetrVG ist grundsätzlich nicht nur der Betriebsrat des aufnehmenden, sondern auch der des abgebenden Betriebs nach § 99 BetrVG zu beteiligen. Das Beteiligungsrecht schützt nicht nur die jeweiligen kollektiven Belegschaftsinteressen an einer sachgerechten Auswahlentscheidung des Arbeitgebers und der Vermeidung weitergehender Arbeitsverdichtung für die verbleibenden Arbeitnehmer, sondern dient auch dem individuellen Schutz des zu versetzenden Arbeitnehmers. Diese Schutzzwecke können allerdings nicht erreicht werden, wenn der betroffene Arbeitnehmer versetzungswillig ist. In einem solchen Fall ist der Arbeitnehmer nicht schutzbedürftig. Zudem können kollektive Belegschaftsinteressen nicht gewahrt werden, weil der Betriebsrat ein kündigungsbedingtes Ausscheiden des Arbeitnehmers nicht verhindern könnte. Deshalb muss der Betriebsrat des abgebenden Betriebs bei einer auf Dauer angelegten Versetzung eines versetzungswilligen Arbeitnehmers nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts nicht beteiligt werden (vgl. BAG 13. Dezember 2011 – 1 ABR 2/10 – Rn. 23, BAGE 140, 113; 22. November 2005 – 1 ABR 49/04 – Rn. 24 mwN, BAGE 116, 223).

33

bb) Nach diesen Grundsätzen ist der Betriebsrat des abgebenden Betriebs nicht nach § 99 BetrVG zu beteiligen, wenn eine Versetzung dazu führt, dass die Eingliederung eines zuvor in zwei Betrieben eingegliederten Arbeitnehmers in einem der beiden Betriebe dauerhaft entfällt und der Arbeitnehmer mit der Maßnahme einverstanden ist.

34

cc) Ein solcher Fall ist hier gegeben. Da die Ausübung der Tätigkeit als Leiterin Betriebsmanagement keine Eingliederung von Frau N in den Betrieb NRW bedingt, wäre eine mögliche vorherige Eingliederung in diesen Betrieb jedenfalls mit der Übertragung der neuen Stelle ab dem 1. Februar 2020 dauerhaft entfallen. Frau N hat sich auf die Position der Leiterin Betriebsmanagement erfolgreich beworben. Dadurch hat sie ihr Einverständnis mit einer entsprechenden Versetzung erteilt. Unerheblich ist, dass die Tätigkeit nach dem vom Betriebsrat nicht bestrittenen Vortrag der Arbeitgeberin zum damaligen Zeitpunkt einen geringfügig anderen Zuschnitt hatte. Anhaltspunkte dafür, dass sich das Einverständnis von Frau N nicht auch auf die Stelle in ihrer jetzigen Gestalt erstrecken würde, bestehen nicht.

35

dd) Der Betriebsrat musste der Versetzung von Frau N schon aus diesen Gründen nicht zustimmen. Der Senat braucht deshalb nicht darüber zu entscheiden, ob bei der Versetzung eines in mehreren Betrieben eines Unternehmens eingegliederten Arbeitnehmers stets sämtlichen Betriebsräten ein umfassendes Beteiligungsrecht nach § 99 BetrVG zusteht oder ob dessen Bestehen und Umfang von der konkreten personellen Maßnahme abhängt (zu der grundsätzlichen Möglichkeit, in mehreren Betrieben eingegliedert zu sein, vgl. BAG 12. Juni 2019 – 1 ABR 5/18 – Rn. 24, BAGE 167, 43).

        

    Gallner    

        

    Ahrendt    

        

    Rinck    

        

        

        

    Pieper    

        

    Dohna