1 AZR 33/24
Herausgabe aller dienstlichen E-Mail-Adressen der Mitarbeiter der Beklagten, hilfsweise Einrichtung einer eigenen E-Mail-Adresse; Digitales Zugangsrecht einer Gewerkschaft zum Betrieb: Nutzungsmöglichkeit der vorhandenen innerbetrieblichen digitalen Kommunikationswege (E-Mail, soziales Netzwerk, Intranet)
Vorbericht
Erster Senat Dienstag, 28. Januar 2025, 10:00 Uhr
Digitales Zugangsrecht einer Gewerkschaft zum Betrieb – Nutzungsmöglichkeit der vorhandenen innerbetrieblichen digitalen Kommunikationswege (E-Mail, soziales Netzwerk, Intranet)
IGBCE (DGB Rechtsschutz GmbH, Kassel)
./.
a. AG (RAe. maat, Frankfurt am Main)
– 1 AZR 33/24 –
Die Parteien streiten über Zugangsrechte der Gewerkschaft IGBCE zu digitalen Kommunikationswegen der Beklagten.
Die Beklagte – die Sportartikel herstellt – unterhält in H. einen Betrieb, in dem ca. 5.400 Arbeitnehmer beschäftigt sind und zu dem nach einem Zuordnungstarifvertrag auch etwa zwanzig in der Bundesrepublik verteilte Stores und Outlets gehören. Im Betrieb gelten verschiedene (Gesamt-)Betriebsvereinbarungen, die ua. vorsehen, dass für je 10 Mitarbeiter mindestens 8 Arbeitsplätze zur Verfügung stehen müssen. Die Mitarbeiter dürfen zum Teil bis zu 20 %, zum Teil bis zu 40 % ihrer individuellen Wochenarbeitszeit mobil arbeiten. Ein großer Teil der betriebsinternen Kommunikation bei der Beklagten findet elektronisch statt. Zu diesem Zweck sind zahlreiche Mitarbeiter mit Endgeräten und – nur von der Beklagten generierbaren – E-Mail-Adressen (ua. zusammengesetzt aus Vornamen und Namen der Arbeitnehmer) ausgestattet. Die betreffenden Mitarbeiter haben zudem Zugriff auf das Intranet der Beklagten. Außerdem verwendet die Beklagte das Programm „Yammer“, mit dem die Arbeitnehmer untereinander in Kontakt treten können. Jeder Mitarbeiter hat hierfür Zugriff auf ua. Name, Vorname und berufliche E-Mail-Adresse der anderen Mitarbeiter. Die klagende Gewerkschaft verlangte im Mai 2020 von der Beklagten erfolglos Zugang zu deren digitalen Kommunikationswegen.
Mit der vorliegenden Klage erstrebt die Klägerin in der Hauptsache die Herausgabe aller aktuellen und künftigen dienstlichen E-Mail-Adressen der im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer, hilfsweise die Einrichtung einer eigenen E-Mail-Adresse, der alle Beschäftigten des Betriebs zugeordnet sind und höchstvorsorglich „Zugang und Berechtigung“ zur internen E-Mail-Adressliste für den Betrieb H. „alle Beschäftigte“. Zudem soll die Beklagte verurteilt werden, ihr – unter Verwendung eines bestimmten Stichworts – den Zugang und die Nutzung von „Yammer“ zu gewähren, hilfsweise durch Einrichtung eines umfangmäßig beschränkten „Gastzugangs“ oder zumindest durch „Einbindung“ als Externe in eine näher bezeichnete „Communitiy“. Außerdem soll die Beklagte auf ihrer lntranetseite eine Verlinkung auf die Internetseite der Klägerin vornehmen. Die Klägerin ist der Auffassung, entsprechende Rechte ergäben sich aus ihrer durch Art. 9 Abs. 3 GG gewährleisteten koalitionsspezifischen Betätigungsfreiheit. Die im Betrieb üblichen Kommunikationswege und die zunehmende Digitalisierung erforderten ein entsprechendes digitales Zugangsrecht der Gewerkschaft zum Zwecke der Mitgliederwerbung und Information. Dagegen meint die Beklagte, eine Rechtsgrundlage für die klägerischen Ansprüche bestünde nicht. Die Kommunikation erfolge in ihrem Betrieb vor Ort, der weiterhin auf eine Betriebsorganisation mit Präsenz der Mitarbeiter angelegt sei. Ferner bestünden datenschutzrechtliche Bedenken gegen die von der Klägerin geltend gemachten digitalen Zugangsrechte.
Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit ihrer Revision verfolgt die Klägerin ihr Klageziel in vollem Umfang weiter.
Landesarbeitsgericht Nürnberg, Urteil vom 26. September 2023 – 7 Sa 344/22 –