6 AZR 161/24
Verlängerung der Stufenlaufzeit nach einem tariflich festgelegten Stichtag für alle nach dem Stichtag neu Eingestellten - mittelbare Diskriminierung von befristet Beschäftigten? - Bildung von Vergleichsgruppen bei der Ermittlung einer mittelbaren Diskriminierung - Rechtfertigung einer Ungleichbehandlung von befristet und unbefristet Beschäftigten im Zuge der Rückführung ausgegliederter Beschäftigten zur Konzernmutter.
Der neue Termin findet am 21.05.2025 um 09:15 Uhr statt
Vorbericht
Sechster Senat Mittwoch, 21. Mai 2025, 09:15 Uhr
Verlängerung der Stufenlaufzeit nach einem tariflich festgelegten Stichtag für alle nach dem Stichtag neu Eingestellten – Rechtfertigung einer Ungleichbehandlung von befristet und unbefristet Beschäftigten
T. (DGB Rechtsschutz GmbH, Kassel)
./.
D. AG (RAe. Görg, Köln)
– 6 AZR 161/24 –
Die Parteien streiten darüber, ob die Stufenlaufzeit für Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnis wie das des Klägers aufgrund einer Befristung nach dem 30. Juni 2019 neu begründet wurde, wirksam tarifvertraglich verlängert worden ist.
Der Kläger ist seit dem 1. September 2017 als Verbundzusteller bei der Beklagten, der Deutsche Post AG, beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis war zunächst auf den 30. Juni 2019 befristet und ist dann bis längstens 7. Dezember 2019 mit Sachgrund erneut befristet verlängert worden. Aufgrund eines Arbeitsvertrags vom 25. Oktober 2019 ist der Kläger seit 1. November 2019 unbefristet beschäftigt. Der Im Zuge der Reintegration von 48 Regionalgesellschaften durch Verschmelzung auf die Beklagte schloss die Beklagte mit der Gewerkschaft ver.di den Tarifvertrag Nr. 200 bezüglich der Änderung des Entgelttarifvertrags (ETV-DP AG) für bei der Deutschen Post AG ab dem 1. Juli 2019 neu begründete Arbeitsverhältnisse. In diesem Tarifvertrag ist § 4 Abs. 1 ETV-DP AG dahin geändert worden, dass die Stufenlaufzeit für das Erreichen der Gruppenstufe 1 bzw. 2 für die Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnis nach dem 30. Juni 2019 „neu begründet“ worden ist, verlängert worden ist (§ 4 Abs. 1 Buchst. b ETV-DP AG nF). In einer Erklärung zur Ergebnisniederschrift vom 22. März 2019 haben die Tarifvertragsparteien klargestellt, dass die Begründung eines neuen Arbeitsverhältnisses ua. auch dann vorliegt, wenn sich – wie im Fall des Klägers – ein unbefristetes Arbeitsverhältnis an ein bisheriges befristetes Arbeitsverhältnis anschließt. Die Beklagte vergütet den Kläger unter Berücksichtigung seiner Betriebszugehörigkeit seit dem 1. September 2017 nach wie vor aus der Gruppenstufe 1.
Mit seiner Klage begehrt der Kläger die Vergütungsdifferenz zwischen den Gruppenstufen 1 und 2 seiner Entgeltgruppe für die Zeit von Juli bis Dezember 2022 und für März bis April 2023 sowie die Feststellung, dass sich seine Zuordnung zu den Gruppenstufen der Entgeltgruppe nach § 4 Abs. 1 Buchst. a ETV-DP AG richtet. Er ist der Auffassung, er müsse als „Alt-Arbeitnehmer“ § 4 Abs. 1 Buchst. a ETV-DP AG unterfallen und deshalb von den für diesen Personenkreis nach wie vor kürzeren Stufenlaufzeiten profitieren. Er erkennt in der Anwendung des § 4 Abs. 1 Buchst. b ETV-DP AG nF auf ihn eine unzulässige mittelbare Diskriminierung befristet Beschäftigter. Die Beklagte meint demgegenüber, der Kläger falle unter den Personenkreis des § 4 Abs. 1 Buchst. b ETV-DP AG und unterliege deshalb längeren Stufenlaufzeiten. Eine mittelbare Benachteiligung durch die streitbefangene Tarifregelung liege bei korrekter Bildung der Vergleichsgruppen nicht vor. Eine etwaige Ungleichbehandlung sei jedenfalls durch sachliche Gründe gerechtfertigt.
Die Vorinstanzen haben der Klage stattgegeben. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision begehrt die Beklagte die Abweisung der Klage.
Landesarbeitsgericht Hamm, Urteil vom 18. April 2024 – 18 Sa 1057/23 –