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23.02.2021

3/21 - Ruhegeld nach dem Hamburgischen Zusatzversorgungsgesetz


Nach der Härtefallklausel in § 28 Hamburgisches Zusatzversorgungsgesetz (HmbZVG) kann die zuständige Behörde Unbilligkeiten und Härten ausgleichen, die sich im Einzelfall aus der Anwendung des Gesetzes ergeben. Eine solche Härte kann entstehen, wenn infolge eines Systemwechsels in der zugesagten Gesamtversorgung die Anrechnung einer fiktiven gesetzlichen Rente bei einer von der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht befreiten Arbeitnehmerin zu unbilligen Ergebnissen führt.

Die Parteien streiten über die Höhe der betrieblichen Altersversorgung. Die 1953 geborene Klägerin war seit dem 1. November 1973 bei der Beklagten als Krankenschwester beschäftigt. Sie wurde mit dem Beginn des Arbeitsverhältnisses von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung befreit. Die Beklagte gewährte ihr zu einer privaten Lebensversicherung einen monatlichen Zuschuss. Seit dem 1. September 2018 bezieht die Klägerin eine Betriebsrente nach dem Hamburgischen Zusatzversorgungsgesetz, die sich aufgrund der Übergangsbestimmungen für rentenferne Rentengeldberechtigte (§§ 31, 30 HmbZVG) bis zum 31. Juli 2003 nach dem 1. Hamburger Ruhegeldgesetz (1. RGG) und für die Zeit danach nach dem Hamburgischen Zusatzversorgungsgesetz berechnet. Für die Berechnung des Grundruhegelds unterscheidet das Gesetz zwischen rentennahen Beschäftigten, welche vor dem 1. August 1948 geboren sind, und rentenfernen Beschäftigten, die danach geboren sind. Die Klägerin gehört zu den rentenfernen Beschäftigten. Für diese ist ergänzend auf § 18 Abs. 2 Betriebsrentengesetz (BetrAVG) verwiesen. Die Parteien streiten über die Anrechnung einer fiktiven Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung aufgrund Näherungsverfahrens nach § 31 Abs. 2 HmbZVG iVm. § 18 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. f BetrAVG. Die Klägerin hält sie für gänzlich unberechtigt.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Anrechnung einer fiktiven Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung nach § 31 Abs. 2 HmbZVG iVm. § 18 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. f BetrAVG für unzulässig erklärt. Die Revision der Beklagten war insoweit teilweise erfolglos. Die Beklagte ist nicht berechtigt, eine fiktive Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung aufgrund Näherungsverfahrens nach § 31 Abs. 2 HmbZVG iVm. § 18 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. f BetrAVG anzurechnen. Allerdings muss sich die Klägerin – insoweit war die Revision der Beklagten erfolgreich – nach § 26 Abs. 8 des 1. RGG die Zuschussbeträge der Beklagten zu ihrer privaten Lebensversicherung anrechnen lassen. Bis zu ihrer der Übergangsbestimmung zugrundeliegenden Ablösung sah diese Vorschrift – für die Klägerin günstiger – eine Anrechnungsmöglichkeit der doppelten Summe der monatlichen Zuschussbeträge zu einer privaten Lebensversicherung mit dem Faktor 1,25 vH vor. Es spricht viel dafür, dass das Vertrauen der Klägerin in diese Regelung schutzwürdig ist und keine ausreichenden Gründe für eine Verschlechterung vorliegen. Jedenfalls ist eine Anwendung der Härtefallklausel nach § 28 HmbZVG im Einzelfall geboten. Dabei war zu berücksichtigen, dass die Klägerin aufgrund ihres Status als koreanische Arbeitsmigrantin im Jahre 1973 von der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht befreit werden konnte. Dem lag die Überlegung zugrunde, dass sie wieder nach Korea zurückkehren würde, ohne Anwartschaften in der gesetzlichen Rentenversicherung zu erwerben. Diese der Anwerbepolitik zugrundeliegende Überlegung hat sich nicht verwirklicht.

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 23. Februar 2021 – 3 AZR 53/20 –
Vorinstanz: Landesarbeitsgericht Hamburg, Urteil vom 9. Januar 2020 – 8 Sa 31/18 –

 

Hamburgisches Zusatzversorgungsgesetz (HmbZVG) in Auszügen

§ 28 Härteausgleich

1Die zuständige Behörde kann etwaige Unbilligkeiten und Härten ausgleichen, die sich im Einzelfall aus der Anwendung des Gesetzes ergeben. ²Sie entscheidet in den Fällen des Satzes 1 nach pflichtgemäßem Ermessen unter besonderer Berücksichtigung der wirtschaftlichen Lage der oder des Versorgten. ….

§ 30 Übergangsvorschriften für rentennahe Beschäftigte unter dem Ersten Ruhegeldgesetz

(1) Beschäftigte im Sinne des § 1 Absatz 1 Satz 2, die vor dem 1. August 1948 geboren sind, erhalten im Versorgungsfall ein Ruhegeld, das sich abweichend von § 6 Absatz 1 Satz 1 aus einem Grundruhegeld für die bis zum Stichtag einschließlich geleistete Beschäftigungszeit und einem Zusatzruhegeld für die danach geleistete Beschäftigungszeit zusammensetzt.

(2) 1Die Höhe des Grundruhegeldes wird abweichend von § 6 Absätze 1 und 2, §§ 7 und 8 mit folgenden Maßgaben nach dem am Stichtag geltenden Recht ermittelt. ²An die Stelle des Tages des Beginns der Ruhegeldzahlung in § 10 Absatz 6 1. RGG tritt der Stichtag nach dem vorliegenden Gesetz. ³Lohnersatzleistungen oder Verwendungseinkommen nach § 26a beziehungsweise § 27 Absatz 6 1. RGG sind nicht mitzuzählen.

§ 31 Übergangsvorschriften für rentenferne Beschäftigte unter dem Ersten Ruhegeldgesetz

(1) Für Beschäftigte im Sinne des § 1 Absatz 1 Satz 2, die nach dem 31. Juli 1948 geboren sind, gilt § 30 Absätze 1 bis 3 entsprechend.

(2)1Abweichend von § 30 Absatz 2 wird die Höhe des Grundruhegeldes jedoch nach § 18 Absatz 2 des Betriebsrentengesetzes vom 19. Dezember 1974 (BGBl. I S. 3610) in der am Stichtag geltenden Fassung ermittelt. ²In § 8 Absatz 3 Nummer 2 Satz 1 1. RGG treten an die Stelle eines Sechzigstels und fünf Kalenderjahren ein Achtundvierzigstel und vier Kalenderjahre. ³§ 8 Absatz 9 Satz 1 1. RGG findet keine Anwendung.

Erstes Ruhegeldgesetz (1. RGG) in Auszügen
§ 26
Mitzählende Renten und ähnliche Leistungen

(8) Haben Arbeitnehmer von der Freien und Hansestadt Hamburg einen Zuschuß zu den Prämien einer Lebensversicherung erhalten, zählen bei der Bemessung der Versorgung jeweils von der doppelten Summe der Zuschußbeträge monatlich mit:
1. bei Ruhegeldempfängern 1,25 vom Hundert, …