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18.08.2020

27/20 - Unternehmensmitbestimmung in einer durch Umwandlung gegründeten SE


Der Erste Senat des Bundesarbeitsgerichts hat ein Vorabentscheidungsersuchen an den Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) gerichtet. Mit diesem sollen die Anforderungen an eine auf Vereinbarung beruhende Unternehmensmitbestimmung bei der Gründung einer Societas Europaea (SE) durch Umwandlung einer paritätisch mitbestimmten Aktiengesellschaft geklärt werden.

Die Arbeitgeberin hatte ursprünglich die Rechtsform einer Aktiengesellschaft deutschen Rechts. Für sie galt das Mitbestimmungsgesetz. Demzufolge war bei ihr ein 16köpfiger Aufsichtsrat gebildet, der jeweils zur Hälfte von Aufsichtsratsmitgliedern der Anteilseigner und der Arbeitnehmer besetzt war. Zwei Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer waren von Gewerkschaften vorgeschlagen und in einem von den Wahlen der übrigen Arbeitnehmervertreter getrennten Wahlgang gewählt worden. Im Jahr 2014 wurde die Arbeitgeberin in eine SE umgewandelt. Derzeit verfügt sie über einen 18köpfigen – ebenfalls paritätisch besetzten – Aufsichtsrat, bei dem ein Teil der auf die Arbeitnehmer entfallenden Sitze für von Gewerkschaften vorgeschlagene und von den Arbeitnehmern zu wählende Personen reserviert ist. Die dazu zwischen der Arbeitgeberin und dem besonderen Verhandlungsgremium abgeschlossene Beteiligungsvereinbarung nach dem SE-Beteiligungsgesetz (SEBG) sieht die Möglichkeit einer Verkleinerung des Aufsichtsrats auf zwölf Mitglieder vor. In diesem Fall können die Gewerkschaften zwar Wahlvorschläge für die Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer unterbreiten; ein getrennter Wahlgang findet insoweit aber nicht statt.

Die antragstellenden Gewerkschaften haben geltend gemacht, die Regelungen über die Bildung des verkleinerten Aufsichtsrats seien unwirksam; sie verstießen gegen § 21 Abs. 6 SEBG*. Nach der Umwandlung in eine SE müsse den Gewerkschaften weiterhin ein ausschließliches Vorschlagsrecht für eine bestimmte Anzahl von Sitzen der Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat zustehen. Die Vorinstanzen haben das Begehren abgewiesen.

Der Erste Senat des Bundesarbeitsgerichts hat den EuGH angerufen. Bei der Gründung einer SE durch Umwandlung einer paritätisch mitbestimmten Aktiengesellschaft gibt § 21 Abs. 6 SEBG vor, dass in der Beteiligungsvereinbarung zur Mitbestimmung ein gesondertes Auswahlverfahren für von Gewerkschaften vorgeschlagene Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer zu gewährleisten ist. Für den Senat ist entscheidungserheblich, ob dieses Verständnis des nationalen Rechts mit Art. 4 Abs. 4 der Richtlinie 2001/86/EG des Rates vom 8. Oktober 2001 zur Ergänzung des Statuts der Europäischen Gesellschaft hinsichtlich der Beteiligung der Arbeitnehmer vereinbar ist.** Für deren Auslegung ist der EuGH zuständig.

Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 18. August 2020 – 1 ABR 43/18 (A) –
Vorinstanz: Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg, Beschluss vom 9. Oktober 2018 – 19 TaBV 1/18 –

*§ 21 Abs. 6 SEBG lautet wie folgt:

 

“Unbeschadet des Verhältnisses dieses Gesetzes zu anderen Regelungen der Mitbestimmung der Arbeitnehmer im Unternehmen muss in der Vereinbarung im Fall einer durch Umwandlung gegründeten SE in Bezug auf alle Komponenten der Arbeitnehmerbeteiligung zumindest das gleiche Ausmaß gewährleistet werden, das in der Gesellschaft besteht, die in eine SE umgewandelt werden soll. …”

** Der genaue Wortlaut der Frage kann unter www.bundesarbeitsgericht.de unter dem Menüpunkt “Sitzungsergebnisse” eingesehen werden.

 

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