1 ABR 6/19

Entgeltlisten - Anspruch des Betriebsrats nach EntgTranspG

Details

  • Aktenzeichen

    1 ABR 6/19

  • ECLI

    ECLI:DE:BAG:2020:280720.B.1ABR6.19.0

  • Art

    Beschluss

  • Datum

    28.07.2020

  • Senat

    1. Senat

Tenor

Die Rechtsbeschwerde des Betriebsrats gegen den Beschluss des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 23. Oktober 2018 – 8 TaBV 42/18 – wird zurückgewiesen.

Leitsatz

Das entgeltlistenbezogene Einsichts- und Auswertungsrecht nach § 13 Abs. 2 Satz 1 EntgTranspG ist an die Zuständigkeit des Betriebsrats für die Beantwortung individueller Auskunftsverlangen nach § 10 Abs. 1 EntgTranspG gebunden. Es besteht nicht, wenn der Arbeitgeber die Erfüllung der Auskunftsverpflichtung berechtigterweise an sich gezogen hat.

Entscheidungsgründe

1

A. Die Beteiligten streiten über die Übergabe von Bruttoentgeltlisten.

2

Die Zentralverwaltung der Arbeitgeberin ist ein Betrieb mit mehr als 4.000 Beschäftigten. Dort ist ein 27-köpfiger Betriebsrat gewählt. Dieser hat einen Betriebsausschuss gebildet.

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Nach dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Förderung der Entgelttransparenz zwischen Frauen und Männern (Entgelttransparenzgesetz – EntgTranspG -) hat die Arbeitgeberin von der dort vorgesehenen Möglichkeit Gebrauch gemacht, die Verpflichtung zur Erfüllung individueller Auskunftsverlangen von Beschäftigten generell zu übernehmen. Sie unterrichtet den Betriebsrat regelmäßig über konkrete Auskunftsverlangen und deren Beantwortung. In diesem Zusammenhang gewährt sie Einblick in die Listen über die Bruttolöhne und -gehälter, welche nach Geschlecht aufgeschlüsselt die Entgeltbestandteile einschließlich übertariflicher Zulagen und individuell ausgehandelter Zahlungen enthalten. Die Listen können entweder auf einem zur Verfügung gestellten Rechner als PDF-Datei oder als Ausdruck eingesehen werden. Es besteht die Möglichkeit, sich Notizen zu machen und Berechnungen anzustellen.

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Der Betriebsrat hat in dem von ihm eingeleiteten Verfahren die Übergabe dieser Entgeltlisten an den Betriebsausschuss geltend gemacht. § 13 Abs. 1 Satz 1 EntgTranspG weise ihm die Aufgabe zu, die Durchsetzung der Entgeltgleichheit von Frauen und Männern im Betrieb zu fördern. Dazu sei der Betriebsausschuss nach § 13 Abs. 2 Satz 1 EntgTranspG berechtigt, die Bruttoentgeltlisten einzusehen und auszuwerten. Das Auswertungsrecht umfasse auch die Herausgabe der Listen in bearbeitungsfähigen Dateiformaten, hilfsweise in einer anderen auswertbaren (Papier-)Form.

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Der Betriebsrat hat – soweit für die Rechtsbeschwerde noch von Interesse – zuletzt sinngemäß beantragt,

        

die Arbeitgeberin zu verpflichten, dem Betriebsausschuss für die nach § 13 Abs. 2 Satz 1 EntgTranspG vorzunehmende Auswertung Listen über die Bruttoentgelte aller betriebsangehörigen Arbeitnehmer mit Ausnahme der leitenden Angestellten elektronisch im Format *.xls oder *.txt zu übergeben, die nach Geschlecht aufgeschlüsselt alle Entgeltbestandteile aller Arbeitnehmer des Betriebs enthalten, einschließlich übertariflicher Zulagen und solcher Zahlungen, die individuell ausgehandelt und gezahlt werden;

        

hilfsweise die Arbeitgeberin zu verpflichten, dem Betriebsausschuss die im Hauptantrag genannte Liste zu diesem Zweck in gedruckter Papierform zu übergeben, die geeignet ist, den Inhalt der Liste mittels elektronischer Zeichenerkennung (OCR) in elektronisches Format umzuwandeln.

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Die Arbeitgeberin hat beantragt, die Anträge abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, die Einsichts- und Auswertungsberechtigung nach § 13 Abs. 2 Satz 1 EntgTranspG erweitere nicht den allgemeinen betriebsverfassungsrechtlichen Anspruch aus § 80 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 2 BetrVG um ein Recht auf Überlassung der Listen über die Bruttolöhne und -gehälter.

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Das Arbeitsgericht hat die Anträge abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Beschwerde des Betriebsrats zurückgewiesen. Mit seiner Rechtsbeschwerde verfolgt der Betriebsrat sein Begehren weiter.

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B. Die zulässige Rechtsbeschwerde ist unbegründet. Zu Recht haben die Vorinstanzen dem in der Rechtsbeschwerde noch anfallenden Begehren des Betriebsrats nicht entsprochen. Der zulässige Hauptantrag ist unbegründet. Der Hilfsantrag fällt nicht zur Entscheidung an.

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I. Der hauptsächlich gestellte Antrag ist – entgegen der Ansicht der Arbeitgeberin – zulässig.

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1. Er bedarf allerdings der Auslegung.

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a) Der Betriebsrat bezieht die begehrte Übergabeverpflichtung nach ihrer sprachlichen Fassung auf Listen über Bruttoentgelte mit einem näher beschriebenen Inhalt. Damit sind die Listen bezeichnet, die von der Arbeitgeberin nach Maßgabe des § 13 Abs. 3 Satz 1 EntgTranspG aufbereitet werden und in die sie Einsicht gewährt. Es fehlt an jeglichem Anhaltspunkt, dass der Betriebsrat die Übergabe inhaltlich anderer – von der Arbeitgeberin noch herzustellender – Listen erstrebt.

12

b) Die Übergabe der bei der Arbeitgeberin bereits vorgehaltenen Listen soll in spezifischen Dokument-Dateitypen („elektronisch im Format *.xls oder *.txt“) erfolgen. Diese entsprechen nicht dem Dateiformat bei der gewährten Einsichtnahme (PDF-Datei oder Ausdruck). Damit sind sie Bestandteil der beanspruchten Verpflichtung.

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c) Die – ausdrücklich erst in der Beschwerdeinstanz formulierte – Herausnahme der leitenden Angestellten bei der Listenbeschreibung hat lediglich klarstellenden Charakter. Es ist nichts dafür ersichtlich, dass der Betriebsrat ein Rechtsschutzziel verfolgt, das über seinen Zuständigkeitsbereich hinausginge.

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d) Soweit im Antrag der Übergabezweck angeführt ist, handelt es sich um ein bloßes Element der Antragsbegründung. Die Beteiligten gehen übereinstimmend davon aus, dass die streitbefangenen Entgeltlisten mit keiner anderen Intention als der ihrer Auswertung unter den Gesichtspunkten des EntgTranspG übergeben werden sollen. Streitig ist nach ihrem Vorbringen vielmehr, ob das Auswertungsrecht des § 13 Abs. 2 Satz 1 EntgTranspG eine Pflicht der Arbeitgeberin zur Listenübergabe an den Betriebsausschuss begründet. Zwar „übermittelt“ die Arbeitgeberin die Entgeltlisten bereits in dem Sinn, als sie im PDF-Format eingesehen werden können und Gelegenheit besteht, Notizen zu fertigen und Berechnungen anzustellen. Es geht dem Betriebsrat aber um die Weitergabe der die Bruttoentgeltlisten darstellenden Daten in den bezeichneten Dateiformaten an den Betriebsausschuss zu dessen Verfügung.

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2. In diesem Verständnis ist der Antrag hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Anders als die Arbeitgeberin eingewandt hat, ist das Übergabeverlangen nicht deshalb unzulänglich beschrieben, weil hinsichtlich der Entgeltlisten der Zeitpunkt des dort abzubildenden Personalbestands unklar wäre. Es geht dem Betriebsrat um keine anderen Listen als die, in welche die Arbeitgeberin – auch nach ihrem eigenen Vortrag – Einsicht gewährt.

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II. Der Hauptantrag ist unbegründet.

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1. Die Arbeitgeberin ist nicht nach § 13 Abs. 2 Satz 1 EntgTranspG zur Übergabe der Bruttoentgeltlisten verpflichtet. Dabei kann offenbleiben, ob das nach dieser Vorschrift bestehende Recht, die Listen über die Bruttolöhne und -gehälter iSd. § 80 Abs. 2 Satz 2 BetrVG einzusehen und auszuwerten, einen Anspruch auf deren Übergabe gewährt. Jedenfalls korrespondiert es mit der Aufgabe des Betriebsrats nach § 14 Abs. 1 Satz 1 bis Satz 3 EntgTranspG (bei tarifgebundenen und tarifanwendenden Arbeitgebern) bzw. nach § 15 Abs. 2 iVm. § 14 Abs. 1 Satz 1 bis Satz 3 EntgTranspG (bei nicht tarifgebundenen und nicht tarifanwendenden Arbeitgebern) im Zusammenhang mit der Erfüllung einer Auskunftsverpflichtung nach § 10 Abs. 1 EntgTranspG. Es besteht daher nicht, wenn es der Arbeitgeber – wie im vorliegenden Fall – nach § 14 Abs. 2 Satz 1 bzw. § 15 Abs. 2 EntgTranspG übernommen hat, die Auskunft selbst zu erteilen.

18

a) Entsprechend dem im Abschnitt 2 des EntgTranspG geregelten individuellen Verfahren zur Überprüfung von Entgeltgleichheit haben Beschäftigte nach §§ 10 ff. EntgTranspG in Betrieben mit in der Regel mehr als 200 Beschäftigten bei demselben Arbeitgeber einen inhaltlich mit näheren Maßgaben versehenen individuellen Auskunftsanspruch. In dieses Verfahren ist der Betriebsrat eingebunden. An ihn wenden sich Beschäftigte tarifgebundener und tarifanwendender Arbeitgeber für ihr Auskunftsverlangen (§ 14 Abs. 1 Satz 1 EntgTranspG). Entsprechendes gilt für Beschäftigte nicht tarifgebundener und nicht tarifanwendender Arbeitgeber (§ 15 Abs. 2 EntgTranspG). Damit ist der Betriebsrat für die Erteilung der Auskunft grundsätzlich zuständig, wobei er die Verpflichtung nach § 14 Abs. 1 Satz 4 EntgTranspG auf den Arbeitgeber übertragen kann. Der Arbeitgeber seinerseits ist berechtigt, nach Maßgabe von § 14 Abs. 2, § 15 Abs. 2 EntgTranspG die Erfüllung der Auskunftspflicht generell oder im Einzelfall an sich zu ziehen.

19

b) § 13 Abs. 2 und Abs. 3 EntgTranspG flankiert die von § 14 Abs. 1 und § 15 Abs. 2 EntgTranspG vorgesehene Stellung des Betriebsrats als Adressat eines individuellen Auskunftsverlangens nach § 10 Abs. 1 EntgTranspG (BAG 7. Mai 2019 – 1 ABR 53/17 – Rn. 28, BAGE 166, 309). Hat der Arbeitgeber entsprechend der ihm gesetzlich eröffneten Möglichkeit die Erfüllung der Auskunftsverpflichtung an sich gezogen, besteht das Einsichts- und Auswertungsrecht des § 13 Abs. 2 Satz 1 EntgTranspG nicht. Dieses ist an die Zuständigkeit des Betriebsrats für die Auskunftserteilung gebunden. Das geben Systematik und der Zweck der Norm vor.

20

aa) Allerdings lässt der Normwortlaut mehrere inhaltliche Deutungen zu.

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(1) Er ist unmissverständlich dahingehend, dass das Recht nach § 13 Abs. 2 Satz 1 EntgTranspG, die Listen über die Bruttolöhne und -gehälter iSd. § 80 Abs. 2 Satz 2 BetrVG einzusehen und auszuwerten, aufgabengebunden ist. Das legt bereits die Überschrift von § 13 EntgTranspG nahe, die dessen Regelungsgegenstände mit „Aufgaben und Rechte des Betriebsrates“ zusammenfasst. Den entsprechenden Aufgabenbezug verdeutlicht vor allem die Präposition „für“ im Zusammenhang mit dem textlichen Ausdruck „die Erfüllung seiner Aufgaben“. Das Possessivpronomen „seiner“ bezieht sich zwar grammatikalisch gesehen auf den dort angeführten Betriebsausschuss bzw. den nach § 28 Abs. 1 Satz 3 BetrVG beauftragten Ausschuss; diese werden jedoch insoweit anstelle des Betriebsrats tätig.

22

(2) Die Aufgaben selbst sind mit der inhaltsbezogenen Verweisung „nach Absatz 1“ beschrieben. Allerdings ist der gesamte „Absatz 1“ von § 13 EntgTranspG rechtstechnisch von vornherein ein nur bedingt verweisungstauglicher Text, denn sein Satz 3 beschreibt keine Aufgaben, sondern bestimmt, dass betriebsverfassungsrechtliche, tarifrechtliche oder betrieblich geregelte Verfahren unberührt bleiben.

23

(3) Soweit auf Satz 1 und Satz 2 von § 13 Abs. 1 EntgTranspG Bezug genommen wird, gibt deren Normtext ein bestimmtes inhaltliches Verständnis nicht zwingend vor. Die Formulierung, wonach der Betriebsrat „[i]m Rahmen seiner Aufgabe nach § 80 Absatz 1 Nummer 2a des Betriebsverfassungsgesetzes … die Durchsetzung der Entgeltgleichheit von Frauen und Männern im Betrieb“ fördert, wobei er „insbesondere die Aufgaben nach § 14 Absatz 1 und § 15 Absatz 2“ EntgTranspG wahrnimmt, deutet zwar darauf hin, dass das Einsichts- und Auswertungsrecht des § 13 Abs. 2 Satz 1 EntgTranspG unabhängig davon besteht, ob der Betriebsrat die Auskunft zu erteilen hat oder ob – so in Betrieben unterhalb des Schwellenwerts von in der Regel mehr als 200 Beschäftigten – ein individueller Auskunftsanspruch iSv. §§ 10 ff. EntgTranspG überhaupt geltend gemacht werden kann (so MHdB ArbR/Arnold 4. Aufl. § 314 Rn. 34; Bauer/Krieger/Günther AGG/EntgTranspG 5. Aufl. § 13 EntgTranspG Rn. 18; BeckOK ArbR/Roloff Stand 1. Juni 2020 EntgTranspG § 13 Rn. 5; DKW/Buschmann 17. Aufl. § 80 Rn. 130a; ErfK/Schlachter 20. Aufl. EntgTranspG § 13 Rn. 3; Weber GK-BetrVG 11. Aufl. § 80 Rn. 130; Günther/Heup/Mayr NZA 2018, 545, 547; HWK/Thies 9. Aufl. § 13 EntgTranspG Rn. 3; Kania NZA 2017, 819, 820; Kocher AuR 2018, 8, 15; Kuhn/Schwindling DB 2018, 509, 515; Oerder/Wenckebach EntgTranspG § 13 Rn. 4). Allerdings verschließt sich diese Aufgabenbeschreibung sprachlich auch keinem Verständnis dahingehend, dass mit Satz 1 von § 13 Abs. 1 EntgTranspG der bereits in § 80 Abs. 1 Nr. 2a BetrVG enthaltene Aspekt der Förderung einer Durchsetzung von Entgeltgleichheit – aus Gründen der Klarstellung – angeführt ist. Denn § 80 Abs. 1 Nr. 2a BetrVG zählt seinerseits bei der dort festgelegten Förderaufgabe des Betriebsrats zur Durchsetzung der tatsächlichen Gleichstellung der Geschlechter die hierfür einschlägigen Bereiche (Einstellung, Beschäftigung, Aus-, Fort- und Weiterbildung und beruflicher Aufstieg) nicht abschließend auf. Mit dem Adverb „insbesondere“ in Satz 2 von § 13 Abs. 1 EntgTranspG können daher auch lediglich die in § 14 Abs. 1 und § 15 Abs. 2 EntgTranspG geregelten spezifischen Zuständigkeitsaufgaben des Betriebsrats besonders betont sein, deren Wahrnehmung das Einsichts- und Auswertungsrecht des § 13 Abs. 2 Satz 1 EntgTranspG dient.

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bb) Für letzteres Verständnis spricht die Normsystematik. Nach § 13 Abs. 2 Satz 2 EntgTranspG kann der einsichts- und auswertungsberechtigte Ausschuss „mehrere Auskunftsverlangen bündeln und gemeinsam behandeln“. Die gliederungsmäßige Stellung dieser Berechtigung lässt darauf schließen, das im Satz 1 der Vorschrift geregelte Einsichts- und Auswertungsrecht in Abhängigkeit von der Zuständigkeit des Betriebsrats zur Beantwortung von Auskunftsverlangen zu verstehen. Zudem kann zumindest § 13 Abs. 5 EntgTranspG ein sinnvoller Regelungsgehalt nur dann beigemessen werden, wenn entweder der Arbeitgeber von der ihm möglichen Übernahme der Beantwortung von Auskunftsverlangen keinen Gebrauch gemacht oder der Betriebsrat Entsprechendes nicht verlangt hat. Auch § 13 Abs. 4 EntgTranspG knüpft an Auskunftsverlangen – hier der leitenden Angestellten – an.

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cc) Gesetzessystematische Überlegungen stützen dieses Verständnis.

26

(1) Die Regelungen des mit „Aufgaben und Rechte des Betriebsrates“ überschriebenen § 13 EntgTranspG finden sich im Gesetzesabschnitt „Individuelle Verfahren zur Überprüfung von Entgeltgleichheit“. In diesem Abschnitt sind der Auskunftsanspruch und hierzu die Anspruchsberechtigung, Formalien, Bezugspunkt, Gegenstand und Reichweite ebenso festgelegt wie ein Verfahren zur Geltendmachung und Behandlung von Auskunftsverlangen mit regelhafter – vom Arbeitgeber sowie Betriebsrat aber auch „verzichtbarer“ – Einbindung des Betriebsrats. Sämtliche Vorschriften des § 13 EntgTranspG dürften damit eher die spezifischen Rechte und Aufgaben des Betriebsrats bei seiner regelhaften Verfahrenseinbindung betreffen. Dies zeigt auch § 10 Abs. 3 EntgTranspG, wonach ein Auskunftsverlangen mit einer Antwort „nach Maßgabe der §§ 11 bis 16“ – was die Regelungen in § 13 EntgTranspG einschließt – erfüllt ist. Ebenso nimmt § 14 Abs. 1 Satz 2 EntgTranspG – im unmittelbaren Anschluss an die in Satz 1 festgelegte Zuständigkeit des Betriebsrats für Auskunftsverlangen im Verfahren bei tarifgebundenen und tarifanwendenden Arbeitgebern – Bezug auf § 13 EntgTranspG. Die dort angesprochenen „Vorgaben … nach § 13“ greifen also im Zusammenhang mit einem Auskunftsverlangen von Beschäftigten.

27

(2) Ein systematischer Normtextvergleich von § 13 Abs. 2 Satz 1 EntgTranspG mit § 15 Abs. 4 Satz 5 EntgTranspG gebietet keine bestimmte Lesart. Die besondere Informationsverpflichtung des nicht tarifgebundenen und nicht tarifanwendenden Arbeitgebers nach § 15 Abs. 4 Satz 5 EntgTranspG knüpft zwar ausdrücklich an die Zuständigkeit des Betriebsrats für die Beantwortung des Auskunftsverlangens an („[s]oweit“). Ein Gegenschluss zu § 13 Abs. 2 Satz 1 EntgTranspG ist aber nicht zwingend, weil Satz 5 von § 15 Abs. 4 EntgTranspG nicht die Entgeltlisteneinsicht und -auswertung betrifft, sondern die Bereitstellung erforderlicher Informationen regelt.

28

(3) Der Umstand, dass die Übergangsbestimmung des § 25 Abs. 1 EntgTranspG allein den Auskunftsanspruch nach § 10 EntgTranspG – und nicht auch § 13 EntgTranspG – in Bezug nimmt, ist nicht aussagekräftig. Versteht man die Einsichts- und Auswertungsberechtigung als ein mit der Zuständigkeit des Betriebsrats für die Beantwortung von Auskunftsverlangen korrespondierendes Recht, wäre eine gesonderte Übergangsbestimmung überflüssig. Aus ihrem Fehlen vermag daher nichts abgeleitet zu werden.

29

(4) Die auf Abs. 2 Satz 1 und Abs. 3 Satz 3 von § 13 EntgTranspG bezogene textvergleichende Regelungssystematik führt zu keinem eindeutigen Ergebnis. Die Norm des § 13 Abs. 3 Satz 3 EntgTranspG legt die inhaltlichen Anforderungen für die Verpflichtung des Arbeitgebers zur Aufbereitung der Entgeltlisten fest. Die Formulierung in § 13 Abs. 3 EntgTranspG, die nicht ausdrücklich aufgabenbezogen ist, zwingt jedoch nicht zu dem Gegenschluss, bei den von § 13 Abs. 2 Satz 1 EntgTranspG angesprochenen Aufgaben müsse es sich um weitergehende als die der Auskunftserteilung handeln.

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dd) Sinn und Zweck des Einsichts- und Auswertungsrechts streiten deutlich dafür, dass es eine Zuständigkeit des Betriebsrats für die Beantwortung individueller Auskunftsverlangen voraussetzt.

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(1) Damit der Betriebsrat individuelle Auskunftsansprüche der Beschäftigten nach § 10 EntgTranspG ordnungsgemäß erfüllen kann, bedarf es einer Berechtigung, die Entgeltlisten nicht nur einzusehen, sondern auch auszuwerten. Das ist durch den gesetzlichen Mindestinhalt und -umfang der Auskunft vorgegeben (§ 11 EntgTranspG). Die inhaltlichen Anforderungen an die Auskunftserteilung begründen einen spezifischen Informationsbedarf des nach der Regelkonzeption des EntgTranspG für die Beantwortung von Auskunftsverlangen zuständigen Betriebsrats. Im Hinblick darauf ist mit § 13 Abs. 2 Satz 1 EntgTranspG eine über das Einblicksrecht des § 80 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 2 BetrVG hinausgehende entgeltlistenbezogene Auswertungsberechtigung festgelegt (vgl. zB ErfK/Schlachter 20. Aufl. EntgTranspG § 13 Rn. 3). Eine solche Notwendigkeit der Entgeltlistenauswertung ist der – genereller verfassten – Aufgabe des Betriebsrats zur Förderung der Durchsetzung der Entgeltgleichheit nicht in vergleichbarer Weise immanent. Hierzu bedarf es vielmehr der Darlegung des Betriebsrats, für welche konkreten Förderungsmaßnahmen bestimmte Auskünfte benötigt werden (vgl. dazu zB BAG 24. April 2018 – 1 ABR 6/16 – Rn. 34). Das gilt auch, wenn die – nach ihrem eindeutigen Wortlaut – auf eine „Förderung“ der Durchsetzung der Entgeltgleichheit von Frauen und Männern gerichtete Aufgabe des Betriebsrats eine solche zur Überwachung der Einhaltung des Entgeltgleichheitsgebots enthielte. Ungeachtet dessen, dass eine entsprechende Überwachungsaufgabe nicht aus § 80 Abs. 1 Nr. 2a BetrVG oder § 13 Abs. 1 Satz 1 EntgTranspG folgte, sondern aus § 80 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG (vgl. zB BAG 26. September 2017 – 1 ABR 27/16 – Rn. 17), stünde auch sie unter dem Vorbehalt der Erforderlichkeit einer Auswertung der Bruttoentgeltlisten. Hierfür reichten weder allgemein gehaltene Hinweise auf gesetzliche Aufgaben unter Wiederholung des Gesetzeswortlauts aus noch wäre die Erforderlichkeit allein mit dem Bestehen einer Überwachungsaufgabe impliziert (vgl. zB BAG 9. April 2019 – 1 ABR 51/17 – Rn. 16 ff., BAGE 166, 269).

32

(2) Die in den Gesetzesmaterialien verlautbarte Intention des Gesetzgebers zeigt deutlich die Bindung des Einsichts- und Auswertungsrechts an die regelhaft dem Betriebsrat zugewiesene Aufgabe der Erfüllung von Auskunftsverpflichtungen. Nach der Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung bestimmt der in „sechs Absätze gegliedert[e]“ Paragraph des § 13 EntgTranspG „die Aufgaben und Rechte des Betriebsrats und speziell des Betriebsausschusses im Rahmen des Auskunftsanspruchs der Beschäftigten nach § 10“ EntgTranspG (BT-Drs. 18/11133 S. 62). Zu Abs. 2 von § 13 EntgTranspG heißt es ua.:

        

„Satz 1 regelt, auf welcher Datengrundlage der Betriebsausschuss die Antwort auf das Auskunftsersuchen der Beschäftigten zu erstellen hat und wie er an die erforderlichen Informationen gelangt. Dazu bestimmt Satz 1, dass der Betriebsausschuss … für die Erfüllung seiner Aufgaben nach Absatz 1 das Recht hat, die in § 80 Abs. 2 Satz 2 des Betriebsverfassungsgesetzes genannten Listen über die Bruttolöhne und -gehälter einzusehen und auszuwerten.“

33

Damit ist der Gesetzgeber davon ausgegangen, dass das entgeltlistenbezogene Einsichts- und Auswertungsrecht der Beantwortung individueller Auskunftsverlangen dienen soll. Nach seinen Vorstellungen ist der Regelungszweck des § 13 Abs. 2 Satz 1 EntgTranspG mit der Zuständigkeit des Betriebsrats zur Beantwortung individueller Auskunftsverlangen verknüpft.

34

ee) Ein solches Normverständnis verbietet sich nicht deshalb, weil § 13 Abs. 2 Satz 1 EntgTranspG dann kein anderer Regelungsgehalt zukäme als § 13 Abs. 3 EntgTranspG. Absatz 2 von § 13 EntgTranspG legt als Bezugsobjekt der Einsichts- und Auswertungsberechtigung die in § 80 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 2 BetrVG genannten Listen über die Bruttolöhne und -gehälter fest. Das bezieht sich – ggf. in einem für das Auskunftsverlangen relevanten Umfang – auf die vom Arbeitgeber tatsächlich geführten Listen. Demgegenüber verpflichtet Abs. 3 von § 13 EntgTranspG den Arbeitgeber nicht nur dazu, dem Betriebsausschuss Einblick „in die Listen über die Bruttolöhne und -gehälter der Beschäftigten“ zu gewähren, sondern die Listen auch nach näheren Maßgaben aufzubereiten. Das Einblicksrecht nach § 13 Abs. 3 EntgTranspG umfasst also spezifische Listen mit bestimmten Aufschlüsselungen und Angaben, was – anders als beim Einsichts- und Auswertungsrecht nach Abs. 2 Satz 1 EntgTranspG – den Arbeitgeber verpflichtet, entsprechende Listen ggf. erst herzustellen (ganz hM vgl. zB Bauer/Krieger/Günther AGG/EntgTranspG 5. Aufl. § 13 EntgTranspG Rn. 14; DKW/Buschmann § 80 Rn. 130a; Fitting BetrVG 30. Aufl. § 80 Rn. 111). Beide Vorschriften – das Recht nach § 13 Abs. 2 Satz 1 EntgTranspG und die Verpflichtung nach § 13 Abs. 3 EntgTranspG – sind mit der nach dem EntgTranspG konzeptionell-regelhaften Einbindung des Betriebsrats in das individuelle Verfahren zur Überprüfung von Entgeltgleichheit verknüpft.

35

c) Danach kommt dem Betriebsrat auf der Grundlage der den Senat bindenden tatsächlichen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts das beanspruchte Einsichts- und Auswertungsrecht des § 13 Abs. 2 Satz 1 EntgTranspG schon dem Grunde nach nicht zu. Es bedarf daher keiner Entscheidung, ob das in dieser Vorschrift genannte Auswertungsrecht auch ein Recht auf Überlassung der Entgeltlisten zur Verfügung des Betriebsausschusses umfasst. Die Arbeitgeberin hat die Erfüllung der Auskunftsverpflichtung generell übernommen. Ihre Berechtigung hierzu folgt, sollte sie tarifgebunden oder tarifanwendend sein, aus § 14 Abs. 2 Satz 1 EntgTranspG oder, sollte sie nicht tarifgebunden und nicht tarifanwendend sein, aus § 15 Abs. 2 iVm. § 14 Abs. 2 Satz 1 EntgTranspG. Mangels gegenteiliger Anhaltspunkte ist davon auszugehen, dass die Übernahme § 14 Abs. 2 Satz 1 bis Satz 3 EntgTranspG entspricht, ohne dass es darauf ankäme, welche Folge eine Verletzung der entsprechenden Vorschriften zur Übernahme zeitigte. Auch der Betriebsrat hat diesbezüglich keine Beanstandungen erhoben und die streitbefangene Listenübergabe nicht auf seine Zuständigkeit für die Erfüllung der Auskunftsverpflichtung gestützt.

36

2. Im Übrigen folgt die mit dem Hauptantrag geltend gemachte Verpflichtung weder aus § 13 Abs. 3 EntgTranspG noch aus § 80 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 2 BetrVG oder aus § 80 Abs. 2 Satz 1 iVm. Satz 2 Halbs. 1 BetrVG.

37

a) § 13 Abs. 3 EntgTranspG und § 80 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 2 BetrVG tragen die streitbefangene Übergabeverpflichtung schon deshalb nicht, weil sie als Einblicksrechte in die Listen über die Bruttolöhne und -gehälter konzipiert sind. Das stellt auch der Betriebsrat nicht in Abrede. Entsprechend hat er sein Begehren im Wesentlichen mit der entgeltlistenbezogenen Auswertungsberechtigung begründet.

38

b) Auch die aus § 80 Abs. 2 Satz 1 iVm. Abs. 2 Satz 2 Halbs. 1 BetrVG folgende Verpflichtung des Arbeitgebers, den Betriebsrat zur Durchführung seiner Aufgaben rechtzeitig und umfassend zu unterrichten sowie ihm auf Verlangen jederzeit die zur Durchführung seiner Aufgaben erforderlichen Unterlagen zur Verfügung zu stellen, vermag die erstrebte Listenübergabe nicht zu begründen. Dabei kann zugunsten des Betriebsrats eine entgeltgleichheitsbezogene Aufgabe – welche allerdings nicht allein unter Wiederholung des Gesetzeswortlauts von § 80 Abs. 1 Nr. 1 oder Nr. 2a BetrVG aufzuzeigen wäre – unterstellt werden. Denn der Auskunftsanspruch des Betriebsrats nach § 80 Abs. 2 Satz 1 BetrVG wird zwar im Bereich der Löhne und Gehälter nicht durch die Regelung des Satzes 2 Halbs. 2 der Vorschrift verdrängt. Er begründete jedoch keinen entgeltlistenbezogenen Anspruch, der über eine Einblicknahme hinausginge (ausf. zur insoweit gebotenen teleologischen Reduktion von § 80 Abs. 2 Satz 1 BetrVG BAG 30. September 2008 – 1 ABR 54/07 – Rn. 31, BAGE 128, 92).

39

III. Der Hilfsantrag fällt nicht zur Entscheidung an. Er steht unter der Bedingung, dass der vom Betriebsrat hauptsächlich erstrebte Anspruch allein daran scheitert, dass eine Übergabe der Listen nicht in den bezeichneten Dateiformaten verlangt werden kann. Wie im Hilfsantrag ausdrücklich formuliert, bezieht er sich auf die Übergabe der „im Hauptantrag genannten Liste“, nur in einer anderen Form (Papierform mit der Eignung zur Umwandlung in elektronisches Format). Die so verstandene Bedingung der Abweisung des Hauptantrags tritt nicht ein.

        

    Schmidt    

        

    Ahrendt    

        

    K. Schmidt    

        

        

        

    Schwitzer    

        

    Rose