Tenor
Auf die Rechtsbeschwerde des Betriebsrats wird der Beschluss des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 1. Dezember 2021 – 4 TaBV 19/21 – aufgehoben, soweit er der Beschwerde der Arbeitgeberin gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 3. Mai 2021 – 14 BV 166/20 – stattgegeben hat.
Die Beschwerde der Arbeitgeberin gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts wird auch insoweit zurückgewiesen.
Leitsatz
§ 101 BetrVG begründet keinen Anspruch des Betriebsrats gegen den Arbeitgeber, bei erst künftig erfolgenden Einstellungen oder Versetzungen von Arbeitnehmern eine Ein- oder Umgruppierung vorzunehmen sowie ein hierauf bezogenes Zustimmungs- und ggf. Zustimmungsersetzungsverfahren durchzuführen.
Entscheidungsgründe
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A. Die Beteiligten streiten über eine Verpflichtung der Arbeitgeberin zur Eingruppierung von Arbeitnehmern.
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Die Arbeitgeberin erbringt Leistungen für Hersteller in der Prozess-, Hybrid- und Einzelfertigungsindustrie. Sie unterhält einen Betrieb in L, in dem etwa 270 Arbeitnehmer beschäftigt sind. Dort ist der antragstellende Betriebsrat gebildet.
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Die Arbeitgeberin war bis zum 31. Dezember 2020 Mitglied im Arbeitgeberverband Metall- und Elektroindustrie Düsseldorf und Umgebung e. V. Der Verband gehört dem METALL NRW Verband der Metall- und Elektro-Industrie Nordrhein-Westfalen e. V. an, der mit der Industriegewerkschaft Metall (IG Metall) das Entgeltrahmenabkommen vom 18. Dezember 2003 (ERA NRW) geschlossen hat.
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Das ERA NRW regelt in seinen §§ 2 und 3 iVm. den Anlagen 1a und 1b Vorgaben für die – nach einem Punktbewertungsverfahren erfolgende – Eingruppierung der von seinem Geltungsbereich erfassten Arbeitnehmer in eine der insgesamt 14 Entgeltgruppen. Nach § 3 Nr. 5 Abs. 1 ERA NRW werden die den Entgeltgruppen zugeordneten Geldbeträge im jeweils gültigen Entgeltabkommen festgelegt. Das Abkommen über die ERA-Entgelte in der Metall- und Elektroindustrie Nordrhein-Westfalens vom 14. Februar 2018 (Entgeltabkommen) wurde von der tarifvertragschließenden IG Metall zum 31. Dezember 2020 gekündigt.
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Die Arbeitgeberin nahm in der Zeit von Sommer 2018 bis Herbst 2020 in 28 Fällen Einstellungen und Versetzungen von Arbeitnehmern vor, bei denen sie einen Großteil der betreffenden Arbeitnehmer in ein – nach „Job Grades“ unterteiltes – Vergütungssystem einstufte und den Betriebsrat hierzu um Zustimmung bat. Dieser stimmte den Einstellungen und Versetzungen zu, widersprach aber jeweils der beabsichtigten Eingruppierung. Zustimmungsersetzungsverfahren leitete die Arbeitgeberin nicht ein.
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Der Betriebsrat hat geltend gemacht, die Arbeitgeberin müsse die unter den Geltungsbereich des ERA NRW fallenden Arbeitnehmer, die sie einstelle oder versetze, in die tariflichen Entgeltgruppen eingruppieren und ihn hierbei beteiligen. Das ERA NRW sei die im Betrieb geltende Vergütungsordnung. Der Austritt der Arbeitgeberin aus dem Arbeitgeberverband ändere hieran nichts. Die Arbeitgeberin sei nach § 3 Abs. 3 TVG weiterhin an das ERA NRW gebunden.
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Der Betriebsrat hat zuletzt beantragt,
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der Arbeitgeberin aufzugeben, bei Einstellungen und Versetzungen von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern des Betriebs diese nach dem Entgeltrahmenabkommen (ERA NRW) einzugruppieren, sofern es sich nicht um AT-Angestellte iSd. ERA NRW oder Leiharbeitnehmer handelt. |
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Die Arbeitgeberin hat Antragsabweisung beantragt. Sie hat die Auffassung vertreten, das ERA NRW sei schon vor ihrem Austritt aus dem Arbeitgeberverband nicht die einzige im Betrieb geltende Vergütungsordnung gewesen. Jedenfalls bilde es seit ihrem Austritt nicht mehr das im Betrieb anzuwendende Entgeltsystem.
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Das Arbeitsgericht hat dem Antrag stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat ihn auf die Beschwerde der Arbeitgeberin abgewiesen und lediglich einem vom Betriebsrat hilfsweise zur Entscheidung gestellten Feststellungsantrag stattgegeben. Mit seiner Rechtsbeschwerde verfolgt der Betriebsrat sein vorrangiges Leistungsbegehren weiter.
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B. Die Rechtsbeschwerde des Betriebsrats hat Erfolg. Das Landesarbeitsgericht hat die dem Leistungsantrag stattgebende Entscheidung des Arbeitsgerichts zu Unrecht abgeändert. Entgegen seiner Annahme ist der Antrag zulässig und begründet.
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I. Der Leistungsantrag ist zulässig.
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1. Er bedarf allerdings der Auslegung. Wie das Vorbringen des Betriebsrats erkennen lässt, ist sein Antrag nicht lediglich darauf gerichtet, dass die Arbeitgeberin bei Einstellungen und Versetzungen von unter den persönlichen Geltungsbereich des ERA NRW fallenden Arbeitnehmern des Betriebs L eine Entscheidung über die Zuordnung ihrer Arbeitsaufgabe zu den 14 Entgeltgruppen dieses Tarifvertrags nach Maßgabe von §§ 2 und 3 ERA NRW trifft. Vielmehr soll ihr – über den Wortlaut des Antrags hinausgehend – auch aufgegeben werden, zu dieser Entscheidung die Zustimmung des Betriebsrats nach § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG einzuholen und bei deren ordnungsgemäßer Verweigerung ein arbeitsgerichtliches Zustimmungsersetzungsverfahren durchzuführen. Dieses Antragsziel hat der Betriebsrat in der Anhörung vor dem Senat noch einmal ausdrücklich bestätigt. Vom erstrebten Handlungsausspruch ausgenommen sollen – neben den Arbeitnehmern, die der Arbeitgeberin zur Arbeitsleistung überlassen werden – nur „AT-Angestellte iSd. ERA NRW“ sein. Hierbei handelt es sich um diejenigen Arbeitnehmer, die die Voraussetzungen des § 1 Abs. 2 und 3 ERA NRW erfüllen und daher nicht unter den persönlichen Geltungsbereich dieses Tarifvertrags fallen.
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2. Mit diesem Inhalt ist der Antrag hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Die Arbeitgeberin kann mit ausreichender Gewissheit erkennen, welche Handlungen sie wann künftig vornehmen soll. Dies gilt auch, soweit im Antrag Einstellungen und Versetzungen von nicht unter den persönlichen Geltungsbereich des ERA NRW fallenden Arbeitnehmern ausgenommen sind. Es sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass zwischen den Beteiligten Streit darüber bestünde, wann die tariflichen Vorgaben in § 1 Abs. 2 und 3 ERA NRW erfüllt sind. Soweit die Arbeitgeberin die von Sommer 2018 bis Herbst 2020 eingestellten und versetzten Arbeitnehmer in den Zustimmungsgesuchen als „AT-Angestellte“ bezeichnet hat, wollte sie – wie ihr Vortrag zeigt – damit lediglich zum Ausdruck bringen, dass sie diese Arbeitnehmer nicht nach Maßgabe des ERA NRW eingruppieren will.
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II. Der Antrag ist begründet. Der Betriebsrat kann verlangen, dass die Arbeitgeberin bei künftigen Einstellungen und Versetzungen von Arbeitnehmern, die unter den persönlichen Geltungsbereich des ERA NRW fallen, eine Entscheidung über die Zuordnung der von ihnen ausgeübten Arbeitsaufgabe zu den Entgeltgruppen des ERA NRW nach Maßgabe von dessen §§ 2 und 3 trifft und das in § 99 Abs. 1 BetrVG vorgesehene Verfahren sowie – bei einer form- und fristgerechten Zustimmungsverweigerung – ein Zustimmungsersetzungsverfahren nach § 99 Abs. 4 BetrVG durchführt.
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1. Allerdings ergibt sich der Anspruch des Betriebsrats für sein ausschließlich zukunftsbezogenes Leistungsbegehren nicht aus einer entsprechenden Anwendung von § 101 BetrVG. Das hat das Landesarbeitsgericht zutreffend erkannt.
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a) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts kann der Betriebsrat, wenn der Arbeitgeber die gebotene Ein- oder Umgruppierung eines Arbeitnehmers unterlässt, zur Sicherung seines Mitbeurteilungsrechts nach § 99 Abs. 1 BetrVG in entsprechender Anwendung von § 101 BetrVG beim Arbeitsgericht beantragen, dem Arbeitgeber aufzugeben, eine Ein- oder Umgruppierungsentscheidung vorzunehmen, ihn hierzu um Zustimmung zu ersuchen und im Fall einer beachtlichen Zustimmungsverweigerung das arbeitsgerichtliche Zustimmungsersetzungsverfahren durchzuführen (vgl. zuletzt BAG 20. Oktober 2021 – 7 ABR 14/20 – Rn. 21 mwN; sh. auch BAG 12. Dezember 2006 – 1 ABR 38/05 – Rn. 19 mwN). Da es sich bei Ein- und Umgruppierungen nicht um konstitutive Akte des Arbeitgebers, sondern lediglich um einen mit der Kundgabe einer Rechtsansicht verbundenen Akt der Rechtsanwendung handelt, ist deren „Aufhebung“ im wörtlichen Sinn nicht möglich (vgl. BAG 28. Juli 2020 – 1 ABR 5/19 – Rn. 18 mwN, BAGE 171, 355). In diesen Fällen kann der Zweck des § 101 BetrVG daher lediglich durch die Herstellung eines dem Beteiligungsrecht des Betriebsrats entsprechenden Zustands erreicht werden.
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b) Die Norm vermag aber – auch im Rahmen ihrer entsprechenden Anwendung – kein Leistungsbegehren zu stützen, mit dem dem Arbeitgeber – wie vorliegend – die Vornahme einer Ein- oder Umgruppierung sowie die Durchführung des in § 99 Abs. 1 und 4 BetrVG vorgesehenen Verfahrens erst bei künftig erfolgenden Einstellungen oder Versetzungen aufgegeben werden soll. Soweit sich aus der Entscheidung des Senats vom 18. Oktober 2011 (- 1 ABR 25/10 – Rn. 11, BAGE 139, 332) etwas anderes ergibt, hält er hieran nicht mehr fest.
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aa) Nach seinem Wortlaut knüpft § 101 Satz 1 BetrVG an eine konkrete personelle Einzelmaßnahme an. Dies schließt seine Anwendung zwar nicht aus, wenn sich das vom Betriebsrat angebrachte Begehren auf mehrere gleichgelagerte Einzelmaßnahmen bezieht, die im Antrag lediglich in generalisierter Art und Weise umschrieben werden (vgl. BAG 1. August 1989 – 1 ABR 54/88 – zu B I 1 der Gründe, BAGE 62, 271). Eine Heranziehung der Vorschrift als Rechtsgrundlage für eine Verpflichtung des Arbeitgebers, erst in künftigen und damit noch nicht konkretisierten Fällen eine Ein- oder Umgruppierungsentscheidung vorzunehmen und dabei das Verfahren nach § 99 Abs. 1 und (ggf.) Abs. 4 BetrVG zu durchlaufen, lässt sich hingegen mit dem Wortlaut nicht vereinbaren.
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bb) Ein solches Verständnis liefe vor allem dem Zweck der Vorschrift zuwider. § 101 BetrVG zielt auf die Beseitigung eines bereits eingetretenen betriebsverfassungswidrigen Zustands ab (vgl. etwa BAG 1. August 1989 – 1 ABR 54/88 – zu B I 2 der Gründe, BAGE 62, 271). An einem solchen fehlt es, wenn dem Arbeitgeber die Vornahme einer Ein- oder Umgruppierungsentscheidung und die Durchführung des Zustimmungs- sowie ggf. des gerichtlichen Zustimmungsersetzungsverfahrens erst bei künftigen Einstellungen oder Versetzungen aufgegeben werden soll. Bei einem derartigen Verlangen geht es um eine ausschließlich zukunftsbezogene Sicherstellung betriebsverfassungskonformen Verhaltens. § 101 BetrVG ist aber nicht darauf gerichtet, die künftige Beachtung von Beteiligungsrechten des Betriebsrats zu sichern (BAG 1. August 1989 – 1 ABR 54/88 – zu B I 2 der Gründe, aaO).
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cc) Eine entsprechende Anwendung von § 101 BetrVG auf ein solches Begehren wäre zudem systemwidrig.
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(1) Nach der Rechtsprechung des Senats steht dem Betriebsrat gegen den Arbeitgeber kein allgemeiner Anspruch darauf zu, dass dieser ohne seine Zustimmung und ohne Durchführung des Verfahrens nach § 100 Abs. 2 BetrVG beabsichtigte Einstellungen oder Versetzungen von Arbeitnehmern unterlässt (vgl. ausf. BAG 23. Juni 2009 – 1 ABR 23/08 – Rn. 16 ff., BAGE 131, 145). Maßgebend hierfür ist zum einen, dass § 100 Abs. 1 Satz 1 BetrVG dem Arbeitgeber die Befugnis gewährt, solche Maßnahmen aus dringenden sachlichen Gründen auch ohne Zustimmung des Betriebsrats vorläufig – also bis zur Entscheidung über ihre materielle Rechtmäßigkeit – durchzuführen. Zum anderen hat der Gesetzgeber in § 101 BetrVG die Rechtsfolgen eines Verstoßes gegen die prozeduralen Anforderungen des § 100 Abs. 2 BetrVG ausdrücklich geregelt. Die Annahme, dem Betriebsrat könne neben dem Beseitigungsanspruch aus § 101 Satz 1 BetrVG und unabhängig von den Voraussetzungen des § 23 Abs. 3 Satz 1 BetrVG ein allgemeiner Unterlassungsanspruch zustehen, ist mit diesen systematischen Grundentscheidungen des Gesetzgebers nicht zu vereinbaren.
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(2) Diese gesetzgeberischen Grundentscheidungen sind auch vorliegend zu beachten. Die Stattgabe eines ausschließlich zukunftsbezogenen Leistungsbegehrens, mit dem dem Arbeitgeber für zukünftige Fälle die Vornahme von betriebsverfassungsrechtlich gebotenen Ein- oder Umgruppierungen sowie die Durchführung des Verfahrens nach § 99 Abs. 1 und ggf. Abs. 4 BetrVG aufgegeben werden soll, bewirkt im Ergebnis, dass der Arbeitgeber vom titulierten Gebot abweichende Handlungen fortan unterlassen muss. Damit stünden dem Betriebsrat bei Ein- oder Umgruppierungen weitergehende Rechtsschutzmöglichkeiten gegen den Arbeitgeber zu, als er sie bei den personellen Maßnahmen der Einstellung und Versetzung hätte. Dies ist gesetzlich nicht vorgesehen.
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2. Dennoch erweist sich die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts im Ergebnis als rechtsfehlerhaft. Das Beschwerdegericht hat übersehen, dass der Betriebsrat den begehrten Handlungsausspruch auf § 23 Abs. 3 Satz 1 BetrVG stützen kann.
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a) Nach dieser Norm kann der Betriebsrat dem Arbeitgeber bei einem groben Verstoß gegen seine Verpflichtungen aus dem Betriebsverfassungsgesetz durch das Arbeitsgericht aufgeben lassen, eine Handlung zu unterlassen, die Vornahme einer Handlung zu dulden oder eine Handlung vorzunehmen. Die Regelung dient dem Schutz der betriebsverfassungsrechtlichen Ordnung gegen grobe Verstöße des Arbeitgebers. In solchen Fällen soll ein Mindestmaß gesetzmäßigen Verhaltens des Arbeitgebers im Rahmen der betriebsverfassungsrechtlichen Ordnung sichergestellt werden, indem der Arbeitgeber zur Erfüllung seiner betriebsverfassungsrechtlichen Pflichten angehalten wird (vgl. BAG 8. März 2022 – 1 ABR 19/21 – Rn. 41 mwN). Ist eine erneute Verletzung dieser Pflichten aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen ausgeschlossen, kann die Sicherstellungsfunktion des § 23 Abs. 3 Satz 1 BetrVG allerdings nicht (mehr) erreicht werden. In diesem Fall scheidet ein Unterlassungsanspruch aus (vgl. BAG 15. November 2022 – 1 ABR 15/21 – Rn. 33).
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b) Die Voraussetzungen des § 23 Abs. 3 Satz 1 BetrVG sind erfüllt.
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aa) Die Arbeitgeberin hat wiederholt gegen ihre betriebsverfassungsrechtlichen Pflichten verstoßen.
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(1) In Unternehmen mit – wie hier – in der Regel mehr als 20 wahlberechtigten Arbeitnehmern hat der Arbeitgeber den Betriebsrat nach § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG vor jeder Eingruppierung und Umgruppierung zu unterrichten und dessen Zustimmung einzuholen. Satz 2 der Norm verpflichtet den Arbeitgeber, bei Einstellungen und Versetzungen insbesondere den in Aussicht genommenen Arbeitsplatz und die vorgesehene Eingruppierung mitzuteilen. Verlangt das Gesetz die Mitteilung der vorgesehenen Ein- und Umgruppierung, setzt dies voraus, dass der Arbeitgeber zuvor eine entsprechende Beurteilung vornimmt. An dieser hat er den Betriebsrat nach § 99 BetrVG zu beteiligen, indem er dessen Zustimmung einholt und sie bei ordnungsgemäßer Verweigerung nach § 99 Abs. 4 BetrVG gerichtlich ersetzen lässt (vgl. BAG 18. Oktober 2011 – 1 ABR 25/10 – Rn. 12, BAGE 139, 332).
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(2) Die im Gesetz vorausgesetzte Pflicht des Arbeitgebers zur Ein- und Umgruppierung und die in § 99 BetrVG vorgesehene Beteiligung des Betriebsrats dienen der einheitlichen Anwendung der zutreffenden Vergütungsordnung und sorgen auf diese Weise für Transparenz und innerbetriebliche Lohngerechtigkeit. Der Arbeitgeber soll prüfen, welcher Stufe oder Gruppe der im Betrieb geltenden Vergütungsordnung die Tätigkeit des Arbeitnehmers zuzuordnen ist, und diese Beurteilung gemeinsam mit dem Betriebsrat vornehmen. Dem Mitbeurteilungsrecht des Betriebsrats unterliegt daher auch die Frage, ob ein Arbeitnehmer einer im Betrieb geltenden Vergütungsordnung zugeordnet werden kann (vgl. BAG 18. Oktober 2011 – 1 ABR 25/10 – Rn. 12, BAGE 139, 332).
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(3) Im Betrieb eines tarifgebundenen Arbeitgebers stellt die im einschlägigen Tarifvertrag enthaltene Vergütungsordnung zugleich das im Betrieb geltende System für die Bemessung des Entgelts der Arbeitnehmer dar. Zwar handelt es sich bei tariflichen Vergütungsregelungen nicht um Betriebsnormen iSv. § 3 Abs. 2 TVG, die unabhängig von der Tarifgebundenheit der Arbeitnehmer für alle Betriebe des tarifgebundenen Arbeitgebers gelten, sondern um Inhaltsnormen, die unmittelbar und zwingend nur im Verhältnis zwischen tarifgebundenen Arbeitsvertragsparteien gelten können (§ 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 Satz 1 TVG). Dennoch ist der tarifgebundene Arbeitgeber betriebsverfassungsrechtlich verpflichtet, die tarifliche Vergütungsordnung ungeachtet der Tarifbindung der Arbeitnehmer im Betrieb anzuwenden, soweit deren Gegenstände der erzwingbaren Mitbestimmung des § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG unterliegen. Dieses Verständnis geben die Funktion des Tarifvorbehalts in § 87 Abs. 1 Eingangshalbs. BetrVG sowie der Normzweck von § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG vor (vgl. BAG 21. März 2018 – 7 ABR 38/16 – Rn. 32 mwN; 23. August 2016 – 1 ABR 15/14 – Rn. 18 mwN; ausf. BAG 18. Oktober 2011 – 1 ABR 25/10 – Rn. 16 ff., BAGE 139, 332).
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(4) Gegen diese betriebsverfassungsrechtlichen Vorgaben hat die Arbeitgeberin in der Zeit von Sommer 2018 bis Herbst 2020 in zahlreichen Fällen verstoßen.
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(a) Die Arbeitgeberin war bis zum 31. Dezember 2020 kraft (mittelbarer) Mitgliedschaft im tarifvertragschließenden Arbeitgeberverband nach § 3 Abs. 1 TVG an das ERA NRW gebunden. Das Entgeltschema des ERA NRW stellt damit für die von seinem Geltungsbereich erfassten Arbeitnehmer die im Betrieb anzuwendende Vergütungsordnung dar. Die Arbeitgeberin war deshalb gehalten, bei den während des genannten Zeitraums erfolgten Einstellungen und Versetzungen die Arbeitsaufgabe der Arbeitnehmer nach Maßgabe der §§ 2 und 3 ERA NRW den dortigen Entgeltgruppen zuzuordnen, die Zustimmung des Betriebsrats zu dieser Entscheidung einzuholen sowie – im Verweigerungsfall – ein gerichtliches Zustimmungsersetzungsverfahren durchzuführen. Dem ist die Arbeitgeberin nicht nachgekommen.
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(b) Ihre hiergegen geltend gemachten Einwände greifen nicht durch. Es ist unerheblich, dass nur ein geringer Teil der Arbeitnehmer im Betrieb normativ – kraft Mitgliedschaft in der IG Metall – an das ERA NRW gebunden ist und die weit überwiegende Zahl Arbeitsverträge hat, in denen dieser Tarifvertrag nicht in Bezug genommen ist. Bei einem tarifgebundenen Arbeitgeber stellt die im einschlägigen Tarifvertrag enthaltene Vergütungsordnung für alle unter seinen Geltungsbereich fallenden Arbeitnehmer das im Betrieb geltende System für die Bemessung des Entgelts dar. Auf eine Tarifgebundenheit der Arbeitnehmer oder eine vertraglich vereinbarte Anwendung des betreffenden Tarifvertrags kommt es nicht an. Damit spielt es auch keine Rolle, in welchem Umfang der tarifgebundene Arbeitgeber die tarifliche Entgeltordnung tatsächlich im Betrieb anwendet. Das Vorbringen der Arbeitgeberin, das ERA NRW sei jedenfalls nicht das einzige im Betrieb anzuwendende Vergütungssystem gewesen, verfängt ebenfalls nicht. Eine Änderung der in ihrem Betrieb geltenden tariflichen Entgeltordnung war ihr weder einseitig noch gemeinsam im – ohnehin nicht vorliegenden – Einvernehmen mit dem Betriebsrat nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG möglich. Aufgrund der Tarifgebundenheit der Arbeitgeberin bestand nach § 87 Abs. 1 Eingangshalbs. BetrVG im Geltungsbereich des ERA NRW kein Raum für eine Mitbestimmung.
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bb) Mit ihrem Verhalten hat die Arbeitgeberin ihre betriebsverfassungsrechtlichen Pflichten auch in grober Weise verletzt.
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(1) Ein grober Verstoß ist gegeben, wenn die Pflichtverletzung des Arbeitgebers objektiv erheblich und offensichtlich schwerwiegend ist. Auf ein Verschulden kommt es dabei nicht an. Verteidigt der Arbeitgeber seine Rechtsposition in einer schwierigen und ungeklärten Rechtsfrage, kann dies der Annahme eines groben Verstoßes allerdings entgegenstehen (vgl. BAG 18. März 2014 – 1 ABR 77/12 – Rn. 15 mwN).
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(2) Die Würdigung, ob der Arbeitgeber in grobem Maß seine Pflichten aus dem Betriebsverfassungsgesetz verletzt hat, obliegt zwar in der Regel den Tatsacheninstanzen, denen hierbei ein Beurteilungsspielraum zukommt (vgl. BAG 18. März 2014 – 1 ABR 77/12 – Rn. 16 mwN). Hat das Landesarbeitsgericht – wie im Ausgangsfall – diese Würdigung jedoch rechtsfehlerhaft nicht vorgenommen, kann sie durch das Rechtsbeschwerdegericht erfolgen, wenn die hierfür maßgebenden Tatsachen festgestellt oder unstreitig sind (vgl. BAG 29. Februar 2000 – 1 ABR 4/99 – zu B II 2 b der Gründe; 22. Juni 1993 – 1 ABR 62/92 – zu B III 3 b der Gründe, BAGE 73, 291).
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(3) Danach hat die Arbeitgeberin grob gegen ihre betriebsverfassungsrechtlichen Pflichten verstoßen. Sie ist in zahlreichen Fällen der ihr bei Einstellungen und Versetzungen obliegenden Pflicht zur Ein- oder Umgruppierung von Arbeitnehmern in das ERA NRW und zur Durchführung eines hierauf bezogenen Beteiligungsverfahrens nach § 99 Abs. 1 BetrVG sowie eines etwaigen gerichtlichen Zustimmungsersetzungsverfahrens nicht nachgekommen. Die Arbeitgeberin kann sich nicht darauf berufen, die Rechtslage sei ungeklärt gewesen. Es entspricht der langjährigen Rechtsprechung des Senats, dass der tarifgebundene Arbeitgeber betriebsverfassungsrechtlich verpflichtet ist, die tarifliche Vergütungsordnung im Betrieb ungeachtet einer Tarifgeltung iSv. § 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 Satz 1 TVG anzuwenden. Die Arbeitgeberin würde es auch nicht entlasten, wenn der Betriebsrat ihr betriebsverfassungswidriges Verhalten über längere Zeit hingenommen haben sollte. Auf sein Verhalten kommt es bei der Würdigung eines groben Pflichtverstoßes durch die Arbeitgeberin nicht an. Im Übrigen war für sie jedenfalls seit Sommer 2018 unzweifelhaft erkennbar, dass der Betriebsrat ihr Verhalten nicht mehr widerspruchslos akzeptierte.
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cc) Eine künftige Wiederholung dieses betriebsverfassungswidrigen Verhaltens ist nicht ausgeschlossen. Die Arbeitgeberin ist trotz ihres Austritts aus dem Arbeitgeberverband Metall- und Elektroindustrie Düsseldorf und Umgebung e. V. zum 31. Dezember 2020 weiterhin an das ERA NRW gebunden. Nach § 3 Abs. 3 TVG bleibt die Tarifgebundenheit bestehen, bis der Tarifvertrag endet. Dies ist bislang nicht der Fall. Das ERA NRW besteht unverändert und ungekündigt fort. Unerheblich ist, dass das Entgeltabkommen vom 14. Februar 2018 von der IG Metall zum 31. Dezember 2020 gekündigt wurde. Zwar ist dem Ende eines Tarifvertrags iSd. § 3 Abs. 3 TVG jede Änderung desselben gleichzustellen (vgl. BAG 7. Juni 2017 – 1 ABR 32/15 – Rn. 31, BAGE 159, 222; 25. Februar 2009 – 4 AZR 986/07 – Rn. 39 mwN). Entgegen der Ansicht der Arbeitgeberin bewirkt der Ablauf eines Entgeltabkommens jedoch keine Änderung des ERA NRW. Bei den betreffenden Tarifverträgen handelt es sich um gesondert vereinbarte Regelwerke, die in ihrem Bestand und ihrer Geltung voneinander unabhängig sind. Aus § 3 Nr. 5 Abs. 1 ERA NRW folgt nichts Gegenteiliges. Die Norm enthält keine dynamische Bezugnahme auf die Bestimmungen des jeweils geltenden Entgeltabkommens, sondern nur den deklaratorischen Hinweis, dass die Entgeltsätze in einem anderen Tarifvertrag geregelt sind. Vereinbaren die Tarifvertragsparteien – wie hier – in einem Entgeltrahmentarifvertrag lediglich die Entgeltordnung und in einem anderen die jeweiligen Entgeltsätze, wollen sie die letzteren Regelungen erkennbar nicht in den Entgeltrahmentarifvertrag inkorporieren (vgl. auch BAG 28. April 2021 – 4 AZR 230/20 – Rn. 45).
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III. Infolge der rechtskräftigen Stattgabe des Leistungsantrags ist die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts über den hierzu hilfsweise vom Betriebsrat zur Entscheidung gestellten Feststellungsantrag wirkungslos (vgl. BAG 12. August 2008 – 9 AZR 620/07 – Rn. 15, BAGE 127, 214).
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Ahrendt |
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Waskow |
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Rinck |
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Hayen |
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Rose |