10 AZR 43/19

Beitragspflichten zu den Sozialkassen der Bauwirtschaft - Hemmung des Verfalls

Details

  • Aktenzeichen

    10 AZR 43/19

  • ECLI

    ECLI:DE:BAG:2021:240221.U.10AZR43.19.0

  • Art

    Urteil

  • Datum

    24.02.2021

  • Senat

    10. Senat

Tenor

1. Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 2. November 2018 – 10 Sa 296/18 SK – aufgehoben, soweit die Berufung zurückgewiesen wurde hinsichtlich der Klage auf Beiträge für Dezember 2011 bis November 2013 in Höhe von 22.414,99 Euro.

2. Insoweit wird der Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

3. Im Übrigen wird die Revision zurückgewiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über Beiträge zu den Sozialkassen der Bauwirtschaft.

2

Der Kläger ist eine gemeinsame Einrichtung der Tarifvertragsparteien in der Rechtsform eines Vereins mit eigener Rechtspersönlichkeit kraft staatlicher Verleihung. Er ist tarifvertraglich zum Einzug der Beiträge zu den Sozialkassen der Bauwirtschaft verpflichtet. Der Kläger nimmt den Beklagten auf der Grundlage verschiedener Tarifverträge über das Sozialkassenverfahren im Baugewerbe (VTV) auf Beiträge für gewerbliche Arbeitnehmer in Anspruch. Er verlangt Beiträge in Höhe von insgesamt 90.166,77 Euro für die Zeit von Dezember 2011 bis Mai 2017.

3

Für den Zeitraum von Dezember 2011 bis Oktober 2014 stützt sich der Kläger auf Bruttolohnsummen, die die Arbeitsverwaltung ermittelt hat. Für November und Dezember 2014 zieht der Kläger die vom Statistischen Bundesamt ermittelten Durchschnittslöhne heran. Die Beitragsforderungen für Januar 2015 bis Juli 2016 berechnet der Kläger auf der Grundlage von Meldungen des Beklagten. Für August 2016 bis Mai 2017 legt der Kläger wieder die statistischen Durchschnittslöhne zugrunde.

4

Der Kläger stützt seine Beitragsansprüche für Dezember 2011 auf den Tarifvertrag über das Sozialkassenverfahren im Baugewerbe vom 18. Dezember 2009 (VTV 2009) und für den Zeitraum von Januar bis Dezember 2012 auf den Tarifvertrag über das Sozialkassenverfahren im Baugewerbe vom 18. Dezember 2009 idF vom 21. Dezember 2011 (VTV 2011). Für Januar bis Juni 2013 liegt den Beitragsforderungen der Tarifvertrag über das Sozialkassenverfahren im Baugewerbe vom 18. Dezember 2009 idF vom 17. Dezember 2012 (VTV 2012) zugrunde, für Juli bis Dezember 2013 der Tarifvertrag über das Sozialkassenverfahren im Baugewerbe vom 3. Mai 2013 (VTV 2013 I) und für Januar bis Dezember 2014 der Tarifvertrag über das Sozialkassenverfahren im Baugewerbe vom 3. Mai 2013 idF vom 3. Dezember 2013 (VTV 2013 II). Für Januar bis Dezember 2015 zieht der Kläger den Tarifvertrag über das Sozialkassenverfahren im Baugewerbe vom 3. Mai 2013 idF vom 10. Dezember 2014 (VTV 2014) heran und für Januar 2016 bis Mai 2017 den Tarifvertrag über das Sozialkassenverfahren im Baugewerbe vom 3. Mai 2013 idF vom 24. November 2015 (VTV 2015).

5

Der Senat hat festgestellt, dass die Allgemeinverbindlicherklärungen des VTV 2009, des VTV 2011, des VTV 2012, des VTV 2013 I und des VTV 2013 II unwirksam sind (BAG 25. Januar 2017 – 10 ABR 34/15 -, nachgehend BVerfG 10. Januar 2020 – 1 BvR 1459/17 -; BAG 25. Januar 2017 – 10 ABR 43/15 -, nachgehend BVerfG 10. Januar 2020 – 1 BvR 1104/17 -; BAG 21. September 2016 – 10 ABR 33/15 – BAGE 156, 213, nachgehend BVerfG 10. Januar 2020 – 1 BvR 4/17 -; BAG 21. September 2016 – 10 ABR 48/15 – BAGE 156, 289, nachgehend BVerfG 10. Januar 2020 – 1 BvR 593/17 -). Die Allgemeinverbindlicherklärungen des VTV 2014 vom 6. Juli 2015 (AVE VTV 2015) und des VTV 2015 vom 4. Mai 2016 (AVE VTV 2016) hat der Senat für wirksam befunden (BAG 20. November 2018 – 10 ABR 12/18 -; 21. März 2018 – 10 ABR 62/16 – BAGE 162, 166).

6

Der Beklagte wurde überwiegend im Auftrag der Z GmbH tätig, die Fertiggaragen herstellt und vertreibt. Er baute nach einer Montageanleitung von der Firma H vorproduzierte Garagentore in einen von der Z GmbH bereitgestellten Betonrahmen ein. Zum Einbau wurden Metallschienen, Schrauben und Dübel verwendet. Der Baukörper der Garagen war fertiggestellt, bevor die Tore montiert wurden. Teilweise wurden auch Fenster und Türen mit Klemmzargen in den Betonrahmen der Fertiggarage montiert oder ein elektrischer Antrieb verbaut. Jedenfalls der überwiegende Teil der Arbeiten des Beklagten wurde auf dem Betriebsgelände der Z GmbH erbracht. Anschließend wurden die fertiggestellten Garagen mit einem Spezialfahrzeug zum Kunden transportiert und dort eingebaut.

7

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, der betriebliche Geltungsbereich der Verfahrenstarifverträge sei eröffnet. Garagen seien Bauwerke. Die Tätigkeiten im Betrieb des Beklagten dienten dazu, das Bauwerk herzustellen.

8

Der Kläger hat die streitigen Beitragsansprüche für den Zeitraum von Dezember 2011 bis Mai 2017 in ursprünglich neun getrennten Rechtsstreitigkeiten geltend gemacht. Im Hinblick auf Beiträge für August und September 2016 hat er am 8. Juni 2017 einen Vollstreckungsbescheid über 4.086,00 Euro erwirkt, der dem Beklagten am 13. Juni 2017 zugestellt worden ist. Gegen den Vollstreckungsbescheid hat der Beklagte Einspruch eingelegt, der am 14. Juni 2017 beim Arbeitsgericht eingegangen ist. Am 10. August 2017 hat der Kläger einen Vollstreckungsbescheid über 14.380,82 Euro zu Beitragsansprüchen für den Zeitraum von Dezember 2012 bis Dezember 2013 erwirkt, der dem Beklagten am 19. August 2017 zugestellt worden ist. Gegen den Vollstreckungsbescheid hat der Beklagte Einspruch eingelegt, der am 24. August 2017 beim Arbeitsgericht eingegangen ist. Das Arbeitsgericht hat alle Rechtsstreitigkeiten zur gleichzeitigen Verhandlung und Entscheidung verbunden.

9

Der Kläger hat beantragt,

        

die Vollstreckungsbescheide vom 8. Juni 2017 und 10. August 2017 aufrechtzuerhalten und den Beklagten darüber hinaus zu verurteilen, an ihn 71.699,95 Euro zu zahlen.

10

Der Beklagte hat beantragt, die Vollstreckungsbescheide aufzuheben und die Klage abzuweisen. Der betriebliche Geltungsbereich der Verfahrenstarifverträge sei nicht eröffnet. Er baue fertig angelieferte Garagentore ein und versehe die Tätigkeit nahezu ausschließlich auf dem Betriebsgelände der Z GmbH. Nur in Ausnahmefällen sei er noch vor Ort beim Endkunden tätig. Dies komme vor, wenn Mängel beseitigt werden müssten. Lediglich ein- bis zweimal im Monat hätten solche Arbeiten beim Endkunden stattgefunden. Die von ihm verrichteten Tätigkeiten seien weder als Fertigbauarbeiten noch als Trocken- und Montagebauarbeiten zu bewerten.

11

Das Arbeitsgericht hat die Vollstreckungsbescheide aufrechterhalten und der Klage stattgegeben. Die dagegen gerichtete Berufung des Beklagten hat das Landesarbeitsgericht zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision will der Beklagte weiterhin erreichen, dass die Vollstreckungsbescheide aufgehoben werden und die Klage abgewiesen wird.

Entscheidungsgründe

12

Die Revision ist überwiegend unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend erkannt, dass der Kläger Anspruch auf die geltend gemachten Beiträge für den Zeitraum von Dezember 2013 bis Mai 2017 hat. Die Beiträge für den Zeitraum von Dezember 2011 bis November 2013 könnten dagegen aufgrund der tarifvertraglichen Ausschlussfristen verfallen sein. Das Berufungsurteil ist insoweit aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Der Senat kann in der Sache nicht selbst nach § 563 Abs. 3 ZPO entscheiden. Beitragsansprüche müssen nach § 24 Abs. 1 VTV 2009, VTV 2011 und VTV 2012 sowie § 21 Abs. 1 VTV 2013 I innerhalb von vier Jahren seit Fälligkeit bei Gericht anhängig gemacht werden. Das Landesarbeitsgericht hat dazu keine ausreichenden Feststellungen getroffen. Die Sache ist deshalb insoweit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 ZPO).

13

I. Der Beklagte hat in zulässiger Weise gegen die ihm am 13. Juni 2017 und 19. August 2017 zugestellten Vollstreckungsbescheide Einspruch eingelegt. Das Gericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob der Einspruch gegen den Vollstreckungsbescheid an sich statthaft ist und ob er in der richtigen Form und Frist eingelegt ist. Fehlt es an einem dieser Erfordernisse, so ist der Einspruch als unzulässig zu verwerfen (§ 46a Abs. 6 Satz 2 ArbGG). Die Zulässigkeit des Einspruchs stellt als Prozessfortsetzungsbedingung eine Sachverhandlungs- und Sachurteilsvoraussetzung dar, die auch in der Revisionsinstanz von Amts wegen zu prüfen ist. Dabei ist das Revisionsgericht befugt, die Zulässigkeit des Einspruchs in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht zu prüfen, ohne an etwaige ausdrückliche oder stillschweigende Feststellungen und Würdigungen der Vorinstanzen gebunden zu sein (BAG 16. September 2020 – 10 AZR 9/19 – Rn. 10; BGH 3. Juni 1987 – VIII ZR 154/86 – zu I der Gründe, BGHZ 101, 134). Mit seinen am 14. Juni 2017 und 24. August 2017 beim Arbeitsgericht eingegangenen Einspruchsschriften hat der Beklagte die nach § 46a Abs. 1 Satz 1 ArbGG, § 700 Abs. 1 ZPO, § 59 Satz 1 ArbGG geltende Wochenfrist gewahrt.

14

II. Die Klage ist zulässig. Sie ist insbesondere hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.

15

1. Nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO muss die Klageschrift neben einem bestimmten Antrag auch eine bestimmte Angabe des Gegenstands und des Grundes des erhobenen Anspruchs enthalten. Der Kläger muss eindeutig festlegen, welche Entscheidung er begehrt. Dazu hat er den Streitgegenstand so genau zu bezeichnen, dass der Rahmen der gerichtlichen Entscheidungsbefugnis (§ 308 ZPO) keinem Zweifel unterliegt und die eigentliche Streitfrage mit Rechtskraftwirkung zwischen den Parteien entschieden werden kann (§ 322 ZPO). Sowohl bei einer der Klage stattgebenden als auch bei einer sie abweisenden Sachentscheidung muss zuverlässig feststellbar sein, worüber das Gericht entschieden hat. Bei mehreren im Weg einer objektiven Klagehäufung nach § 260 ZPO in einer Klage verfolgten Ansprüchen muss erkennbar sein, aus welchen Einzelforderungen sich die „Gesamtklage“ zusammensetzt (BAG 15. Juli 2020 – 10 AZR 337/18 – Rn. 16; 29. August 2018 – 7 AZR 206/17 – Rn. 20). Der prozessuale Anspruch einer Beitragsklage der Sozialkasse ist jeweils der auf der Grundlage eines Verfahrenstarifvertrags in einem Kalendermonat für die gewerblichen Arbeitnehmer anfallende Sozialkassenbeitrag. Verlangt der Kläger Beiträge für einen längeren Zeitraum als einen Kalendermonat, handelt es sich um eine „Gesamtklage“. Der Kläger hat dann darzulegen, wie sich die Ansprüche auf die einzelnen Monate verteilen (BAG 15. Juli 2020 – 10 AZR 337/18 – aaO; 30. Oktober 2019 – 10 AZR 177/18 – Rn. 16 f., BAGE 168, 290).

16

2. Diesen Anforderungen wird die Klage gerecht.

17

a) Soweit der Kläger einen Beitrag in bezifferter Höhe für gewerbliche Arbeitnehmer als „Rest Dezember 2011“ fordert, ist der Antrag hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Dem steht nicht entgegen, dass der Kläger für Dezember 2011 bereits eine Beitragszahlung erhalten hat. Es genügt, dass er von den bereits gezahlten Beiträgen zu unterscheidende – darüber hinausgehende – Beiträge in bestimmter Höhe verlangt (vgl. BAG 30. Oktober 2019 – 10 AZR 177/18 – Rn. 24, BAGE 168, 290).

18

b) Für die Monate Januar 2012 bis Oktober 2014 hat der Kläger die geforderten Beiträge in einer im Kammertermin am 24. Januar 2018 übergebenen Liste monatsgenau aufgeschlüsselt. Damit ist die Klage insoweit hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Die erforderliche Individualisierung muss nicht zwingend in einem Schriftsatz vorgenommen werden, sondern kann auch durch konkret in Bezug genommene Schriftstücke erfolgen (vgl. BAG 30. Oktober 2019 – 10 AZR 371/18 – Rn. 9; BGH 17. März 2016 – III ZR 200/15 – Rn. 19). Für die Zulässigkeit der Klage kann dahinstehen, ob die Klage bereits vor dem Kammertermin hinreichend bestimmt war. Die nachträgliche, den Anforderungen des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO entsprechende Begründung der Klage beseitigt den Mangel der Klageschrift (vgl. BGH 17. März 2016 – III ZR 200/15 – Rn. 27).

19

c) Für die Monate November 2014 bis Mai 2017 hat der Kläger einerseits mit verschiedenen Mahnanträgen Durchschnittsbeiträge geltend gemacht. In den Mahnanträgen sind die Zahl der gewerblichen Arbeitnehmer und die Monate genannt, für die Beiträge verlangt werden. Mithilfe der auf der Rückseite der Mahnanträge genannten „Mindestbeiträge“, die auf der Grundlage der vom Statistischen Bundesamt ermittelten Durchschnittslöhne errechnet wurden, erschließt sich, wie sich die Beiträge auf die einzelnen Monate verteilen. Damit sind die Beitragsforderungen hinreichend iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO individualisiert (vgl. BAG 27. Januar 2021 – 10 AZR 138/19 – Rn. 14; 27. November 2019 – 10 AZR 476/18 – Rn. 28, BAGE 168, 374). Soweit der Kläger andererseits Beitragsforderungen auf der Grundlage von Meldungen des Beklagten geltend macht, hat er die bezifferten Beitragsforderungen schriftsätzlich für die einzelnen Kalendermonate aufgeschlüsselt.

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III. Die Klage ist hinsichtlich der geforderten Beiträge in Höhe von 67.751,78 Euro für den Zeitraum von Dezember 2013 bis Mai 2017 begründet. Davon ist das Landesarbeitsgericht zutreffend ausgegangen. Für den Zeitraum von Dezember 2011 bis November 2013 kann der Kläger von dem Beklagten Beiträge in Höhe von 22.414,99 Euro verlangen, sofern die Ansprüche nicht aufgrund der tarifvertraglichen Ausschlussfristen verfallen sind. Insoweit sind weitere Feststellungen des Landesarbeitsgerichts erforderlich.

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1. Die Ansprüche des Klägers gegen den Beklagten auf Beiträge zu den Sozialkassen der Bauwirtschaft stützen sich für die Zeit vom 1. bis 31. Dezember 2011 auf § 1 Abs. 1, Abs. 2, Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 iVm. § 18 Abs. 2 Satz 1, § 21 Abs. 1 Satz 1 VTV 2009, für die Zeit vom 1. Januar bis 31. Dezember 2012 auf § 1 Abs. 1, Abs. 2, Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 iVm. § 18 Abs. 2 Satz 1, § 21 Abs. 1 Satz 1 VTV 2011 und für die Zeit vom 1. Januar bis 30. Juni 2013 auf § 1 Abs. 1, Abs. 2, Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 iVm. § 18 Abs. 2 Satz 1, § 21 Abs. 1 Satz 1 VTV 2012. Für die Zeit vom 1. Juli bis 31. Dezember 2013 liegt den Beitragsansprüchen § 1 Abs. 1, Abs. 2, Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 iVm. § 15 Abs. 2 Satz 1, § 18 Abs. 1 Satz 1 VTV 2013 I zugrunde und für die Zeit vom 1. Januar bis 31. Dezember 2014 § 1 Abs. 1, Abs. 2, Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 iVm. § 15 Abs. 2 Satz 1, § 18 Abs. 1 Satz 1 VTV 2013 II. Für die Zeit vom 1. Januar bis 31. Dezember 2015 beruhen die Ansprüche auf § 1 Abs. 1, Abs. 2, Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 iVm. § 15 Abs. 2 Satz 1, § 18 Abs. 1 Satz 1 VTV 2014 und für die Zeit vom 1. Januar 2016 bis 31. Mai 2017 auf § 1 Abs. 1, Abs. 2, Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 iVm. § 15 Abs. 2 Satz 1, § 18 Abs. 1 Satz 1 VTV 2015.

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2. Der in Nordrhein-Westfalen gelegene Betrieb des Beklagten unterfällt dem räumlichen Geltungsbereich der Verfahrenstarifverträge (§ 1 Abs. 1 der Verfahrenstarifverträge). Die bei dem Beklagten beschäftigten gewerblichen Arbeitnehmer werden von ihrem persönlichen Geltungsbereich erfasst (§ 1 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Verfahrenstarifverträge).

23

3. Der betriebliche Geltungsbereich der Verfahrenstarifverträge ist eröffnet. Das Landesarbeitsgericht ist auf der Grundlage der von ihm getroffenen Feststellungen zu Recht davon ausgegangen, dass im Betrieb des Beklagten im streitgegenständlichen Zeitraum arbeitszeitlich überwiegend Tätigkeiten nach § 1 Abs. 2 der Verfahrenstarifverträge ausgeführt wurden.

24

a) Im Betrieb des Beklagten werden Montagebauarbeiten iSv. § 1 Abs. 2 Abschn. V Nr. 37 der Verfahrenstarifverträge verrichtet. Dem steht nicht entgegen, dass die Arbeiten überwiegend auf dem Gelände der Z GmbH durchgeführt werden.

25

aa) Montagebau ist die auf der Montage vorgefertigter Teile beruhende Bauweise (Duden Deutsches Universalwörterbuch 8. Aufl. Stichwort „Montagebau“). Montage ist das Zusammensetzen oder der Zusammenbau einzelner vorgefertigter Teile (BAG 15. Juli 2020 – 10 AZR 337/18 – Rn. 32; 15. Juni 2011 – 10 AZR 861/09 – Rn. 15). Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats ist es für die Erfüllung dieses Regelbeispiels erforderlich, dass industriell hergestellte, nicht mehr wesentlich zu verändernde Fertigteile verbaut werden (BAG 15. Juli 2020 – 10 AZR 337/18 – aaO; 5. Juni 2019 – 10 AZR 214/18 – Rn. 20; 18. Mai 2011 – 10 AZR 190/10 – Rn. 20). Nach Sinn und Zweck der Verfahrenstarifverträge muss sich der Montagebau auf ein Bauwerk beziehen (BAG 15. Juli 2020 – 10 AZR 337/18 – Rn. 40; vgl. auch BAG 14. Dezember 2011 – 10 AZR 720/10 – Rn. 22).

26

bb) Die im Betrieb des Beklagten versehenen Tätigkeiten erfüllen die Merkmale des Montagebaus iSv. § 1 Abs. 2 Abschn. V Nr. 37 der Verfahrenstarifverträge.

27

(1) Die einzubauenden Garagentore, Türen und Fenster sind industriell vorgefertigt. Ein Fertigteil ist industriell hergestellt, wenn es nicht handwerklich gefertigt ist. Für eine handwerkliche Herstellung spricht, dass die Handfertigkeit der am Produktionsprozess beteiligten Arbeitnehmer prägend für die Produktherstellung ist. Die dabei eingesetzten Maschinen und technischen Hilfsmittel dienen dann nur dazu, die händische Tätigkeit zu erleichtern, dh. die Handfertigung zu unterstützen (BAG 15. Juli 2020 – 10 AZR 337/18 – Rn. 33). Den Tatsachengerichten kommt im Hinblick auf die Abgrenzung von industrieller und handwerklicher Fertigung ein revisionsrechtlich nur eingeschränkt überprüfbarer Beurteilungsspielraum zu (BAG 27. Januar 2021 – 10 AZR 138/19 – Rn. 62). Anhaltspunkte für eine handwerkliche Herstellung sind nicht ersichtlich. Bei den einzubauenden Garagentoren, Türen und Fenstern handelt es sich um in großer Zahl mit Maschinen gefertigte Teile. Davon geht das Landesarbeitsgericht nachvollziehbar aus. Der Einbau von vorgefertigten Toren ist ebenso wie der im Betrieb des Beklagten gelegentlich ausgeführte Einbau von Fenstern und Türen eine typische Montagetätigkeit iSv. § 1 Abs. 2 Abschn. V Nr. 37 der Verfahrenstarifverträge (BAG 29. September 2010 – 10 AZR 523/09 – Rn. 10; 18. Oktober 2006 – 10 AZR 576/05 – Rn. 18, BAGE 120, 1).

28

(2) Dem steht nicht entgegen, dass der Senat in einer älteren Entscheidung den Einbau von Garagentoren nicht als Montagebau angesehen hat (BAG 18. August 1993 – 10 AZR 273/91 – zu II 1 a der Gründe). Der Senat hat dort darauf abgestellt, dass der Klammerzusatz zu den Trocken- und Montagebauarbeiten in § 1 Abs. 2 Abschn. V Nr. 36 des Tarifvertrags über das Sozialkassenverfahren im Baugewerbe vom 12. November 1986 die Montage von Decken und Wänden, nicht aber jede in oder an einem Bauwerk anfallende Montagetätigkeit erfasst habe. Der Klammerzusatz in § 1 Abs. 2 Abschn. V Nr. 37 der Verfahrenstarifverträge in den hier anwendbaren Fassungen ist gegenüber der früheren Formulierung um die Worte „Montage von Baufertigteilen“ ergänzt worden. Damit ist der Begriff der Trocken- und Montagebauarbeiten erweitert worden.

29

(3) Die im Betrieb des Beklagten ausgeführten Tätigkeiten beziehen sich auf Bauwerke. Das gilt unabhängig davon, dass die Arbeiten nicht beim Endkunden, sondern auf dem Betriebsgelände der Z GmbH verrichtet werden.

30

(a) Ein Bauwerk ist eine mit dem Erdboden verbundene oder infolge ihrer eigenen Schwere auf ihm ruhende, aus Baustoffen oder Bauteilen mit baulichem Gerät erstellte Anlage (BAG 18. Dezember 2019 – 10 AZR 424/18 – Rn. 35; 28. Mai 2008 – 10 AZR 358/07 – Rn. 23). Es ist nicht erforderlich, dass das Bauwerk mit dem Erdboden fest verbunden wird und nicht nur einem vorübergehenden Zweck dient (BAG 2. Juli 2008 – 10 AZR 305/07 – Rn. 26).

31

(b) Die von der Z GmbH hergestellten Fertiggaragen erfüllen bereits zum Zeitpunkt des Einbaus der Tore, Türen, Fenster und Antriebe durch die Arbeitnehmer des Beklagten die Anforderungen, die an ein Bauwerk iSd. Verfahrenstarifverträge gestellt werden. Grundsätzlich sind Garagen als Bauwerke anzusehen (vgl. BAG 18. August 1993 – 10 AZR 273/91 – zu II 1 b der Gründe). Sie sind aus Baustoffen oder Bauteilen mit baulichem Gerät erstellte Anlagen, die kraft eigener Schwere auf dem Erdboden ruhen.

32

(c) Etwas anderes ergibt sich nicht aus dem Umstand, dass die Garagen zu dem Zeitpunkt, in dem die Arbeitnehmer des Beklagten die Garagentore, Türen, Fenster und Antriebe montieren, noch nicht an ihren endgültigen Standort beim Kunden gebracht worden sind. Es ist weder erforderlich, dass das Bauwerk mit dem Erdboden fest verbunden ist, noch, dass es an einem bestimmten Standort einem dauerhaften Zweck dient. Grundsätzlich sind daher auch bewegliche Bauwerke denkbar, wie beispielsweise Wohncontainer, die mit einem gewissen Aufwand, zB mit einem Kran und einem Spezialfahrzeug, an andere Standorte gebracht werden können (vgl. Hessisches LAG 11. August 2017 – 10 Sa 41/17 – zu B I 2 b der Gründe).

33

(d) Der Annahme, dass es sich bei den vom Beklagten mit Toren sowie gegebenenfalls mit Türen, Fenstern und elektrischen Antrieben zu versehenden Garagen um Bauwerke handelt, steht nicht entgegen, dass sie gleichzeitig Fertigbauteile iSv. § 1 Abs. 2 Abschn. V Nr. 13 der Verfahrenstarifverträge darstellen. Fertiggaragen, die aus einem Betonkubus bestehen, sind Fertigbauteile iSv. § 1 Abs. 2 Abschn. V Nr. 13 der Verfahrenstarifverträge (vgl. BAG 2. Juli 2008 – 10 AZR 305/07 – Rn. 25). Gleichzeitig ist der Herstellungsprozess zu dem Zeitpunkt, in dem nur noch das Garagentor und gegebenenfalls eine Tür, ein Fenster oder ein elektrischer Antrieb fehlen, bereits so weit fortgeschritten, dass die Schwelle zu einem Bauwerk überschritten ist, auch wenn das Bauwerk noch nicht fertiggestellt ist.

34

b) Unabhängig davon, dass es sich bei den im Betrieb des Beklagten versehenen Tätigkeiten um Montagebauarbeiten iSv. § 1 Abs. 2 Abschn. V Nr. 37 der Verfahrenstarifverträge handelt, stellen sie auch bauliche Leistungen iSv. § 1 Abs. 2 Abschn. II der Verfahrenstarifverträge dar.

35

aa) Nach § 1 Abs. 2 Abschn. II der Verfahrenstarifverträge ist der betriebliche Geltungsbereich für Betriebe eröffnet, die nach ihrer durch die Art der betrieblichen Tätigkeiten geprägten Zweckbestimmung und nach ihrer betrieblichen Einrichtung gewerblich bauliche Leistungen erbringen, die dazu dienen, Bauwerke zu erstellen, instand zu setzen, zu ändern oder zu beseitigen. Diese Voraussetzungen erfüllt der Betrieb des Beklagten.

36

bb) Der Betrieb des Beklagten hat im Streitzeitraum nach seiner „durch die Art der betrieblichen Tätigkeiten geprägten Zweckbestimmung bauliche Leistungen“ erbracht, die der Erstellung von Bauwerken dienen.

37

(1) Dieses Tarifmerkmal des § 1 Abs. 2 Abschn. II der Verfahrenstarifverträge erfüllen Betriebe, wenn sie arbeitszeitlich überwiegend Arbeiten ausführen, die irgendwie – wenn auch nur auf einem kleinen und speziellen Gebiet – der Errichtung und Vollendung von Bauwerken oder auch der Instandsetzung oder Instandhaltung von Bauwerken zu dienen bestimmt sind, sodass diese in vollem Umfang ihre bestimmungsgemäßen Zwecke erfüllen können (BAG 13. Oktober 2020 – 10 AZR 103/19 – Rn. 26; 18. Dezember 2019 – 10 AZR 424/18 – Rn. 37).

38

(2) Ausgehend davon werden im Betrieb des Beklagten nach seiner durch die Art der betrieblichen Tätigkeiten geprägten Zweckbestimmung arbeitszeitlich überwiegend bauliche Leistungen iSv. § 1 Abs. 2 Abschn. II der Verfahrenstarifverträge erbracht. Die Arbeitnehmer des Beklagten bauen Garagentore, Türen, Fenster und Elektroantriebe in die im Übrigen fertiggestellten Garagen ein. Die im Betrieb des Beklagten verrichteten Arbeiten dienen damit der Vollendung des Bauwerks „Garage“, sodass es seine bestimmungsgemäßen Zwecke erfüllen kann.

39

cc) Im Betrieb des Beklagten werden auch nach der „betrieblichen Einrichtung bauliche Leistungen“ iSv. § 1 Abs. 2 Abschn. II der Verfahrenstarifverträge erbracht.

40

(1) Dieses Tarifmerkmal des § 1 Abs. 2 Abschn. II der Verfahrenstarifverträge erfüllen Betriebe, wenn sie Leistungen mit Werkstoffen, Arbeitsmitteln und -methoden des Baugewerbes ausführen (für die st. Rspr. BAG 18. Dezember 2019 – 10 AZR 424/18 – Rn. 40; 8. Mai 2019 – 10 AZR 559/17 – Rn. 21 mwN).

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(2) Zum Einbau der Tore werden im Betrieb des Beklagten Metallschienen, Schrauben und Dübel verwendet. Teilweise werden auch Fenster und Türen mit Klemmzargen in den Betonrahmen der Fertiggarage montiert. Dabei handelt es sich um typische Arbeitsmittel und Arbeitsmethoden des Baugewerbes.

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4. Der Kläger hat der Höhe nach Anspruch auf die geforderten Beiträge für den Zeitraum von Dezember 2011 bis Mai 2017. Die Beitragshöhe ist zwischen den Parteien nicht streitig.

43

5. Die Beitragsansprüche für den Zeitraum von Dezember 2013 bis Mai 2017 sind nicht aufgrund der tarifvertraglichen Ausschlussfristen verfallen. Hinsichtlich der Beitragsansprüche für den Zeitraum von Dezember 2011 bis November 2013 ergibt sich aus den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts nicht, ob sie rechtzeitig geltend gemacht worden sind. Insoweit ist das Urteil des Landesarbeitsgerichts aufzuheben und der Rechtsstreit nach § 563 Abs. 1 ZPO an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen.

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a) Der Verfall der Beitragsansprüche richtet sich nach § 24 Abs. 1 VTV 2009, VTV 2011 und VTV 2012 sowie § 21 Abs. 1 VTV 2013 I, VTV 2013 II, VTV 2014 und VTV 2015. Danach verfallen die Ansprüche der Kasse gegen den Arbeitgeber, wenn sie nicht innerhalb von vier Jahren seit Fälligkeit geltend gemacht werden. Für den Beginn der Frist gilt § 199 BGB entsprechend. Der Verfall wird auch gehemmt, wenn die Ansprüche rechtzeitig bei Gericht anhängig gemacht werden.

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b) Aus den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts folgt, dass die Beitragsansprüche für Dezember 2013 bis Mai 2017 nicht verfallen sind. Der älteste Beitragsanspruch dieses Zeitraums für Dezember 2013 war nach § 18 Abs. 1 Satz 1 VTV 2013 I mit dem 20. Januar 2014 fällig. Damit begann die Verfallfrist für Beitragsansprüche aus diesem Zeitraum frühestens mit dem Schluss des Jahres 2014 zu laufen und endete am 31. Dezember 2018. Die Beiträge für den Zeitraum bis Oktober 2014 hat der Kläger in einer im Kammertermin am 24. Januar 2018 übergebenen Liste nach Monaten aufgeschlüsselt. Damit hat er die Beitragsansprüche für Dezember 2013 bis Oktober 2014 rechtzeitig und hinreichend konkret iSd. Ausschlussfristen der Verfahrenstarifverträge gerichtlich geltend gemacht. Die Beitragsansprüche für den Zeitraum ab November 2014 hat der Kläger rechtzeitig und hinreichend bestimmt mit verschiedenen Mahnanträgen sowie schriftsätzlich erhoben.

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c) Die Feststellungen des Landesarbeitsgerichts lassen dagegen nicht erkennen, ob die Beitragsansprüche für den Zeitraum von Dezember 2011 bis November 2013 rechtzeitig iSd. Ausschlussfristen der Verfahrenstarifverträge gerichtlich geltend gemacht worden sind. Der Kläger könnte die Ansprüche für Dezember 2011 bis November 2013 innerhalb der Verfallfrist mit verschiedenen Mahnanträgen rechtzeitig anhängig gemacht haben. Das setzt voraus, dass die Ansprüche in den Mahnanträgen in einer den Anforderungen des § 690 Abs. 1 Nr. 3 ZPO entsprechenden Weise hinreichend individualisiert worden sind (vgl. BAG 18. Dezember 2019 – 10 AZR 424/18 – Rn. 58). Macht die Sozialkasse mit einem Mahnantrag Beiträge für gewerbliche Arbeitnehmer geltend, sind die Vorgaben des § 690 Abs. 1 Nr. 3 ZPO grundsätzlich erfüllt, wenn sie darlegt, von welchem Arbeitgeber sie für welche Kalendermonate Beiträge in welcher Höhe begehrt (BAG 16. September 2020 – 10 AZR 56/19 – Rn. 66; 27. November 2019 – 10 AZR 476/18 – Rn. 20 ff., BAGE 168, 374).

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aa) Der bezifferte Beitragsanspruch für Dezember 2011 ist hinreichend bestimmt. Für ihn wird das Landesarbeitsgericht lediglich festzustellen haben, ob der betreffende Mahnantrag rechtzeitig vor Ablauf der Ausschlussfrist beim Arbeitsgericht eingegangen ist.

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bb) Hinsichtlich der Beitragsansprüche für den Zeitraum von Januar 2012 bis November 2013 wird das Landesarbeitsgericht sowohl festzustellen haben, ob die betreffenden Mahnanträge rechtzeitig bei Gericht eingegangen sind, als auch, ob die Vorgaben des § 690 Abs. 1 Nr. 3 ZPO eingehalten sind. Im Hinblick auf die Beitragsansprüche für Januar bis November 2012 wird das Landesarbeitsgericht den Umstand zu würdigen haben, dass der Mahnantrag auf den Hinweis des Gerichts, der ursprüngliche Antrag sei nicht lesbar, erneut eingereicht worden ist.

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cc) Die im Kammertermin am 24. Januar 2018 übergebene Liste über die Höhe der nach Monaten aufgeschlüsselten Bruttolohnsummen führt für den Beitragszeitraum bis November 2013 nicht dazu, dass die Ausschlussfristen eingehalten sind. Die vom Kläger für den Zeitraum von Dezember 2011 bis November 2013 geltend gemachten Beitragsansprüche sind nach § 21 Abs. 1 Satz 1 VTV 2009, VTV 2011 und VTV 2012 sowie § 18 Abs. 1 Satz 1 VTV 2013 I spätestens im Dezember 2013 fällig geworden, sodass die Verfallfrist für die jüngsten dieser Ansprüche am 31. Dezember 2017 endete. Die nötige Individualisierung konnte nach Ablauf der Ausschlussfrist am 24. Januar 2018 nicht mehr mit hemmender Wirkung nachgeholt werden. Die nachträgliche Individualisierung des Klageanspruchs kann zwar dazu führen, dass die Klage iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO zulässig wird. Sie kann den Verfall aufgrund der tarifvertraglichen Ausschlussfristen jedoch nicht rückwirkend abwenden (vgl. für die Verjährung BGH 18. Juni 2015 – III ZR 189/14 – Rn. 16; 21. Oktober 2008 – XI ZR 466/07 – Rn. 17, 19 ff.).

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6. Der Beklagte ist an die Verfahrenstarifverträge des Baugewerbes gebunden. Für den Zeitraum von Januar 2015 bis Mai 2017 ergibt sich die Bindung an den VTV 2014 und den VTV 2015 aus § 5 Abs. 4 TVG iVm. den wirksamen Allgemeinverbindlicherklärungen (AVE VTV 2015 und AVE VTV 2016). Für den gesamten streitigen Zeitraum von Dezember 2011 bis Mai 2017 ist der Beklagte nach § 7 Abs. 1 bis 7 iVm. den Anlagen 26 bis 32 SokaSiG an die Verfahrenstarifverträge gebunden. Das SokaSiG ist als Geltungsgrund für die Verfahrenstarifverträge des Baugewerbes nach Auffassung des Senats verfassungsgemäß (BAG 27. Januar 2021 – 10 AZR 384/18 – Rn. 67 ff. mwN; vgl. inzwischen auch BVerfG 11. August 2020 – 1 BvR 2654/17 – Rn. 14 ff.; 11. August 2020 – 1 BvR 1115/18 – Rn. 2 f.).

        

    Gallner    

        

    Pessinger    

        

    Pulz    

        

        

        

    Petri    

        

    Meyer