Tenor
1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 10. September 2020 – 16 Sa 45/20 – wird zurückgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.
Tatbestand
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Die Parteien streiten über die Höhe tariflicher Nachtarbeitszuschläge.
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Der Kläger leistete im streitgegenständlichen Zeitraum Nachtarbeit im Rahmen von Wechselschicht bei der Beklagten, einem Unternehmen der milchverarbeitenden Industrie. Für das Arbeitsverhältnis gilt kraft beiderseitiger Tarifgebundenheit der Manteltarifvertrag für die milchbe- und -verarbeitenden Molkereibetriebe Niedersachsen/Bremen (ohne Weser-Ems) vom 22. Januar 1997 (MTV).
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Der MTV enthält unter anderem folgende Regelungen:
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„§ 3 – Nachtarbeit |
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Als Nachtarbeit gilt die Zeit von 20.00 Uhr bis 5.00 Uhr. |
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… |
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§ 5 – Mehr-, Nacht-, Schicht-, Sonn- und Feiertagsarbeit |
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1. |
Mehrarbeit, die über die tägliche Arbeitszeit gemäß § 2 Ziff. 2 hinausgeht, wird mit einem Zuschlag zum Stundenlohn von |
25 % |
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vergütet. |
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… |
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2. |
Für die regelmäßige Nachtarbeit beträgt der Zuschlag |
25 % |
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für die unregelmäßige Nachtarbeit beträgt der Zuschlag |
50 % |
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3. |
Für die Sonntagsarbeit beträgt der Zuschlag |
60 % |
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4. |
Der Zuschlag für die an den nachfolgenden Feiertagen geleisteten Arbeitsstunden … beträgt |
150 % |
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… |
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6. |
Die Zuschläge werden von dem tatsächlichen Stundenverdienst berechnet. Beim Zusammentreffen mehrerer Zuschläge ist nur der höchste, bei gleicher Höhe nur ein Zuschlag zu zahlen, außer dem Zuschlag für Nachtarbeit, der ohne Anrechnung bleibt. |
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7. |
Arbeitnehmer, die regelmäßig Wechselschichtarbeit im Dreischichtturnus ausführen, haben für je 65 tatsächlich geleistete Nachtschichten Anspruch auf bezahlte Schichtfreizeiten. |
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Diese betragen |
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2 Tage Schichtfreizeit.“ |
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Aufgrund einer betrieblichen Vereinbarung zahlte die Beklagte für regelmäßige Nachtarbeit im 3-Schicht-Turnus in der Zeit zwischen 00:00 Uhr und 04:00 Uhr anstelle des tariflichen Nachtarbeitszuschlags von 25 % eine Nachtschichtzulage von 40 % des Stundenverdienstes. Die Schichtfreizeiten nach § 5 Nr. 7 MTV gewährte die Beklagte hingegen nicht. Der Kläger verrichtete von Februar bis Mai 2019 regelmäßige Nachtarbeit im tarifvertraglichen Sinn, für welche er einen Zuschlag von 25 % bzw. 40 % erhielt.
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Mit seiner Klage begehrt der Kläger – nach erfolgloser außergerichtlicher Geltendmachung – für die geleistete Nachtarbeit die Zahlung weiterer Nachtarbeitszuschläge in Höhe der Differenz zwischen den gezahlten Zuschlägen iHv. 25 % bzw. 40 % und dem tariflichen Zuschlag für unregelmäßige Nachtarbeit iHv. 50 % des Stundenverdienstes.
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Er hat die Auffassung vertreten, der Anspruch ergebe sich aus § 5 Nr. 2 MTV iVm. dem allgemeinen Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 GG. Nach der tariflichen Regelung erhielten Arbeitnehmer für regelmäßige Nachtarbeit – trotz Vergleichbarkeit beider Arbeitnehmergruppen – Zuschläge von nur 25 %, für unregelmäßige Nachtarbeit dagegen Zuschläge von 50 %, ohne dass für diese Ungleichbehandlung ein sachlicher Grund vorliege. Der vorrangig zu beachtende Gesundheitsschutz rechtfertige die Ungleichbehandlung nicht; andere Aspekte als dieser könnten bei Nachtarbeit höhere Zuschläge nicht rechtfertigen. Zudem sei die Teilhabe am sozialen Leben auch bei regelmäßiger Nachtarbeit deutlich erschwert. Planbarkeit könne sowohl bei regel- als auch bei unregelmäßiger Nachtarbeit vorliegen oder fehlen. Ein Zuschlag von nur 25 % für regelmäßige Nachtarbeit sei nicht vom Gestaltungsspielraum der Tarifvertragsparteien gedeckt, er verteuere die Nachtarbeit nicht ausreichend. Außerdem sei dieser Gestaltungsspielraum mit Blick darauf eingeschränkt, dass tarifvertragliche Regelungen für Nachtarbeitszuschläge der Durchführung von Unionsrecht iSv. Art. 51 Abs. 1 Satz 1 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (GRC) dienten und insoweit an Art. 20 und Art. 31 Abs. 1 GRC zu messen seien.
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Der Kläger hat beantragt,
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die Beklagte zu verurteilen, an ihn |
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1. |
für den Abrechnungszeitraum 01.02. bis 28.02.2019 einen Betrag in Höhe von 225,69 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. März 2019, |
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2. |
für den Abrechnungszeitraum 01.03. bis 31.03.2019 einen Betrag in Höhe von 149,24 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. April 2019, |
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3. |
für den Abrechnungszeitraum 01.04. bis 30.04.2019 einen Betrag in Höhe von 125,00 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. Mai 2019, |
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4. |
für den Abrechnungszeitraum 01.05. bis 31.05.2019 einen Betrag in Höhe von 210,29 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. Juni 2019 |
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zu zahlen, sowie |
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5. |
festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihm ab dem 1. Juni 2019 Nachtarbeitszuschläge des Manteltarifvertrags der Molkereien Niedersachsen/Bremen (ohne Weser-Ems) vom 22. Januar 1997 für zwischen 20:00 Uhr und 05:00 Uhr geleistete „regelmäßige Nachtarbeit“ iSd. § 5 Nr. 2 des Manteltarifvertrags in gleicher Höhe zu gewähren wie für „unregelmäßige Nachtarbeit“ iSd. § 5 Nr. 2 des Manteltarifvertrags. |
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Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Die tarifvertraglichen Zuschlagsregelungen für regelmäßige und unregelmäßige Nachtarbeit verstießen nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Zwischen regelmäßiger und unregelmäßiger Nachtarbeit bestehe ein Regel-Ausnahmeverhältnis, weil regelmäßige Nachtarbeit sehr viel häufiger anfalle als unregelmäßige Nachtarbeit. Die unterschiedliche Höhe der Nachtarbeitszuschläge überschreite auch nicht den Gestaltungsspielraum der Tarifvertragsparteien. Die Zuschlagsdifferenz verringere sich außerdem durch die Regelungen zu den Schichtfreizeiten. Der Zuschlag solle nicht nur die Erschwernis für die Arbeit in der Nacht ausgleichen, sondern kompensieren, dass die betroffenen Arbeitnehmer die Möglichkeit verlören, über ihre Freizeit zu disponieren. Arbeitgeber sollten von Eingriffen in den geschützten Freizeitbereich der Arbeitnehmer abgehalten werden. Außerdem sei die Teilhabe am sozialen Leben, etwa die Organisation der Kinderbetreuung, bei unregelmäßiger Nachtarbeit wesentlich schwerer zu organisieren. Schließlich sei eine „Anpassung nach oben“ abzulehnen.
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Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klageziel weiter.
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Der Senat hat das Revisionsverfahren im Hinblick auf zwei Vorabentscheidungsersuchen zum Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) gemäß Art. 267 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) ausgesetzt. Der EuGH hat auf die dort gestellte Frage mit Urteil vom 7. Juli 2022 geantwortet (- C-257/21 und C-258/21 – [Coca-Cola European Partners Deutschland]).
Entscheidungsgründe
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Die Revision des Klägers ist unbegründet. Der Kläger kann für den streitgegenständlichen Zeitraum keine weiteren Nachtarbeitszuschläge für die während der Nachtschichten geleisteten Arbeitsstunden verlangen.
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I. Die Klage ist zulässig.
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1. Die Leistungsklage ist hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Der Kläger hat für jeden Monat des streitgegenständlichen Zeitraums die Anzahl der geleisteten Nachtarbeitsstunden angegeben und die Klageforderung ausgehend vom tariflichen Bruttostundenlohn unter Abzug der gezahlten Nachtarbeitszuschläge berechnet. Damit ist die Klage in Bezug auf jeden Monat, für den der Kläger höhere Nachtarbeitszuschläge verlangt, als abschließende Gesamtklage zu verstehen und hinreichend bestimmt (vgl. BAG 25. Mai 2022 – 10 AZR 230/19 – Rn. 14 mwN; 21. März 2018 – 10 AZR 34/17 – Rn. 13, BAGE 162, 230).
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2. Die Feststellungsklage ist ebenfalls zulässig. Die prozessualen Voraussetzungen für eine Feststellungsklage nach § 256 Abs. 1 ZPO sind gegeben.
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a) Der Klageantrag ist darauf gerichtet, ein zwischen den Parteien bestehendes Rechtsverhältnis im Sinn von § 256 Abs. 1 ZPO festzustellen. Der Kläger hat ein rechtliches Interesse daran, dass dieses Rechtsverhältnis alsbald durch gerichtliche Entscheidung festgestellt wird.
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aa) Die Feststellungsklage muss sich nicht notwendig auf ein Rechtsverhältnis als Ganzes beziehen. Sie kann sich auf einzelne Beziehungen oder Folgen aus einem Rechtsverhältnis, auf bestimmte Ansprüche oder Verpflichtungen oder auf den Umfang einer Leistungspflicht beschränken. Das Feststellungsinteresse ist gegeben, wenn der Streit durch die Entscheidung über den Antrag insgesamt beseitigt wird und das Rechtsverhältnis der Parteien abschließend geklärt werden kann. Für einen auf die Vergangenheit bezogenen Antrag besteht dieses besondere rechtliche Interesse, wenn sich aus ihm Rechtsfolgen für die Gegenwart und Zukunft, insbesondere mögliche Ansprüche auf Vergütung, ergeben können (BAG 25. Mai 2022 – 10 AZR 230/19 – Rn. 18 mwN).
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bb) Zwischen den Parteien ist nur streitig, ob der Kläger für die in der Nachtschicht von 20:00 Uhr bis 05:00 Uhr geleisteten Arbeitsstunden den höheren Zuschlag für unregelmäßige Nachtarbeit nach § 5 Nr. 2 Alt. 2 MTV verlangen kann. Der Umfang der Leistungspflicht der Beklagten wird durch die erstrebte Feststellung abschließend geklärt. Der Kläger musste daher auch für die bereits vor Klageerhebung entstandenen und fällig gewordenen Ansprüche nicht auf Leistungsanträge übergehen (vgl. BAG 25. Mai 2022 – 10 AZR 230/19 – Rn. 18 mwN).
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II. Die Klage ist unbegründet. Der Kläger kann von der Beklagten keine weiteren Nachtarbeitszuschläge für den streitgegenständlichen Zeitraum verlangen. Ein solcher Anspruch steht ihm weder unmittelbar aus dem MTV noch wegen eines Verstoßes der Bestimmungen des MTV gegen Art. 3 Abs. 1 GG zu.
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1. Ein Anspruch auf einen höheren Nachtarbeitszuschlag ergibt sich nicht unmittelbar aus den Regelungen des MTV.
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a) Der MTV gilt im Arbeitsverhältnis der Parteien kraft beiderseitiger Tarifgebundenheit unmittelbar und zwingend (§ 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 TVG).
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b) Nach § 5 Nr. 2 MTV ist für regelmäßige Nachtarbeit ein Zuschlag von 25 % und für unregelmäßige Nachtarbeit ein Zuschlag von 50 % des tatsächlichen Stundenverdienstes zu zahlen. Da es sich bei der vom Kläger im Rahmen von Wechselschichtarbeit geleisteten Nachtarbeit um „regelmäßige Nachtarbeit“ iSv. § 5 Nr. 2 MTV handelt (vgl. zum Begriff „regelmäßig“ BAG 19. September 2007 – 4 AZR 617/06 – Rn. 16 mwN), hat er nach den Regelungen des MTV nur Anspruch auf einen Nachtarbeitszuschlag iHv. 25 % des Stundenverdienstes (§ 5 Nr. 2 Alt. 1 MTV). Davon gehen auch die Parteien übereinstimmend aus.
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2. Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf einen Nachtarbeitszuschlag iHv. 50 % des Stundenverdienstes wegen eines Verstoßes der tariflichen Differenzierung gegen Art. 3 Abs. 1 GG und einer daraus folgenden Anpassung „nach oben“. Die Regelungen des MTV stellen einen angemessenen Ausgleich für die Belastungen durch regelmäßige Nachtarbeit dar und haben Vorrang vor dem gesetzlichen Ausgleichsanspruch nach § 6 Abs. 5 ArbZG. Die Unterscheidung bei der Zuschlagshöhe für regelmäßige Nachtarbeit einerseits und unregelmäßige Nachtarbeit andererseits in § 5 Nr. 2 MTV verstößt nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG. Arbeitnehmer, die regelmäßige Nachtarbeit leisten, werden gegenüber Arbeitnehmern, die unregelmäßige Nachtarbeit erbringen, nicht gleichheitswidrig schlechter gestellt. Für die Ungleichbehandlung bei der Höhe des Nachtarbeitszuschlags gibt es einen aus dem MTV erkennbaren sachlichen Grund, der diese rechtfertigt.
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a) Die Tarifvertragsparteien sind nicht unmittelbar an Grundrechte gebunden, wenn sie tarifliche Normen setzen (st. Rspr., BAG 15. Juni 2021 – 9 AZR 413/19 – Rn. 33; 24. Februar 2021 – 10 AZR 108/19 – Rn. 26; 9. Dezember 2020 – 10 AZR 334/20 – Rn. 26, BAGE 173, 205; 19. November 2020 – 6 AZR 449/19 – Rn. 21; 2. September 2020 – 5 AZR 168/19 – Rn. 21). Die Tarifautonomie ist darauf angelegt, die strukturelle Unterlegenheit der einzelnen Arbeitnehmer beim Abschluss von Arbeitsverträgen durch kollektives Handeln auszugleichen und damit ein annähernd gleichgewichtiges Aushandeln der Vergütungen und Arbeitsbedingungen zu ermöglichen (BVerfG 11. Juli 2017 – 1 BvR 1571/15 ua. – Rn. 146, BVerfGE 146, 71). Mit der Normsetzung auf Grundlage der von Art. 9 Abs. 3 GG geschützten Tarifautonomie üben die Tarifvertragsparteien daher keine delegierte Staatsgewalt aus. Sie nehmen vielmehr privatautonom ihre Grundrechte wahr, wobei ihre Normsetzung durch den in § 4 Abs. 1 TVG enthaltenen staatlichen Geltungsbefehl tariflicher Rechtsnormen getragen wird. Mit der kollektiv ausgeübten privatautonomen Ausgestaltung der Arbeitsbedingungen durch Tarifverträge ist eine unmittelbare Grundrechtsbindung der Tarifvertragsparteien nicht zu vereinbaren. Sie führte zu einer umfassenden Überprüfung tarifvertraglicher Regelungen am Maßstab der Verhältnismäßigkeit und damit zu einer „Tarifzensur“ durch die Arbeitsgerichte (BAG 19. Dezember 2019 – 6 AZR 563/18 – Rn. 19, BAGE 169, 163; 3. Juli 2019 – 10 AZR 300/18 – Rn. 17; ErfK/Schmidt 23. Aufl. GG Einl. Rn. 47).
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b) Der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG bildet aber als fundamentale Gerechtigkeitsnorm eine ungeschriebene Grenze der Tarifautonomie. Der Schutzauftrag der Verfassung verpflichtet die Arbeitsgerichte dazu, gleichheitswidrige Differenzierungen in Tarifnormen zu unterbinden. Dementsprechend ist Tarifregelungen die Durchsetzung zu verweigern, die zu gleichheitswidrigen Differenzierungen führen (vgl. BAG 16. August 2022 – 9 AZR 490/21 – Rn. 20; 23. Februar 2021 – 3 AZR 618/19 – Rn. 39, BAGE 174, 116; 9. Dezember 2020 – 10 AZR 334/20 – Rn. 27 ff. mwN auch zur Gegenauffassung, BAGE 173, 205; 19. November 2020 – 6 AZR 449/19 – Rn. 21; 29. September 2020 – 9 AZR 364/19 – Rn. 47, BAGE 172, 313; 27. Mai 2020 – 5 AZR 258/19 – Rn. 37; 19. Dezember 2019 – 6 AZR 563/18 – Rn. 23 ff., BAGE 169, 163; 3. Juli 2019 – 10 AZR 300/18 – Rn. 18; zust. Bayreuther NZA 2019, 1684, 1686). Diese Grenze ist zu beachten, obwohl Tarifnormen nicht selten Ergebnisse tarifpolitischer Kompromisse sind („Gesamtpaket“), und kann damit zur Beschränkung der durch Art. 9 Abs. 3 GG geschützten Rechte der Tarifvertragsparteien führen (vgl. BAG 9. Dezember 2020 – 10 AZR 334/20 – Rn. 31 mwN, aaO; abl. Jacobs RdA 2023, 9, 15 ff.).
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c) Bei der Erfüllung ihres verfassungsrechtlichen Schutzauftrags haben die Gerichte allerdings zu beachten, dass den Tarifvertragsparteien als selbständigen Grundrechtsträgern bei ihrer Normsetzung aufgrund der durch Art. 9 Abs. 3 GG geschützten Tarifautonomie ein weiter Gestaltungsspielraum zusteht. Sie bestimmen in diesem Rahmen nicht nur den Zweck einer tariflichen Leistung (BAG 29. September 2020 – 9 AZR 364/19 – Rn. 47, BAGE 172, 313; 19. Dezember 2018 – 10 AZR 231/18 – Rn. 34, BAGE 165, 1). Ihnen kommt auch eine Einschätzungsprärogative zu, soweit die tatsächlichen Gegebenheiten, die betroffenen Interessen und die Regelungsfolgen zu beurteilen sind (BAG 19. Dezember 2019 – 6 AZR 563/18 – Rn. 26, BAGE 169, 163; vgl. auch BT-Drs. 12/5888 zum Entwurf des ArbZG S. 20: „Ein wesentliches Ziel des Gesetzentwurfs ist es, den Tarifvertragsparteien … im Interesse eines praxisnahen, sachgerechten und effektiven Arbeitszeitschutzes mehr Befugnisse und mehr Verantwortung als bisher zu übertragen. Die Tarifvertragsparteien kennen die in den Betrieben zu leistende Arbeit und die für die Arbeitnehmer entstehenden zeitlichen Belastungen [größere Sachnähe der Tarifvertragsparteien …]. Sie können daher viel stärker differenzieren, …“). Darüber hinaus verfügen die Tarifvertragsparteien über einen Beurteilungs- und Ermessensspielraum hinsichtlich der inhaltlichen Gestaltung der Regelungen (BAG 16. Dezember 2020 – 5 AZR 143/19 (A) – Rn. 43, BAGE 173, 251). Die Gerichte dürfen nicht eigene Gerechtigkeitsvorstellungen an die Stelle von Bewertungen der zuständigen Koalitionen setzen. Die Tarifvertragsparteien sind nicht verpflichtet, die jeweils zweckmäßigste, vernünftigste oder gerechteste Lösung zu wählen. Es genügt, wenn für die getroffene Regelung ein sachlich vertretbarer Grund besteht (BAG 23. Februar 2021 – 3 AZR 618/19 – Rn. 40, BAGE 174, 116; 9. Dezember 2020 – 10 AZR 334/20 – Rn. 41, BAGE 173, 205; 19. Dezember 2019 – 6 AZR 563/18 – aaO; 24. Oktober 2019 – 2 AZR 158/18 – Rn. 34, BAGE 168, 238; 15. April 2015 – 4 AZR 796/13 – Rn. 32, BAGE 151, 235).
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Dies bedingt im Ergebnis eine deutlich zurückgenommene Prüfungsdichte durch die Gerichte (BAG 9. Dezember 2020 – 10 AZR 334/20 – Rn. 42, BAGE 173, 205). Ein Verstoß gegen das allgemeine Gleichheitsgrundrecht ist erst dann anzunehmen, wenn die Tarifvertragsparteien es versäumt haben, tatsächliche Gemeinsamkeiten oder Unterschiede der zu ordnenden Lebensverhältnisse zu berücksichtigen, die so bedeutsam sind, dass sie bei einer am Gerechtigkeitsgedanken orientierten Betrachtungsweise hätten beachtet werden müssen. Bei der Gruppenbildung dürfen sie generalisieren und typisieren. Allerdings müssen die Differenzierungsmerkmale im Normzweck angelegt sein und dürfen ihm nicht widersprechen. Auf abstrakt denkbare Zwecke kommt es dabei nicht an, sondern auf solche, die den Tarifnormen im Weg der Auslegung zu entnehmen sind. Diese können sich insbesondere aus den in der Regelung selbst normierten Voraussetzungen sowie den Ausschluss- und Kürzungstatbeständen ergeben, die die Tarifvertragsparteien unter Beachtung ihres Gestaltungsspielraums festgelegt haben (BAG 12. Oktober 2021 – 9 AZR 577/20 (B) – Rn. 34 mwN). Das gilt unabhängig davon, ob es sich um Verbandstarifverträge, unternehmensbezogene Verbandstarifverträge oder Tarifverträge mit einzelnen Arbeitgebern handelt.
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d) Diese Grundsätze gelten im Ausgangspunkt auch für tarifvertragliche Regelungen über den Ausgleich der Belastungen durch Nachtarbeit. Allerdings können solche tariflichen Regelungen den gesetzlichen Ausgleichsanspruch nach § 6 Abs. 5 ArbZG nur verdrängen, wenn sie unter Beachtung des Gesundheitsschutzes der Nachtarbeitnehmer tatsächlich einen angemessenen Ausgleich gewährleisten.
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aa) Das Bundesverfassungsgericht hat für den Bereich der Nachtarbeit erkannt, dass der Gesetzgeber verpflichtet ist, den Schutz der Arbeitnehmer vor den schädlichen Folgen der Nachtarbeit zu regeln. Eine solche Regelung war notwendig, um dem objektiven Gehalt der Grundrechte, insbesondere dem Recht auf körperliche Unversehrtheit aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG, zu genügen. Für dieses Grundrecht besteht eine staatliche Schutzpflicht. Dem Gesetzgeber kommt dabei ein weiter Einschätzungs-, Wertungs- und Gestaltungsfreiraum zu, um die Schutzpflicht zu erfüllen (BVerfG 28. Januar 1992 – 1 BvR 1025/82 ua. – zu C III 3 der Gründe, BVerfGE 85, 191; BAG 9. Dezember 2020 – 10 AZR 334/20 – Rn. 44, BAGE 173, 205).
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bb) Der Gesetzgeber ist dem Schutzauftrag mit § 6 Abs. 5 ArbZG nachgekommen. Die Norm überantwortet die Schaffung von Ausgleichsregelungen für geleistete Nachtarbeit wegen ihrer größeren Sachnähe vorrangig den Tarifvertragsparteien. Die gesetzlichen Ansprüche greifen nur subsidiär (vgl. BAG 9. Dezember 2020 – 10 AZR 334/20 – Rn. 45 mwN, BAGE 173, 205). Auch bei solchen tarifvertraglichen Ausgleichsregelungen für Nachtarbeit handelt es sich aber um originär ausgeübte Tarifautonomie (BAG 9. Dezember 2020 – 10 AZR 334/20 – Rn. 46, aaO; aA Kohte Gutachten zu Nachtarbeitszuschlagsregelungen S. 21). Der verfassungsrechtlich gewährleistete Schutz der Koalitionsfreiheit ist nicht auf den Bereich des Unerlässlichen beschränkt. Er geht über den Kernbereich des Art. 9 Abs. 3 GG hinaus und erstreckt sich auf alle koalitionsspezifischen Verhaltensweisen (BVerfG 12. Juni 2018 – 2 BvR 1738/12 ua. – Rn. 115 mwN, BVerfGE 148, 296).
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cc) Die Tarifvertragsparteien sind frei in ihrer Entscheidung, ob sie einen tariflichen Ausgleich für erbrachte Nachtarbeit regeln wollen. Dies gilt sowohl im Anwendungsbereich des § 6 Abs. 5 ArbZG als auch darüber hinaus. So können sie beispielsweise die Nachtzeit gegenüber den Bestimmungen des ArbZG erweitern oder auch Arbeitnehmern, die keine Nachtarbeitnehmer nach § 2 Abs. 5 ArbZG sind, einen Ausgleichsanspruch gewähren. Entscheiden sie sich aber im Anwendungsbereich des § 6 Abs. 5 ArbZG dafür, eine Regelung zu treffen, sind sie – anders als regelmäßig sonst bei der Gewährung tariflicher Leistungen – in einem gewissen Maß inhaltlich gebunden. Sie haben zu beachten, dass der Gesundheitsschutz beim Ausgleich der Belastungen durch Nachtarbeit im Vordergrund steht und diesem Genüge getan werden muss. Die tarifliche Regelung muss die mit der Nachtarbeit verbundenen Belastungen angemessen kompensieren (BAG 9. Dezember 2020 – 10 AZR 332/20 (A) – Rn. 72 mwN, BAGE 173, 165; 13. Dezember 2018 – 6 AZR 549/17 – Rn. 18; 17. Januar 2012 – 1 ABR 62/10 – Rn. 15 mwN; 18. Mai 2011 – 10 AZR 369/10 – Rn. 18; Baeck/Deutsch/Winzer ArbZG 4. Aufl. § 6 Rn. 83; BeckOK ArbSchR/Höfer Stand 1. Januar 2023 ArbZG § 6 Rn. 51, 53; BeckOK ArbR/Kock Stand 1. Dezember 2022 ArbZG § 6 Rn. 25 f.; Creutzfeldt/Eylert ZFA 2020, 239, 269; Kohte FS Buschmann 2014 S. 71, 81; Raab ZFA 2014, 237, 244; J. Ulber AuR 2020, 157, 161 f.; aA Höpfner Die Rechtmäßigkeit der tarifvertraglichen Zuschlagsregelungen für geleistete Nachtarbeit am Maßstab des Art. 3 Abs. 1 GG S. 26 f.; wohl auch Neumann/Biebl ArbZG 16. Aufl. § 6 Rn. 26). Nur dann kann die tarifliche Regelung den gesetzlichen Ausgleichsanspruch nach § 6 Abs. 5 ArbZG hinsichtlich des die Nachtarbeit leistenden Arbeitnehmers verdrängen. Das folgt schon aus dem Wortsinn des Begriffs „Ausgleichsregelung“ in § 6 Abs. 5 ArbZG und entspricht dem Sinn und Zweck des Gesundheitsschutzes (BAG 17. Januar 2012 – 1 ABR 62/10 – aaO).
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dd) Bei der näheren Ausgestaltung, wie eine solche angemessene Kompensation erfolgen soll, sind die Tarifvertragsparteien hingegen im Rahmen der Tarifautonomie freier als der unmittelbar an § 6 Abs. 5 ArbZG gebundene Arbeitgeber. Ihnen kommt ein Beurteilungsspielraum zu, wie sie den Ausgleich für die Nachtarbeit regeln wollen (BAG 18. Mai 2011 – 10 AZR 369/10 – Rn. 18; HK-ArbZeitR/Lorenz 2. Aufl. ArbZG § 6 Rn. 127). § 6 Abs. 5 ArbZG sieht für tarifliche Regelungen keine konkreten Mindestvorgaben vor. Erforderlich, aber auch ausreichend ist, dass die tarifvertragliche Regelung den mit § 6 Abs. 5 ArbZG verfolgten Zwecken (vgl. dazu zuletzt BAG 25. Mai 2022 – 10 AZR 230/19 – Rn. 28, 36 mwN) bei einer Gesamtbetrachtung gerecht wird. Die Tarifvertragsparteien sind deshalb auch nicht an die von der Rechtsprechung entwickelten Regelwerte für gesetzliche Nachtarbeitszuschläge gebunden (aA Kohte Gutachten zu Nachtarbeitszuschlagsregelungen S. 14; J. Ulber AuR 2020, 157, 162 f.).
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ee) Soweit tarifvertragliche Ausgleichsregelungen für Nachtarbeit einen Anspruch auf bezahlten Freizeitausgleich begründen, tritt unmittelbar eine gesundheitsschützende Wirkung in den Fällen ein, in denen sich die Dauer der Arbeitszeit für den Arbeitnehmer durch den bezahlten Freizeitausgleich insgesamt verringert und er zeitnah gewährt wird. Nachtarbeitszuschläge wirken sich dagegen nicht positiv auf die Gesundheit des betroffenen Arbeitnehmers aus. Der individuelle Gesundheitsschaden wird über den Zuschlag kommerzialisiert. Die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers wird verteuert, um auf diesem Weg allgemein Nachtarbeit einzudämmen, wodurch die Gesundheit mittelbar geschützt wird. Außerdem soll der Nachtarbeitszuschlag den Arbeitnehmer in einem gewissen Umfang für die erschwerte Teilhabe am sozialen Leben entschädigen (vgl. BAG 9. Dezember 2020 – 10 AZR 334/20 – Rn. 48 mwN, BAGE 173, 205).
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e) Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze haben die Tarifvertragsparteien für Beschäftigte, die – wie der Kläger – regelmäßig Nachtarbeit im Rahmen von Wechselschichtarbeit leisten, im MTV Regelungen geschaffen, die den Zwecken des § 6 Abs. 5 ArbZG gerecht werden und die mit der Nachtarbeit verbundenen Belastungen angemessen kompensieren. Damit werden die gesetzlichen Ausgleichsansprüche für die streitgegenständlichen Schichtzeiten verdrängt.
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aa) Ob im jeweiligen Tarifvertrag ein angemessener Ausgleich für die Belastungen durch die Nachtarbeit vorgesehen ist und die entsprechende Regelung den gesetzlichen Ausgleichsanspruch nach § 6 Abs. 5 ArbZG verdrängt, ist jeweils anhand der betroffenen Arbeitnehmergruppe – hier die Arbeitnehmer, die regelmäßig Nachtarbeit leisten – und der konkreten Arbeitssituation, die im Streit steht, zu prüfen. Eine Gesamtbetrachtung des Tarifvertrags im Hinblick auf seinen persönlichen Geltungsbereich ist nicht vorzunehmen. Eine solche würde auf der einen Seite nicht sicherstellen, dass für jeden einzelnen Nachtarbeitnehmer iSd. ArbZG ein angemessener tariflicher Ausgleichsanspruch besteht. Auf der anderen Seite kann der Umstand, dass es für einzelne Arbeitnehmergruppen an einem angemessenen Ausgleich fehlt (vgl. zu einer solchen Fallgestaltung zB BAG 18. Mai 2011 – 10 AZR 369/10 -) nicht dazu führen, dass tarifliche Regelungen, die für andere Gruppen einen angemessenen Ausgleich beinhalten, entgegen § 6 Abs. 5 ArbZG der Vorrang verwehrt wird.
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bb) Danach wird § 6 Abs. 5 ArbZG auch im Hinblick auf Beschäftigte, die regelmäßige Nachtarbeit im Rahmen von Wechselschichtarbeit leisten, durch die streitgegenständliche tarifliche Regelung verdrängt. Diese erhalten grundsätzlich einen tariflichen Nachtarbeitszuschlag iHv. 25 % auf den tatsächlichen Stundenverdienst (§ 5 Nr. 2 Alt. 1 MTV). Dieser Wert erhöht sich nicht durch den in § 5 Nr. 7 MTV geregelten Anspruch auf zwei Tage Schichtfreizeit für je 65 geleistete Nachtschichten. Dabei handelt es sich nicht um einen spezifischen Ausgleich für Nachtarbeit im Rahmen von Wechselschicht, sondern – jedenfalls vorrangig – um eine Kompensation für die Belastungen durch den Schichtwechsel. Denn dieser Anspruch besteht nicht bei ständiger Nachtschichtarbeit. Dem Tarifvertrag lässt sich auch nicht entnehmen, dass regelmäßige Nachtarbeit in seinem Geltungsbereich nach den Vorstellungen der Tarifvertragsparteien nur im Rahmen von Wechselschicht im Dreischichtturnus anfallen kann. Gleichwohl stellt im Rahmen der bei der Beurteilung der Angemessenheit notwendigen wertenden Betrachtung der von den Tarifvertragsparteien vorgesehene Ausgleich unter Berücksichtigung der Art der zu leistenden Arbeit, also der Gegenleistung der Arbeitnehmer (vgl. dazu BAG 25. Mai 2022 – 10 AZR 230/19 – Rn. 26 mwN), eine hinreichende Kompensation für die mit der Nachtarbeit verbundene Erschwernis dar und beinhaltet eine Entschädigung für die erschwerte Teilhabe am sozialen Leben.
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cc) Soweit der Kläger darauf verweist, dass eine Regelung, die für regelmäßige Nachtarbeit geringere Zuschläge gewährt als für unregelmäßige Nachtarbeit, die gesetzliche Zielsetzung missachte und deshalb unwirksam sei, vermag dies nicht zu überzeugen (so aber zB auch J. Ulber AuR 2020, 157, 163). Dies vermengt die Frage der Angemessenheit des Ausgleichs mit der Frage der Gleichbehandlung. Die Frage der Angemessenheit iSv. § 6 Abs. 5 ArbZG richtet sich aber nicht danach, ob andere Arbeitnehmer den gleichen oder ggf. einen höheren Nachtarbeitszuschlag erhalten.
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f) Die im MTV enthaltene Differenzierung zwischen den Zuschlägen für regelmäßige und unregelmäßige Nachtarbeit in § 5 Nr. 2 MTV verstößt auch nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Es liegen zwar miteinander vergleichbare Arbeitnehmergruppen vor. Allerdings ist die unterschiedliche Behandlung bei den Zuschlägen für regelmäßige und unregelmäßige Nachtarbeit sachlich gerechtfertigt. Mit dem höheren Zuschlag soll – wie die Auslegung der Bestimmungen des MTV ergibt – die schlechtere Planbarkeit unregelmäßiger Nachtarbeit ausgeglichen werden. Dieser erkennbare Wille der Tarifvertragsparteien ist Teil deren ausgeübter Tarifautonomie und genügt als sachlicher Grund.
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aa) Arbeitnehmer, die regelmäßige bzw. unregelmäßige Nachtarbeit iSd. MTV leisten, sind miteinander vergleichbar. Die jeweiligen Zuschlagstatbestände knüpfen übereinstimmend an die Arbeitsleistung in der tarifvertraglich definierten Nachtzeit an, die sich – insbesondere durch das Maß an Belastung – von der Arbeit zu anderen Zeiten unterscheidet (vgl. BAG 9. Dezember 2020 – 10 AZR 334/20 – Rn. 50 ff. mwN auch zu krit. Stimmen, BAGE 173, 205). Dem steht auch nicht entgegen, dass die Tarifvertragsparteien grundsätzlich autonom die Tatbestandsvoraussetzungen festlegen können, auf deren Grundlage die Gruppen zu bilden sind. Das entbindet sie nicht davon, die Grenzen von Art. 3 Abs. 1 GG zu beachten. Die sich dabei stellende Frage, ob sachliche Gründe für die unterschiedliche Behandlung vorliegen, ist auf der Rechtfertigungsebene zu klären (vgl. BAG 9. Dezember 2020 – 10 AZR 334/20 – Rn. 52, aaO; aA zB Creutzfeldt/Eylert ZFA 2020, 239, 267 f.; ähnlich Höpfner Die Rechtmäßigkeit der tarifvertraglichen Zuschlagsregelungen für geleistete Nachtarbeit am Maßstab des Art. 3 Abs. 1 GG S. 16 ff.; Kleinebrink NZA 2019, 1458, 1461).
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bb) Die unterschiedlich hohen Zuschläge für Nachtarbeit in § 5 Nr. 2 MTV führen dazu, dass zwei Gruppen von Arbeitnehmern, die nachts arbeiten, ungleich behandelt werden. Der Ausgleich, den Arbeitnehmer für unregelmäßige Nachtarbeit erhalten, ist deutlich höher als derjenige für regelmäßige Nachtarbeit.
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(1) Nach § 5 Nr. 2 MTV erhalten Arbeitnehmer für regelmäßige Nachtarbeit einen Zuschlag von 25 % des tariflichen Stundenverdienstes, während der Zuschlag für unregelmäßige Nachtarbeit 50 % beträgt. Das führt zu einer Differenz iHv. 25 Prozentpunkten.
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(2) Diese Differenz zwischen den beiden Zuschlagstatbeständen verringert sich nicht dadurch, dass nach § 5 Nr. 7 MTV für je 65 Nachtschichten zwei Tage Schichtfreizeit zu gewähren sind. Dabei handelt es sich nicht um einen spezifischen Ausgleich für die Belastungen durch die Arbeit in der Nachtzeit (vgl. Rn. 35).
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cc) Die Ungleichbehandlung von Arbeitnehmern, die regelmäßige Nachtarbeit leisten, gegenüber Arbeitnehmern, die unregelmäßige Nachtarbeit leisten, ist aber durch einen sachlichen Grund gerechtfertigt.
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(1) Die Tarifvertragsparteien sind im Rahmen ihrer Einschätzungsprärogative nicht gehindert, tatsächliche Unterschiede hinsichtlich der Belastungen durch regelmäßige und unregelmäßige Nachtarbeit anzunehmen. Dabei sind sie nicht auf gesundheitliche Aspekte beschränkt. Diese tatsächlichen Unterschiede vermögen auf der Regelungsebene aufgrund des den Tarifvertragsparteien zukommenden Beurteilungs- und Ermessensspielraums einen – auch deutlich – höheren Ausgleich für unregelmäßige Nachtarbeit zu rechtfertigen. Dabei hat sich die Prüfung der sachlichen Rechtfertigung der unterschiedlichen Behandlung am – aus dem Tarifvertrag erkennbaren – Zweck der Leistung zu orientieren (BAG 19. Dezember 2018 – 10 AZR 231/18 – Rn. 66, BAGE 165, 1; 23. März 2017 – 6 AZR 161/16 – Rn. 55, BAGE 158, 360). Ein solch weiterer Zweck liegt hier vor. Nach dem erkennbaren Willen der Tarifvertragsparteien soll mit dem höheren Zuschlag auch die schlechtere Planbarkeit unregelmäßiger Nachtarbeit ausgeglichen werden. Das ergibt die Auslegung der tariflichen Regelungen.
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(2) Die Auslegung des normativen Teils eines Tarifvertrags, die in der Revisionsinstanz in vollem Umfang überprüfbar ist, folgt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts den für die Auslegung von Gesetzen geltenden Regeln. Danach ist zunächst vom Tarifwortlaut auszugehen, ohne am Buchstaben zu haften. Dabei sind der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien und damit der Sinn und Zweck der Tarifnorm mit zu berücksichtigen, soweit sie in den tariflichen Normen ihren Niederschlag gefunden haben. Auch auf den tariflichen Gesamtzusammenhang ist abzustellen. Verbleiben noch Zweifel, können ohne Bindung an eine Reihenfolge weitere Kriterien wie die Entstehungsgeschichte des Tarifvertrags, ggf. auch die praktische Tarifübung, ergänzend herangezogen werden. Im Zweifel ist die Tarifauslegung zu wählen, die zu einer vernünftigen, sachgerechten, zweckorientierten und praktisch brauchbaren Regelung führt (st. Rspr., zB BAG 16. November 2022 – 10 AZR 210/19 – Rn. 13 mwN).
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(3) Dies zugrunde gelegt ergibt sich zunächst, dass die Tarifvertragsparteien mit der Regelung von Nachtarbeitszuschlägen den Gesundheitsschutz der Nachtarbeitnehmer bezwecken. Das gilt sowohl im Hinblick auf den Zuschlag für regelmäßige Nachtarbeit als auch für unregelmäßige Nachtarbeit. Dieser Zweck stellt aber keinen Sachgrund für höhere Zuschläge zugunsten der Arbeitnehmer dar, die unregelmäßig Nachtarbeit leisten.
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(a) Der Zweck des Gesundheitsschutzes ist zwar nicht ausdrücklich im MTV benannt. Er hat aber hinreichend Niederschlag gefunden. Die Zuschläge werden ausdrücklich als solche für Nachtarbeit bezeichnet (§ 5 Nr. 2 MTV). Der MTV definiert den Begriff der Nachtarbeit als die Zeit zwischen 20:00 Uhr und 05:00 Uhr, knüpft damit an § 2 Abs. 3 ArbZG an und erweitert den Nachtzeitraum. Vor dem Hintergrund der gesetzlichen Ausgleichsregelung des § 6 Abs. 5 ArbZG und dem dort normierten grundsätzlichen Vorrang von Ausgleichsregelungen in Tarifverträgen liegt nahe, dass die Tarifvertragsparteien von dieser Kompetenz Gebrauch machen und auch der gesetzlichen Zwecksetzung genügen wollten. Die Gesundheit – über die Verteuerung der Arbeit zumindest mittelbar – zu schützen, ist der typischerweise mit Nachtarbeitszuschlägen verfolgte Zweck (vgl. BAG 25. Mai 2022 – 10 AZR 230/19 – Rn. 25).
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(b) Der Zweck des Gesundheitsschutzes vermag die Ungleichbehandlung allerdings nicht zu rechtfertigen.
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(aa) Nachtarbeit ist nach gesicherten arbeitswissenschaftlichen Erkenntnissen für jeden Menschen schädlich, weil sie negative gesundheitliche Auswirkungen hat (BVerfG 28. Januar 1992 – 1 BvR 1025/82 ua. – zu C I 2 a der Gründe, BVerfGE 85, 191; ebenso BAG 9. Dezember 2020 – 10 AZR 334/20 – Rn. 70 f., BAGE 173, 205; 15. Juli 2020 – 10 AZR 123/19 – Rn. 27 mwN, BAGE 171, 280; 21. März 2018 – 10 AZR 34/17 – Rn. 49, BAGE 162, 230; 18. Oktober 2017 – 10 AZR 47/17 – Rn. 39, BAGE 160, 325; Schlachter/Heinig/Bayreuther Europäisches Arbeits- und Sozialrecht [EnzEuR Bd. 7] § 11 Rn. 33; EuArbRK/Gallner 3. Aufl. RL 2003/88/EG Art. 8 Rn. 3 mwN). Das gilt im Ausgangspunkt unabhängig davon, ob sie innerhalb oder außerhalb von Schichtsystemen geleistet wird. Die gesundheitliche Belastung durch Nachtarbeit steigt nach bisherigem Kenntnisstand in der Arbeitsmedizin durch die Zahl der Nächte im Monat und die Zahl der aufeinanderfolgenden Nächte, in denen Nachtarbeit geleistet wird (BAG 25. Mai 2022 – 10 AZR 230/19 – Rn. 24; 15. Juli 2020 – 10 AZR 123/19 – aaO; 9. Dezember 2015 – 10 AZR 423/14 – Rn. 17 mwN, BAGE 153, 378; 11. Dezember 2013 – 10 AZR 736/12 – Rn. 19, BAGE 147, 33).
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(bb) Durch Arbeit während der Nachtzeit wird die sog. zirkadiane Rhythmik gestört. Zu der sozialen Desynchronisation kommt die physiologische Desynchronisation der Körperfunktionen, die sich typischerweise in Schlafstörungen, Magen-Darm-Beschwerden und kardiovaskulären Beeinträchtigungen äußert (Beermann Nacht- und Schichtarbeit – ein Problem der Vergangenheit? S. 4 f. = https://d-nb.info/992446481/34; Langhoff/Satzer Gutachten zu arbeitswissenschaftlichen Erkenntnissen zu Nachtarbeit und Nachtschichtarbeit S. 26 ff., 37 f.; DGUV Report 1/2012 S. 81 f., 91 ff., 119 ff.). Sekundärstudien deuten darauf hin, dass sich Nachtarbeit auch negativ auf die Psyche auswirkt (vgl. Amlinger-Chatterjee Psychische Gesundheit in der Arbeitswelt S. 31). Anerkannt ist, dass Nachtarbeit umso schädlicher ist, in je größerem Umfang sie geleistet wird (BAG 25. Mai 2022 – 10 AZR 230/19 – Rn. 24; 15. Juli 2020 – 10 AZR 123/19 – Rn. 27 mwN, BAGE 171, 280; 9. Dezember 2015 – 10 AZR 423/14 – Rn. 17 mwN, BAGE 153, 378; vgl. auch den siebten Erwägungsgrund der Richtlinie 2003/88/EG; Mitteilung der Europäischen Kommission zu Auslegungsfragen in Bezug auf die Richtlinie 2003/88/EG des Europäischen Parlaments und des Rates über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung, ABl. EU C 165 vom 24. Mai 2017 S. 42).
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(cc) Aufgrund der steigenden gesundheitlichen Belastung durch eine größere Zahl der Nächte im Monat und eine höhere Zahl der aufeinanderfolgenden Nächte, in denen Nachtarbeit geleistet wird, sollten möglichst wenige Nachtschichten aufeinanderfolgen. Dem steht nicht entgegen, dass viele Schichtarbeitnehmer, die in einem Rhythmus von fünf und mehr aufeinanderfolgenden Nachtschichten arbeiten, subjektiv den Eindruck haben, dass sich ihr Körper der Nachtschicht besser anpasst. Das trifft nicht zu (vgl. Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin Leitfaden zur Einführung und Gestaltung von Nacht- und Schichtarbeit 9. Aufl. S. 12 f.; Langhoff/Satzer Gutachten zu arbeitswissenschaftlichen Erkenntnissen zu Nachtarbeit und Nachtschichtarbeit S. 32). Aufeinanderfolgende Nachtschichten sind besonders schädlich, obwohl sich Arbeitnehmer typabhängig unterschiedlich gut an die Nachtarbeit anpassen (BAG 9. Dezember 2020 – 10 AZR 334/20 – Rn. 72, BAGE 173, 205; 9. Dezember 2015 – 10 AZR 423/14 – Rn. 17, BAGE 153, 378; 11. Dezember 2013 – 10 AZR 736/12 – Rn. 19 f. mwN, BAGE 147, 33; vgl. Langhoff/Satzer aaO S. 36). Bislang ist nicht belegt, dass aufeinanderfolgende Nachtschichten signifikant weniger gesundheitsschädlich sind, wenn Arbeitnehmer nach einem Schichtplan eingesetzt werden, der ihnen im Voraus bekannt ist. Nach Amlinger-Chatterjee zeigen extrahierte statistische Daten lediglich eine tendenziell geringere gesundheitliche Belastung, wenn die Arbeitszeiten vorhersagbar sind (Psychische Gesundheit in der Arbeitswelt S. 52).
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(dd) Nach diesen Erkenntnissen läge es unter den Aspekten des Gesundheitsschutzes betrachtet näher, die regelmäßig in erheblichem Umfang geleistete Nachtarbeit mit höheren Zuschlägen zu vergüten als die gelegentlich außerhalb von Schichtsystemen geleistete Nachtarbeit (BAG 9. Dezember 2020 – 10 AZR 334/20 – Rn. 70, BAGE 173, 205; aA Höpfner Die Rechtmäßigkeit der tarifvertraglichen Zuschlagsregelungen für geleistete Nachtarbeit am Maßstab des Art. 3 Abs. 1 GG S. 31). Jedenfalls können danach Gesundheitsschutzaspekte die im MTV vorgenommene Differenzierung für sich genommen sachlich nicht rechtfertigen.
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(4) Soweit die Beklagte darauf hinweist, unregelmäßige Nachtarbeit falle sehr viel seltener an als regelmäßige (Schicht-)Nachtarbeit und betreffe insoweit nur eine geringe Anzahl von Arbeitnehmern, ergibt sich auch aus einem solchen Ausnahmecharakter für sich genommen kein sachlicher Grund, der die Ungleichbehandlung rechtfertigen könnte. Der mögliche Ausnahmecharakter wäre zwar ein Umstand, der auf einen bestimmten Zweck der Leistung hindeuten kann, nicht aber ein selbständiger Zweck, der mit der Tarifregelung verfolgt wird. Auch die Größe der jeweils betroffenen Arbeitnehmergruppe – sollte die Beklagte hierauf abstellen – vermag die Begünstigung einer Mehrheit oder Minderheit allein nicht zu rechtfertigen. Denn Ungleichbehandlungen sind – dem Grundgedanken des Gleichheitsgebots folgend – unabhängig von der Größe der betroffenen Gruppen zu vermeiden.
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(5) Ein Sachgrund ergibt sich aber aus dem von den Tarifvertragsparteien mit dem höheren Nachtarbeitszuschlag ebenfalls verfolgten Zweck, gerade die Belastungen durch die schlechter vorhersehbaren und somit schlechter planbaren Nachtarbeitszeiten bei unregelmäßiger Nachtarbeit auszugleichen. Dieser Zweck hat auch ausreichend Niederschlag im MTV gefunden.
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(a) § 5 Nr. 2 MTV benennt nicht ausdrücklich, welchem Zweck die höheren Zuschläge für unregelmäßige Nachtarbeit dienen. Durch die Gegenüberstellung des Begriffspaares „regelmäßig“ und „unregelmäßig“ im Zusammenhang mit der Nachtarbeit lässt sich der damit verbundene weitere Zweck aber aus der Tarifnorm erkennen.
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(aa) „Regelmäßig“ bedeutet „einer bestimmten festen Ordnung, Regelung (die besonders durch zeitlich stets gleiche Wiederkehr, gleichmäßige Aufeinanderfolge gekennzeichnet ist) entsprechend, ihr folgend“ (www.duden.de Stichwort „regelmäßig“, zuletzt abgerufen am 20. Februar 2023). Unregelmäßig bedeutet das Gegenteil, folgt gerade keiner Regel und erfolgt in ungleichen Abständen (www.duden.de Stichwort „unregelmäßig“, zuletzt abgerufen am 20. Februar 2023; vgl. zu diesem Begriffspaar auch BAG 19. September 2007 – 4 AZR 617/06 – Rn. 16). Bei typisierender Betrachtung folgt hieraus, dass regelmäßige Nachtarbeit besser vorhersehbar und planbar ist als unregelmäßige Nachtarbeit. Das gilt unabhängig davon, wie oft regelmäßige Nachtarbeit geleistet wird. Typischerweise werden bei dieser Art der Nachtarbeit (Schicht-)Pläne mit zeitlichem Vorlauf aufgestellt, die einem gewissen Rhythmus folgen. Deshalb ist es auch besser möglich, dass der Arbeitnehmer sich auf diese regelmäßig geschuldete Arbeitsleistung einstellt und sein privates Umfeld ggf. darauf ausrichtet. Unregelmäßige Nachtarbeit richtet sich dagegen nicht nach festen Regeln, sondern folgt üblicherweise einem weniger vorhersehbaren Bedarf (BAG 9. Dezember 2020 – 10 AZR 332/20 (A) – Rn. 130, BAGE 173, 165).
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(bb) Mit Blick auf die Gegenüberstellung des Begriffspaares „regelmäßig“ und „unregelmäßig“ kann deshalb davon ausgegangen werden, dass die Tarifvertragsparteien angenommen haben, unregelmäßige Nachtarbeit sei aufgrund der typischerweise gegebenen Unvorhersehbarkeit schlechter planbar und mit ihr seien neben der gesundheitlichen Belastung durch die Nachtarbeit weitere Belastungen verbunden. Wird unregelmäßige Nachtarbeit geleistet, werden diese weiteren Belastungen mit dem höheren Nachtarbeitszuschlag finanziell kompensiert (zur anders gelagerten Belastung vgl. auch BAG 11. Dezember 2013 – 10 AZR 736/12 – Rn. 23, BAGE 147, 33). Dies entspricht dem langjährigen Begriffsverständnis in der Rechtsprechung zur Differenzierung bei Zuschlägen für regelmäßige und unregelmäßige bzw. planbare und unplanbare Nachtarbeit auch bereits vor Abschluss des hier maßgeblichen MTV. Dieses ging dahin, „unregelmäßige“ Nachtarbeit sei weniger vorhersehbar und die ungeplante und nicht vorhersehbare Heranziehung bringe eine weitere, anders gelagerte Belastung – nicht unbedingt gesundheitlicher Art – mit sich (vgl. BAG 4. Juli 1973 – 4 AZR 475/72 -; 26. September 2007 – 5 AZR 808/06 – Rn. 31 ff.; 11. Dezember 2013 – 10 AZR 736/12 – aaO). Es ist davon auszugehen, dass diese Rechtsprechung den Tarifvertragsparteien bekannt war und dieses Verständnis sich auch in der hier streitgegenständlichen Regelung widerspiegelt (zur Fortführung eines bestimmten Begriffs durch die Tarifvertragsparteien vgl. zB BAG 24. März 2010 – 10 AZR 58/09 – Rn. 22, BAGE 134, 34).
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(b) Der Zweck des Ausgleichs der schlechteren Planbarkeit der unregelmäßigen Nachtarbeit vermag die Ungleichbehandlung bei der Zuschlagshöhe zu rechtfertigen. Es handelt sich um einen sachlich vertretbaren Grund. Dabei ist unerheblich, dass mit der tariflichen Zuschlagsregelung des MTV mehrere Zwecke gebündelt verfolgt werden und wie der weitere Zweck von den Tarifvertragsparteien finanziell bewertet wird.
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(aa) Die Tarifvertragsparteien sind grundsätzlich frei darin, in Ausübung ihrer grundrechtlich geschützten autonomen Regelungsmacht den Zweck einer tariflichen Leistung zu bestimmen. Es ist ihnen überlassen, die ihrer Ansicht nach auftretenden, prognostizierten Probleme in Bezug auf unregelmäßige Nachtarbeit im Vergleich zur regelmäßigen Nachtarbeit mit einem höheren Zuschlag zu vergüten. Den Gerichten ist eine eigene Bewertung nicht vorbehalten. Sie dürfen ihre Gerechtigkeitsvorstellungen nicht an die Stelle derjenigen der Tarifvertragsparteien setzen. Gleiches gilt für die Frage, mit welcher Regelungstechnik die Tarifvertragsparteien ihre Zwecksetzung im Tarifvertrag umsetzen wollen. So können die verschiedenen Erschwernisse mit getrennten Zuschlägen bedacht werden, was im Hinblick auf die Erkennbarkeit ihrer jeweiligen Zwecksetzung sicherlich vorzugswürdig ist. Ebenso ist es aber möglich, mit einem Zuschlag mehrere Zwecke zu verbinden und diese als sachlichen Grund für eine Ungleichbehandlung heranzuziehen, solange diese Zwecke aus den Tarifregelungen erkennbar sind (Rn. 25 f.).
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(bb) Entgegen der Auffassung der Klägerseite gilt für Zuschläge, die auch dem Ausgleich der durch Nachtarbeit hervorgerufenen Erschwernisse dienen, nichts anderes. Weder § 6 Abs. 5 ArbZG noch andere Arbeitsschutzbestimmungen schreiben vor, dass Ausgleichsregelungen für Nachtarbeit ausschließlich diesem Zweck dienen müssen. Erforderlich, aber auch ausreichend ist vielmehr, dass durch den Tarifvertrag ein angemessener Ausgleich für Nachtarbeit gewährt wird (Rn. 30). Letzteres schließt aber nicht aus, dass mit einem einheitlichen Zuschlag auch weitere Zwecksetzungen, die nicht dem Gesundheitsschutz dienen, verbunden sind, wenn diese ihren Niederschlag in den Tarifregelungen gefunden haben.
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(cc) Auch die schlechtere Planbarkeit von unregelmäßiger Nachtarbeit ausgleichen zu wollen, genügt, um die unterschiedlichen Zuschlagshöhen für regelmäßige und unregelmäßige Nachtarbeit zu rechtfertigen (vgl. BAG 11. Dezember 2013 – 10 AZR 736/12 – Rn. 22 f., BAGE 147, 33; Bayreuther RdA 2022, 290, 301; Creutzfeldt/Eylert ZFA 2020, 239, 270 f.; Temming jurisPR-ArbR 51/2022 Anm. 3 zu D; Höpfner Die Rechtmäßigkeit der tarifvertraglichen Zuschlagsregelungen für geleistete Nachtarbeit am Maßstab des Art. 3 Abs. 1 GG S. 21; aA Brandt/Lueken HSI-Report 3/2022 S. 5, 11 f.; Kohte Gutachten zu Nachtarbeitszuschlagsregelungen S. 35 ff.).
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(aaa) Ein tarifvertraglicher Zuschlag kann den Zweck verfolgen, die Einbuße der Dispositionsmöglichkeit über die Freizeit zu belohnen und Arbeitgeber von Eingriffen in den geschützten Freizeitbereich der Arbeitnehmer abzuhalten (vgl. BAG 19. Dezember 2018 – 10 AZR 231/18 – Rn. 67, BAGE 165, 1). Da unregelmäßige Nachtarbeit weniger planbar ist, greift sie in dem Moment, in dem sie anfällt, stärker in das soziale Leben ein als regelmäßige und damit vorhersehbare Nachtarbeit, soweit die Teilhabe am sozialen Leben eine zeitliche Koordination mit anderen Vorhaben erfordert. Bei regelmäßiger – planbarer – Nachtarbeit können außerberufliche, insbesondere familiäre Verpflichtungen koordiniert, Verabredungen getroffen und die Freizeitplanung hieran ausgerichtet verlässlich gestaltet werden (vgl. BAG 11. Dezember 2013 – 10 AZR 736/12 – Rn. 22 f., BAGE 147, 33; vgl. auch Kohte Gutachten zu Nachtarbeitszuschlagsregelungen S. 40: „[D]ie soziale Desynchronisation kann … bei nicht planmäßiger Nachtarbeit eine etwas stärkere Wirkung haben …“). Das ist bei unregelmäßiger Nachtarbeit schwieriger. Gleichzeitig beweisen die Arbeitnehmer bei unregelmäßiger Nachtarbeit eine größere Flexibilität. Ein Ausgleich für schlechter planbare Arbeitszeiten ist legitim, unabhängig davon, dass mit Nachtarbeit erhöhte Gesundheitsgefahren verbunden sind. Der höhere Zuschlag für unregelmäßige Nachtarbeit dient – wie dargelegt (vgl. Rn. 53 ff.) – auch dem Zweck, diese besonderen Belastungen durch die Nachtarbeit zu kompensieren.
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(bbb) Diese Aspekte konnten die Tarifvertragsparteien bei der Regelung unterschiedlich hoher Nachtarbeitszuschläge berücksichtigen. Soweit der Senat in der Entscheidung vom 21. März 2018 (- 10 AZR 34/17 – Rn. 52, BAGE 162, 230) ausführt, die Teilhabe am sozialen Leben sei bei regelmäßiger Nachtarbeit jedenfalls genauso betroffen wie bei unregelmäßiger Nachtarbeit, steht dies nicht entgegen. Es geht hier nicht um den Aspekt der Betroffenheit im Allgemeinen, sondern darum, dass unregelmäßige Nachtarbeit weniger planbar ist und dass sie, wenn sie anfällt, im privaten Umfeld größere Probleme zu verursachen vermag als voraussehbare regelmäßige Nachtarbeit.
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(ccc) Ob – wie der Kläger meint – ein Zweck, der dem Gesundheitsschutz zuwiderlaufen würde, kein rechtfertigender Grund für eine Ungleichbehandlung sein kann, bedarf keiner Entscheidung. Denn das ist vorliegend nicht der Fall. Der erhöhte Zuschlag für unregelmäßige Nachtarbeit stellt keinen Anreiz dar, solche Arbeiten vermehrt ausführen zu lassen. Vielmehr wird der ökonomisch handelnde Arbeitgeber versuchen, diese möglichst zu vermeiden.
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(dd) Das Ausmaß der Differenz der Zuschläge für regelmäßige und unregelmäßige Nachtarbeit ist für die Beurteilung, ob ein Sachgrund die unterschiedliche Behandlung trägt, nicht von Bedeutung. Die Tarifautonomie schließt eine Angemessenheitsprüfung insoweit aus. Ergibt – wie hier – die Auslegung der tarifvertraglichen Regelungen, dass mit dem höheren Nachtarbeitszuschlag für unregelmäßige Nachtarbeit ein weiterer Zweck verfolgt wird, der nicht dem Ausgleich der besonderen Belastungen durch Nachtarbeit dient, ist es den Tarifvertragsparteien überlassen, die Höhe dafür nach ihrem Ermessen festzulegen. Nach der Konzeption des Grundgesetzes ist die Festlegung der Höhe des Entgelts grundsätzlich den Tarifvertragsparteien übertragen, weil dies nach Überzeugung des Verfassungsgebers zu sachgerechteren Ergebnissen als eine staatlich beeinflusste Lohnfindung führt (BAG 15. April 2015 – 4 AZR 796/13 – Rn. 32, BAGE 151, 235; 25. Januar 2012 – 4 AZR 147/10 – Rn. 32 mwN, BAGE 140, 291; vgl. auch Höpfner Die Rechtmäßigkeit der tarifvertraglichen Zuschlagsregelungen für geleistete Nachtarbeit am Maßstab des Art. 3 Abs. 1 GG S. 25 – „Kernelement der Tarifautonomie“). Dies umfasst die Bewertung von Erschwernissen, die ausgeglichen werden sollen. Dabei haben die Tarifvertragsparteien auch die Befugnis, Regelungen zu treffen, die den Betroffenen ungerecht und Außenstehenden nicht zwingend sachgerecht erscheinen mögen (BAG 25. Januar 2012 – 4 AZR 147/10 – aaO). Soweit die Entscheidung des Senats vom 21. März 2018 (- 10 AZR 34/17 – Rn. 45 ff., BAGE 162, 230) so verstanden werden könnte, dass auch bei Vorliegen eines weiteren Zwecks die Höhe der Differenz für die Bewertung einer möglichen Gleichheitswidrigkeit von Bedeutung ist, wird daran nicht festgehalten.
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3. Der Kläger hat schließlich auch keinen Anspruch auf den höheren Nachtarbeitszuschlag, weil die tarifvertragliche Differenzierung zwischen regelmäßiger und unregelmäßiger Nachtarbeit gegen Art. 20 und 21 GRC verstieße. Der EuGH, dem nach Art. 267 AEUV die Aufgabe der verbindlichen Auslegung von Unionsrecht zugewiesen ist, hat auf die Vorlage des Senats vom 9. Dezember 2020 (- 10 AZR 332/20 (A) – BAGE 173, 165) entschieden, dass mit einer tarifvertraglichen Regelung, die für unregelmäßige Nachtarbeit einen höheren Vergütungszuschlag vorsieht als für regelmäßige Nachtarbeit, die Richtlinie 2003/88/EG nicht iSv. Art. 51 Abs. 1 GRC durchgeführt wird (vgl. EuGH 7. Juli 2022 – C-257/21 und C-258/21 – [Coca-Cola European Partners Deutschland] Rn. 45 ff.). Damit kommen die Bestimmungen der GRC vorliegend nicht zum Tragen.
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III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
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W. Reinfelder |
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