Tenor
1. Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 12. Februar 2021 – 9 Sa 926/19 – im Kostenpunkt hinsichtlich der Kosten des Rechtsstreits zweiter Instanz und insoweit aufgehoben, als die Berufung hinsichtlich des Kündigungsschutzantrags die Kündigung vom 10. September 2020 betreffend zurückgewiesen wurde.
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung – auch über die Kosten der Revision – an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.
Leitsatz
Führt der Arbeitnehmer eine ihm im Laufe des Berufungsverfahrens zugegangene Kündigung dadurch in das Verfahren vor dem Landesarbeitsgericht ein, dass er einen Kündigungsschutzantrag gemäß § 4 Satz 1 KSchG stellt und damit zugleich einen im Berufungsverfahren angefallenen allgemeinen Feststellungsantrag punktualisiert, stellt dies gemäß § 264 Nr. 2 ZPO keine Klageänderung dar. § 533 ZPO findet deshalb keine Anwendung.
Tatbestand
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Die Parteien streiten noch über die Wirksamkeit einer Nachkündigung im Insolvenzverfahren der Air Berlin PLC & Co. Luftverkehrs KG (im Folgenden Schuldnerin).
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Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens in Eigenverwaltung durch Beschluss des Insolvenzgerichts vom 1. November 2017 hob dieses mit Beschluss vom 16. Januar 2018 die Eigenverwaltung auf und bestellte den Beklagten und bisherigen Sachwalter zum Insolvenzverwalter. Dieser erklärte mit Schreiben vom 27. Januar 2018 die Kündigung des Arbeitsverhältnisses der seit März 1991 als Flugbegleiterin beschäftigten Klägerin zum 30. April 2018. Zur Begründung berief sich der Beklagte auf die Stilllegung des Flugbetriebs.
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Mit ihrer am 15. Februar 2018 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage hat die Klägerin ua. mit einem Kündigungsschutzantrag gemäß § 4 Satz 1 KSchG die Unwirksamkeit dieser Kündigung geltend gemacht sowie daneben beantragt festzustellen, „dass das Arbeitsverhältnis der Parteien auch nicht durch andere Beendigungstatbestände, insbesondere weitere Kündigungen, aufgelöst worden ist“. Das Arbeitsgericht hat die gesamte Klage abgewiesen. Mit der hiergegen eingelegten Berufung hat die Klägerin ihre Anträge mit Ausnahme eines Weiterbeschäftigungsantrags uneingeschränkt weiterverfolgt.
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Nach Ablauf der Berufungsbegründungsfrist sprach der Beklagte mit Schreiben vom 10. September 2020 eine Nachkündigung zum 31. Dezember 2020 aus, die der Klägerin am 15. September 2020 zuging.
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Mit Schriftsatz vom 11. November 2020 hat der Beklagte den von der Klägerin gegen die (erste) Kündigung vom 27. Januar 2018 erhobenen Kündigungsschutzantrag anerkannt. Daraufhin hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 12. November 2020, dem Beklagten am 24. November 2020 zugestellt, ua. insoweit den Erlass eines Teilanerkenntnisurteils beantragt und sich nunmehr auch mit einem Kündigungsschutzantrag gemäß § 4 Satz 1 KSchG gegen die Nachkündigung vom 10. September 2020 gewandt.
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Die Klägerin ist der Auffassung, dass sie die Nachkündigung vom 10. September 2020 in zulässiger Weise zum Gegenstand des Berufungsverfahrens gemacht habe. Es sei schon fraglich, ob durch die Einführung dieser Kündigung in das Berufungsverfahren überhaupt eine Änderung des Streitgegenstands stattgefunden habe. Wenn dem so sei, handele es sich jedenfalls um eine gemäß § 533 ZPO zulässige Klageänderung. Die Nachkündigung sei unwirksam. Der im Berufungsverfahren aufrecht erhaltene allgemeine Feststellungsantrag wahre zunächst die Frist des § 4 Satz 1 KSchG für die Nachkündigung. Für diese liege kein Kündigungsgrund vor. Überdies sei die Sozialauswahl fehlerhaft, das Kündigungsverbot des § 613a Abs. 4 BGB verletzt und die Massenentlassungsanzeige nicht ordnungsgemäß erfolgt.
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Die Klägerin hat zuletzt – soweit für die Revision von Bedeutung – beantragt
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festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis auch nicht durch die Kündigung des Beklagten mit Schreiben vom 10. September 2020 aufgelöst worden ist. |
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Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Er hat die Auffassung vertreten, die Einführung der Nachkündigung vom 10. September 2020 in das Berufungsverfahren stelle eine Klageerweiterung dar, die unzulässig sei. Der Nachkündigung liege ein völlig anderer Sachverhalt zugrunde als der (ersten) Kündigung vom 27. Januar 2018. Über die Wirksamkeit der Nachkündigung könne nur aufgrund neuer Tatsachen entschieden werden. Im Übrigen sei sie sozial gerechtfertigt.
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Das Landesarbeitsgericht hat entsprechend des auf die (erste) Kündigung vom 27. Januar 2018 bezogenen Anerkenntnisses des Beklagten Teilanerkenntnisurteil erlassen und im Übrigen, dh. im Hinblick auf den allgemeinen Feststellungsantrag sowie den erstmals in der Berufungsinstanz gestellten, auf die Nachkündigung vom 10. September 2020 bezogenen Kündigungsschutzantrag, die Berufung zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision wendet sich die Klägerin weiterhin gegen die Kündigung vom 10. September 2020.
Entscheidungsgründe
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Die beschränkt auf den Kündigungsschutzantrag, der die Nachkündigung vom 10. September 2020 zum Gegenstand hat, eingelegte Revision ist zulässig und begründet, weswegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts insoweit aufzuheben ist (§ 72 Abs. 5 ArbGG, § 562 Abs. 1 ZPO). Das Landesarbeitsgericht hätte die Berufung im Hinblick auf diesen Antrag mit der von ihm gegebenen Begründung nicht zurückweisen dürfen. Entgegen seiner Annahme hat die Klägerin, indem sie diesen Antrag in das Berufungsverfahren eingeführt hat, ihre Klage nicht erweitert und damit geändert. Aus diesem Grund waren die Voraussetzungen des § 533 ZPO von der Klägerin nicht einzuhalten (nachfolgend unter I). Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts selbst stellt sich auch nicht gemäß § 72 Abs. 5 ArbGG, § 561 ZPO aus anderen Gründen als richtig dar. Die Kündigung gilt nicht gemäß § 7 KSchG als von Anfang an wirksam. Die Klägerin hat die Klageerhebungsfrist des § 4 Satz 1 KSchG gewahrt (nachfolgend unter II). Da der Senat mangels ausreichender Feststellungen des Landesarbeitsgerichts über die Wirksamkeit der Kündigung im Übrigen nicht selbst entscheiden kann, ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen (§ 72 Abs. 5 ArbGG, § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
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I. Die Klägerin hat die Kündigungsschutzklage in Bezug auf die Nachkündigung vom 10. September 2020 in prozessual zulässiger Weise in das Berufungsverfahren eingeführt. Die im Hinblick auf eine im Verlauf eines Gerichtsverfahrens erklärte Kündigung vorgenommene „Punktualisierung“ (zu diesem Begriff Niemann NZA 2021, 1378, 1379) eines allgemeinen Feststellungsantrags auf einen Kündigungsschutzantrag gemäß § 4 KSchG ist nach § 264 Nr. 2 ZPO nicht als Klageänderung anzusehen. Sie kann im Berufungsverfahren daher ungeachtet der Voraussetzungen des § 533 ZPO vorgenommen werden, sofern der allgemeine Feststellungsantrag wie vorliegend in der Berufungsinstanz angefallen ist.
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1. Ausgehend vom zweigliedrigen Streitgegenstandsbegriff, der sich aus Klageantrag und Klagegrund zusammensetzt (vgl. BAG 3. Dezember 2020 – 7 AZB 57/20 – Rn. 25; 24. Mai 2018 – 6 AZR 215/17 – Rn. 21 mwN), ist Gegenstand und Ziel einer Kündigungsschutzklage nach § 4 Satz 1 KSchG die Feststellung, dass das Arbeitsverhältnis durch die mit der Klage angegriffene Kündigung zu dem vom Arbeitgeber vorgesehenen Termin nicht aufgelöst worden ist. Der Streitgegenstand eines Antrags gemäß § 4 Satz 1 KSchG wird damit im Ausgangspunkt durch die jeweils angegriffene Kündigung bestimmt (BAG 1. Oktober 2020 – 2 AZR 247/20 – Rn. 22). Falls der Klage stattgegeben wird, steht aber zugleich fest, dass das Arbeitsverhältnis vor oder bis zu diesem Termin auch nicht aufgrund irgendeines anderen Umstands geendet hat. Die einem Antrag nach § 4 Satz 1 KSchG stattgebende Entscheidung enthält zugleich die Feststellung, dass zum angestrebten Auflösungszeitpunkt ein Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien noch bestanden hat (sog. erweiterter punktueller Streitgegenstandsbegriff). Mit Rechtskraft einer solchen Entscheidung steht darum grundsätzlich fest, dass das Arbeitsverhältnis bis zu dem vorgesehenen Auflösungstermin auch nicht durch mögliche andere Beendigungstatbestände aufgelöst worden ist, selbst wenn diese von keiner Seite in den Prozess eingeführt wurden (BAG 24. Mai 2018 – 2 AZR 67/18 – Rn. 20 mwN und Ausführungen zu den Folgen einer „Ausklammerung“, BAGE 163, 24). Durch eine Kündigungsschutzklage sind damit in der Regel auch solche Auflösungstatbestände mit angegriffen, die noch während des Laufs der von der ersten Kündigung ausgelösten Kündigungsfrist entstehen und das Arbeitsverhältnis vor dem oder bis einschließlich zu dem mit der ausdrücklich angegriffenen Kündigung avisierten Termin auflösen könnten (sog. „kleines Schleppnetz“, BAG 24. Mai 2018 – 2 AZR 67/18 – Rn. 21 ff. mwN, aaO).
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2. Demgegenüber ist Streitgegenstand der allgemeinen Feststellungsklage nach § 256 Abs. 1 ZPO der Bestand des Arbeitsverhältnisses im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz (vgl. zu dieser Differenzierung BAG 13. März 1997 – 2 AZR 512/96 – zu II 1 a der Gründe, BAGE 85, 262).
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a) Mit einem solchen Antrag soll der Arbeitnehmer die Möglichkeit haben, sämtliche (denkbaren und künftigen) Beendigungsgründe gewissermaßen auf Vorrat „im Vorhinein prozessual mit aufzugreifen“, auch wenn die Prozessvoraussetzungen für eine zulässige Klage erst im Prozessverlauf „im engeren Sinne vorliegen mögen“, dh. eintreten (BAG 13. März 1997 – 2 AZR 512/96 – zu II 1 a der Gründe, BAGE 85, 262). Bereits eine zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch unzulässige allgemeine Feststellungsklage entfaltet die erforderliche Warnwirkung gegenüber dem Arbeitgeber (vgl. BAG 12. Mai 2005 – 2 AZR 426/04 – zu B I 5 der Gründe; 13. März 1997 – 2 AZR 512/96 – zu II 1 c der Gründe mwN, aaO).
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b) Es ist in der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts anerkannt, dass ein Arbeitnehmer neben einer nach § 4 KSchG gegen eine bestimmte Kündigung gerichteten Klage eine allgemeine Feststellungsklage nach § 256 Abs. 1 ZPO auf Fortbestand des Arbeitsverhältnisses zu unveränderten Bedingungen über den Kündigungstermin hinaus erheben und damit zwei selbständige prozessuale Ansprüche geltend machen kann. Diese Anträge kann er gemäß § 260 ZPO zulässig in einer Klage verbinden (BAG 26. September 2013 – 2 AZR 682/12 – Rn. 31 mwN, BAGE 146, 161).
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Wählt der Arbeitnehmer diesen Weg des sog. Schleppnetzantrags (vgl. BAG 1. Oktober 2020 – 2 AZR 247/20 – Rn. 35; 9. April 2019 – 9 AZB 2/19 – Rn. 13), ist ausgehend vom dargestellten sog. erweiterten punktuellen Streitgegenstand der Kündigungsschutzklage Gegenstand des allgemeinen Feststellungsantrags der Fortbestand des Arbeitsverhältnisses über den in der daneben angegriffenen Kündigung avisierten Beendigungstermin hinaus bis zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz (vgl. BAG 18. Dezember 2014 – 2 AZR 163/14 – Rn. 24, BAGE 150, 234; 20. März 2014 – 2 AZR 1071/12 – Rn. 18, BAGE 147, 358; 26. September 2013 – 2 AZR 682/12 – Rn. 31, BAGE 146, 161). Die Klage soll, soweit sie neben der Klage gemäß § 4 Satz 1 KSchG erhoben wird, klären, ob das Arbeitsverhältnis aufgrund von Beendigungstatbeständen aufgelöst worden ist, die vom Streitgegenstand der Kündigungsschutzklage nicht erfasst sind (BAG 18. Dezember 2014 – 2 AZR 163/14 – aaO; 20. März 2014 – 2 AZR 1071/12 – aaO; 26. September 2013 – 2 AZR 682/12 – aaO). Es wird der Fortbestand des Arbeitsverhältnisses, und zwar unter Einbeziehung eventueller Kündigungen geprüft; es sind deshalb alle nach dem Vortrag der Parteien in Betracht kommenden Beendigungsgründe zu erörtern (BAG 10. Oktober 2002 – 2 AZR 622/01 – zu B I 2 a der Gründe, BAGE 103, 84; 13. März 1997 – 2 AZR 512/96 – zu II 1 der Gründe, BAGE 85, 262). Die Rechtskraft eines positiven Feststellungsurteils erfasst alle diese Beendigungsgründe (BAG 10. Oktober 2002 – 2 AZR 622/01 – aaO; 13. März 1997 – 2 AZR 512/96 – aaO) und schließt eine auf ihnen beruhende Beendigung des Arbeitsverhältnisses aus (BAG 26. September 2013 – 2 AZR 682/12 – aaO).
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3. Hat der Arbeitnehmer eine allgemeine Feststellungsklage erhoben und punktualisiert er im Hinblick auf eine nachfolgend erklärte weitere Kündigung, deren Wirkungen vom allgemeinen Feststellungsantrag erfasst sind, einen Teil dieses Feststellungsantrags, ist dies gemäß § 264 Nr. 2 ZPO nicht als Klageänderung anzusehen (vgl. BAG 1. Oktober 2020 – 2 AZR 247/20 – Rn. 35; 7. Dezember 1995 – 2 AZR 772/94 – zu III 2 b der Gründe, BAGE 81, 371). Der Klagegrund – Fortbestand des Arbeitsverhältnisses trotz eventueller Kündigung – bleibt derselbe (BAG 13. März 1997 – 2 AZR 512/96 – zu II 1 c der Gründe, BAGE 85, 262; vgl. auch Niemann NZA 2021, 1378, 1379). Bereits mit der Erhebung der allgemeinen Feststellungsklage ist der Fortbestand des Arbeitsverhältnisses über den in der mit dem Antrag nach § 4 Satz 1 KSchG angegriffenen Kündigung avisierten Beendigungstermin hinaus bis zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz Gegenstand des Rechtsstreits geworden. Mit der Punktualisierung auf eine spätere Kündigung verfolgt der Kläger dieses Klageziel des Fortbestands des Arbeitsverhältnisses weiter und konkretisiert es lediglich einschränkend iSv. § 264 Nr. 2 ZPO, ohne die Klage zu ändern (vgl. BAG 26. September 2013 – 2 AZR 682/12 – Rn. 33, BAGE 146, 161; 13. März 1997 – 2 AZR 512/96 – aaO).
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4. Das gilt auch im Berufungsverfahren.
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a) Geht die weitere Kündigung dem Arbeitnehmer im Laufe des Berufungsverfahrens zu, kann er die Punktualisierung noch bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung in der Berufungsinstanz vornehmen, ohne den Beschränkungen des § 533 ZPO zu unterliegen, weil diese Modifizierung des Klageantrags nach der ausdrücklichen gesetzlichen Anordnung in § 264 Nr. 2 ZPO nicht als Klageänderung anzusehen ist. Auf eine solche finden daher alle Vorschriften, die die Zulässigkeit einer Klageänderung regeln, keine Anwendung. Das gilt auch für § 533 ZPO, weil § 264 Nr. 2 ZPO gemäß § 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG, § 525 Satz 1 ZPO im Berufungsverfahren gilt (vgl. zu diesem Verhältnis von § 264 und § 533 ZPO BGH 19. März 2004 – V ZR 104/03 – zu II 2 b der Gründe, BGHZ 158, 295). Voraussetzung ist jedoch, dass die allgemeine Feststellungsklage Gegenstand des Berufungsverfahrens ist (vgl. BAG 26. September 2013 – 2 AZR 682/12 – Rn. 33, BAGE 146, 161). Dass der Arbeitnehmer diesen Antrag im Verfahren vor dem Arbeitsgericht gestellt hatte, reicht allein nicht aus. Ein allgemeiner Feststellungsantrag deckt immer nur das Zeitfenster zwischen dem Auflösungstermin, der Gegenstand der Kündigungsschutzklage ist, und dem „Schluss der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz“ ab (vgl. BAG 10. Oktober 2002 – 2 AZR 622/01 – zu B I 2 a und b aa der Gründe, BAGE 103, 84). Damit ist der Schluss der letzten mündlichen Verhandlung der jeweiligen Tatsacheninstanz gemeint. Die Instanzen sind also insoweit zu trennen. Der in erster Instanz erhobene allgemeine Feststellungsantrag kann sich nicht auf Sachverhalte beziehen, die sich erst nach der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Arbeitsgericht zugetragen haben (vgl. BAG 10. Oktober 2002 – 2 AZR 622/01 – zu B I 2 b bb der Gründe, aaO). Ein solcher Antrag entfaltet in der Berufungsinstanz damit nur und erst Wirkung, wenn er dort immer noch oder erstmals anfällt.
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b) Die Voraussetzungen des § 533 ZPO sind dagegen zu beachten, wenn der Arbeitnehmer keine allgemeine Feststellungsklage erhoben hat oder diese nicht in die Berufungsinstanz gelangt ist und eine im Laufe des Berufungsverfahrens zugegangene Kündigung mit dem Antrag nach § 4 KSchG in der Berufungsinstanz angreift. Dann liegt eine Klageerweiterung vor, die nicht durch § 264 Nr. 2 ZPO privilegiert ist und auf die deshalb § 533 ZPO Anwendung findet (vgl. BAG 14. Dezember 2017 – 2 AZR 86/17 – Rn. 16 ff., BAGE 161, 198).
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5. Nach diesen Grundsätzen hat die Klägerin die gegen die Kündigung vom 10. September 2020 gerichtete Kündigungsschutzklage prozessual wirksam in das Berufungsverfahren eingeführt. Die Punktualisierung des im Berufungsverfahren weiterverfolgten allgemeinen Feststellungsantrags mit Schriftsatz vom 12. November 2020 unterfällt § 264 Nr. 2 ZPO, so dass § 533 ZPO nicht eingreift und die Berufung – entgegen der Annahme des Landesarbeitsgerichts – insoweit nicht mit der Begründung hätte zurückgewiesen werden dürfen, dass dessen Voraussetzungen nicht vorliegen.
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II. Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts stellt sich auch nicht gemäß § 72 Abs. 5 ArbGG, § 561 ZPO aus anderen Gründen als richtig dar. Die Klage ist nicht deshalb unbegründet, weil die Wirksamkeit der Kündigung gemäß § 7 KSchG fingiert wird (zur Rechtsfolge der Unbegründetheit im Fall der Fristversäumung BAG 18. Dezember 2014 – 2 AZR 163/14 – Rn. 16, BAGE 150, 234). Die Klägerin hat die Klageerhebungsfrist des § 4 Satz 1 KSchG gewahrt.
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1. Der Arbeitnehmer kann ungeachtet des § 4 Satz 1 KSchG, der von einer Klageerhebung „beim Arbeitsgericht“ spricht, die Unwirksamkeit einer im Laufe des Berufungsverfahrens erklärten Kündigung auch in diesem zwischen den Parteien anhängigen Berufungsverfahren geltend machen (vgl. BAG 10. Dezember 2020 – 2 AZR 308/20 – Rn. 12). Entscheidet sich der Arbeitnehmer für diesen Weg, muss er gleichwohl – ggf. unter Berücksichtigung der Regelung des § 167 ZPO (vgl. BAG 10. Dezember 2020 – 2 AZR 308/20 – Rn. 26) – die Klageerhebungsfrist des § 4 Satz 1 KSchG wahren. Dem kann er durch fristgerechte Erhebung einer Kündigungsschutzklage nachkommen (vgl. BAG 10. Dezember 2020 – 2 AZR 308/20 – Rn. 11 ff., 25). Diesem Erfordernis wird der Arbeitnehmer aber auch durch einen im Berufungsverfahren bereits anhängigen oder innerhalb von drei Wochen nach Zugang der weiteren Kündigung erhobenen allgemeinen Feststellungsantrag gerecht, selbst wenn er diesen erst nach Ablauf der Dreiwochenfrist des § 4 Satz 1 KSchG punktualisiert (vgl. BAG 26. September 2013 – 2 AZR 682/12 – Rn. 33, BAGE 146, 161; 12. Mai 2005 – 2 AZR 426/04 – zu B II 1 b der Gründe). Ob das Gleiche zu gelten hat, wenn eine solche Punktualisierung unterbleibt, kann dahinstehen (für die Frage der Notwendigkeit der Punktualisierung bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung in erster Instanz, wenn die weitere Kündigung vor diesem Zeitpunkt zugeht, ebenfalls offengelassen, dem aber zuneigend BAG 24. Mai 2018 – 2 AZR 67/18 – Rn. 34, BAGE 163, 24; vgl. auch BAG 26. September 2013 – 2 AZR 682/12 – Rn. 34, aaO). Die Klägerin hat vorliegend mit dem Schriftsatz vom 12. November 2020 die Kündigung vom 10. September 2020 in das Berufungsverfahren eingeführt.
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a) Bereits mit der Erhebung einer – wenn auch zunächst noch unzulässigen – allgemeinen Feststellungsklage ist der Arbeitgeber nach Sinn und Zweck der spezialgesetzlichen Konkretisierung des Verwirkungstatbestands in § 4 Satz 1, § 7 Halbs. 1 KSchG (BAG 10. Dezember 2020 – 2 AZR 308/20 – Rn. 15) hinreichend gewarnt (BAG 26. September 2013 – 2 AZR 682/12 – Rn. 33, BAGE 146, 161; 12. Mai 2005 – 2 AZR 426/04 – zu B I 5, II 1 der Gründe; 13. März 1997 – 2 AZR 512/96 – zu II 1 c der Gründe, BAGE 85, 262). Ein Vertrauen dahingehend, dass die Kündigung im Umfang der Fiktionswirkung des § 7 KSchG gerechtfertigt ist, wenn ihm nicht alsbald nach Ablauf von drei Wochen nach Kündigungszugang eine gegen diese Kündigung gerichtete Klage zugestellt wird, kann der Arbeitgeber nicht (mehr) entwickeln (vgl. zu diesem Schutzzweck des § 4 KSchG BAG 14. Dezember 2017 – 2 AZR 86/17 – Rn. 21, BAGE 161, 198). Mit Erhebung der allgemeinen Feststellungsklage bringt der Arbeitnehmer zum Ausdruck, dass er sich gegen alle weiteren (evtl. vorsorglichen) Kündigungen wenden will. Dementsprechend hat das Bundesarbeitsgericht für eine vor Schluss der mündlichen Verhandlung in erster Instanz erklärte und mit dem Antrag nach § 4 Satz 1 KSchG außerhalb der Dreiwochenfrist angegriffene Nachkündigung angenommen, dass diese Frist durch einen allgemeinen Feststellungsantrag gewahrt wird, weil der Arbeitgeber bereits durch diesen hinreichend gewarnt sei (vgl. BAG 26. September 2013 – 2 AZR 682/12 – Rn. 34, aaO). Es sei nicht erforderlich, den Wortlaut des § 4 Satz 1 KSchG zu wiederholen (BAG 12. Mai 2005 – 2 AZR 426/04 – zu B II 1 b, I 5 der Gründe). Das Bundesarbeitsgericht hat zudem – wenn auch im Rahmen einer analogen Anwendung des § 6 KSchG – angenommen, aufgrund der Warnwirkung der allgemeinen Feststellungsklage sei die Forderung nach einer Einhaltung der Dreiwochenfrist für die Einführung der konkreten Kündigung „reine Förmelei“ (BAG 13. März 1997 – 2 AZR 512/96 – zu II 1 c der Gründe, aaO). Im Zusammenhang mit seinen Ausführungen zur Reichweite der Rechtskraft der erfolgreichen allgemeinen Feststellungsklage hat das Bundesarbeitsgericht darauf hingewiesen, dass davon alle eingeführten Beendigungsgründe erfasst seien, ohne dass es darauf ankomme, wann das geschehen sei (BAG 13. März 1997 – 2 AZR 512/96 – zu II 1 der Gründe, aaO). Die dargestellte Warnwirkung tritt aber nicht nur in der ersten Instanz ein. Der auch in der Berufungsinstanz möglichen allgemeinen Feststellungsklage kommt diese Wirkung in gleicher Weise zu, so dass die Frist des § 4 Satz 1 KSchG damit für im Laufe des Berufungsverfahrens zugegangene Kündigungen gewahrt ist.
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b) Die Annahme, dass § 4 Satz 1 KSchG der Punktualisierung der Kündigungsschutzklage nicht entgegensteht, auch wenn sie erst nach Ablauf der Dreiwochenfrist erfolgt, weil bereits die allgemeine Feststellungsklage die erforderliche Warnfunktion erfüllt, ist die Konsequenz dieser für den Arbeitnehmer bestehenden Klagemöglichkeit. Wenn bereits die allgemeine Feststellungsklage dem Arbeitgeber deutlich macht, dass der Arbeitnehmer am Bestand des Arbeitsverhältnisses ungeachtet aller denkbaren künftigen und vergangenen Beendigungstatbestände, die von der Kündigungsschutzklage nicht erfasst sind, festhalten will, dann entfaltet sich diese Warnwirkung so lange, wie neue Tatsachen in den Prozess eingeführt werden können (vgl. BAG 12. Mai 2005 – 2 AZR 426/04 – zu B II 1 b der Gründe; 13. März 1997 – 2 AZR 512/96 – zu II 1 d der Gründe, BAGE 85, 262). Das ist, sofern der allgemeine Feststellungsantrag in der Berufungsinstanz anfällt, bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung dieser Instanz der Fall.
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2. Die Klägerin hat zwar den Kündigungsschutzantrag erst mit einem am 12. November 2020 und damit nach Ablauf der Klageerhebungsfrist des § 4 Satz 1 KSchG beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz in den Prozess eingeführt. Sie hat aber bereits durch die Aufrechterhaltung des allgemeinen Feststellungsantrags auch in der Berufungsinstanz (dazu vorstehend Rn. 18 ff.) diese Frist gewahrt.
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III. Das Landesarbeitsgericht hat – aus seiner Sicht konsequent – zu der Wirksamkeit der Kündigung im Übrigen keine ausreichenden Feststellungen getroffen. Deshalb kann der Senat über diese nicht selbst entscheiden, sondern hat die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen (§ 72 Abs. 5 ArbGG, § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
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IV. Die auf die Entscheidung über die Kosten des Rechtsstreits zweiter Instanz beschränkte Aufhebung im Kostenpunkt erklärt sich aus dem Umstand, dass die Klägerin den in der Revisionsinstanz allein angefallenen, gegen die Nachkündigung vom 10. September 2020 gerichteten Kündigungsschutzantrag erstmals im Berufungsverfahren erhoben hat.
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