7 ABR 27/21

Amtszeit der Schwerbehindertenvertretung - Schwellenwert

Details

  • Aktenzeichen

    7 ABR 27/21

  • ECLI

    ECLI:DE:BAG:2022:191022.B.7ABR27.21.0

  • Art

    Beschluss

  • Datum

    19.10.2022

  • Senat

    7. Senat

Tenor

Auf die Rechtsbeschwerde der Schwerbehindertenvertretung wird der Beschluss des Landesarbeitsgerichts Köln vom 31. August 2021 – 4 TaBV 19/21 – aufgehoben.

Auf die Beschwerde der Schwerbehindertenvertretung wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Köln vom 10. März 2021 – 20 BV 134/20 – abgeändert.

Es wird festgestellt, dass die Schwerbehindertenvertretung im Amt ist.

Leitsatz

Das Amt der Schwerbehindertenvertretung endet nicht vorzeitig, wenn die für ihre Wahl notwendige Mindestanzahl von fünf nicht nur vorübergehend beschäftigten schwerbehinderten Beschäftigten im Betrieb oder in der Dienststelle während der Amtszeit unterschritten wird.

Entscheidungsgründe

1

A. Die Beteiligten streiten darüber, ob das Amt der antragstellenden Schwerbehindertenvertretung vorzeitig geendet hat.

2

Die zu 2. beteiligte Arbeitgeberin ist ein Unternehmen der klinischen Forschung. Neben einem Betrieb an ihrem Sitz in L unterhält sie in K einen Betrieb mit ca. 120 Mitarbeitern. In diesem sind ein Betriebsrat sowie die am 13. November 2019 gewählte, antragstellende Schwerbehindertenvertretung gebildet. Am 1. August 2020 sank die Zahl der im Ker Betrieb beschäftigten schwerbehinderten und ihnen gleichgestellten Menschen von fünf auf vier. Die Arbeitgeberin teilte der dort gewählten Schwerbehindertenvertretung daraufhin mit, dass diese aus ihrer Sicht nicht mehr existiere und die Interessen der schwerbehinderten Beschäftigten in K von der im Betrieb L errichteten Schwerbehindertenvertretung wahrgenommen würden.

3

In dem von der im Ker Betrieb gewählten Schwerbehindertenvertretung eingeleiteten Verfahren hat diese die Auffassung vertreten, ihr Mandat sei nicht aufgrund des Absinkens der Zahl der schwerbehinderten Beschäftigten unter den Schwellenwert des § 177 Abs. 1 Satz 1 SGB IX vorzeitig beendet. Es bestehe vielmehr für die Dauer der in § 177 Abs. 7 Satz 1 SGB IX geregelten Amtszeit von vier Jahren. Die Gründe für ein vorzeitiges Erlöschen des Amts seien in § 177 Abs. 7 SGB IX abschließend festgelegt; ein Unterschreiten des in § 177 Abs. 1 Satz 1 SGB IX geregelten Schwellenwerts gehöre nicht hierzu.

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Die Schwerbehindertenvertretung hat beantragt

        

festzustellen, dass ihre Amtszeit nicht am 1. August 2020 aufgrund des Herabsinkens der Anzahl der schwerbehinderten Mitarbeiter im Ker Betrieb der Arbeitgeberin unter fünf beendet ist.

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Die Arbeitgeberin hat Antragsabweisung beantragt und darauf verwiesen, für den Betriebsrat sei anerkannt, dass sein Amt ende, wenn die Zahl der wahlberechtigten Arbeitnehmer dauerhaft unter den in § 1 Abs. 1 Satz 1 BetrVG geregelten Schwellenwert sinke. Entsprechendes gelte für den Wegfall der Errichtungsvoraussetzungen einer Schwerbehindertenvertretung während ihrer Amtszeit. Hierfür sprächen im Übrigen die besonderen Ersatzvertretungsbestimmungen des § 180 SGB IX, wonach eine umfassende Vertretung durch die Gesamtschwerbehindertenvertretung bzw. die deren Rechte und Pflichten wahrnehmende Schwerbehindertenvertretung (eines anderen Betriebs) gesichert sei. Dies greife jedenfalls dann, wenn – wie vorliegend – im Unternehmen des Arbeitgebers eine Schwerbehindertenvertretung in einem anderen Betrieb existiere.

6

Das Arbeitsgericht hat den Antrag abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die hiergegen gerichtete Beschwerde der Schwerbehindertenvertretung zurückgewiesen. Mit ihrer Rechtsbeschwerde verfolgt diese ihr Begehren weiter.

7

B. Die zulässige Rechtsbeschwerde ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung, zur Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung und zur Stattgabe des Antrags. Entgegen der Auffassung der Vorinstanzen hat das Amt der antragstellenden Schwerbehindertenvertretung nicht geendet.

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I. Die Rechtsbeschwerde ist zulässig; insbesondere ist die Schwerbehindertenvertretung rechtsbeschwerdebefugt.

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1. Die Rechtsmittelbefugnis im Beschlussverfahren folgt der Beteiligungsbefugnis. Daher ist rechtsbeschwerdebefugt nur derjenige, der nach § 83 Abs. 3 ArbGG am Verfahren beteiligt ist.

10

a) Verfahrensbeteiligt ist eine Person oder Stelle, die durch die zu erwartende Entscheidung in ihrer betriebsverfassungsrechtlichen bzw. schwerbehindertenvertretungsrechtlichen Rechtsstellung unmittelbar betroffen wird. In einem Beschlussverfahren kann nach § 83 Abs. 3 ArbGG nur eine Person, Vereinigung oder Stelle zu hören sein, die nach § 10 ArbGG partei- und damit beteiligtenfähig ist. Einem nicht (mehr) existenten Gremium kommen keine kollektivrechtlichen Rechtspositionen (mehr) zu. Die Beteiligtenbefugnis ist vom Gericht in jeder Lage des Verfahrens – auch noch in der Rechtsbeschwerdeinstanz – von Amts wegen zu prüfen und zu berücksichtigen. Fehlt die Rechtsmittelbefugnis, ist das Rechtsmittel als unzulässig zu verwerfen (BAG 14. September 2022 – 7 ABR 17/21 – Rn. 12 mwN).

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b) Ist das Amt einer an einem Beschlussverfahren beteiligten Schwerbehindertenvertretung erloschen, ohne dass eine neue Schwerbehindertenvertretung gewählt wurde, endet damit deren Beteiligtenfähigkeit. Ein unstreitiger Verlust der Beteiligtenfähigkeit der Schwerbehindertenvertretung führt grundsätzlich zur Unzulässigkeit eines von ihr eingelegten Rechtsmittels. Ist die Beteiligtenfähigkeit hingegen streitig, wird sie hinsichtlich der Zulässigkeit des Rechtsmittels unterstellt. Es entspricht einem allgemeinen prozessualen Grundsatz, dass eine Partei, deren Parteifähigkeit oder gar rechtliche Existenz überhaupt im Streit steht, wirksam ein Rechtsmittel mit dem Ziel einlegen kann, hierüber eine Sachentscheidung zu erlangen. Das gilt auch in einem Verfahren, dessen Gegenstand nicht die Existenz der rechtsmittelführenden Stelle ist (vgl. BAG 14. September 2022 – 7 ABR 17/21 – Rn. 13 mwN).

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2. Unter Anwendung dieser Grundsätze fehlt der Schwerbehindertenvertretung nicht die Rechtsmittelbefugnis.

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a) Antragstellerin ist die Schwerbehindertenvertretung als Stelle. Das hat sie in der Anhörung vor dem Senat bestätigt. Schwerbehindertenvertretungen sind nach § 177 Abs. 1 Satz 1 SGB IX als Zusammenfassung von Vertrauensperson und stellvertretenden Mitgliedern zu einem besonderen kollektiven Vertretungskörper definiert (vgl. auch BAG 14. September 2022 – 7 ABR 17/21 -Rn. 23) und grundsätzlich beteiligtenfähig.

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b) Die Beteiligten streiten gerade darüber, ob die Schwerbehindertenvertretung besteht und damit beteiligtenfähig ist. Für die Zulässigkeit der Rechtsbeschwerde ist hiervon auszugehen.

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II. Die Rechtsbeschwerde ist begründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Beschwerde der Schwerbehindertenvertretung gegen die ihr Begehren abweisende Entscheidung des Arbeitsgerichts zu Unrecht zurückgewiesen. Der zulässige Feststellungsantrag ist begründet.

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1. Der Antrag ist zulässig. Ihm begegnen in seiner gebotenen Auslegung weder im Hinblick auf die Anforderung des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO noch im Hinblick auf § 256 Abs. 1 ZPO Bedenken. Die Schwerbehindertenvertretung ist auch antragsbefugt.

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a) Das Begehren ist – wie seine Auslegung ergibt – auf die Feststellung gerichtet, dass die Schwerbehindertenvertretung im Amt ist, was ihr die Arbeitgeberin mit Wirkung ab dem 1. August 2020 abspricht. Der Schwerbehindertenvertretung geht es erkennbar um ihre Existenz. Sie begehrt nicht – jedenfalls nicht ausschließlich – die vergangenheitsbezogene Feststellung, dass sie als Stelle nicht am 1. August 2020 aufgelöst worden ist, sondern dass sie – derzeit – fortbesteht. Dieses Antragsverständnis hat sie in der Anhörung vor dem Senat bestätigt.

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b) Der so verstandene Antrag ist hinreichend bestimmt iSd. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Des Weiteren erfüllt er die Voraussetzungen des auch im Beschlussverfahren geltenden § 256 Abs. 1 ZPO. Ein auf die Feststellung des (Fort-)Bestands der Schwerbehindertenvertretung gerichteter Antrag betrifft ein Rechtsverhältnis (vgl. zum Gesamtbetriebsrat BAG 1. Juni 2022 – 7 ABR 41/20 – Rn. 19). Das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche besondere Feststellungsinteresse liegt vor. Die Arbeitgeberin stellt das Amt der Schwerbehindertenvertretung in Abrede. Das Rechtsschutzinteresse ist nicht wegen des Endes der gesetzlichen Amtszeit der Schwerbehindertenvertretung entfallen. Diese dauerte – sollte die Schwerbehindertenvertretung nicht weggefallen sein – auch nach den Bekundungen der Beteiligten bis einschließlich 12. November 2022 und damit im Zeitpunkt der Senatsentscheidung an.

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c) Die Schwerbehindertenvertretung ist antragsbefugt. Sie verfolgt ein eigenes Recht, indem sie ihren (Fort-)Bestand geltend macht. Durch die begehrte Entscheidung ist sie in ihrer sich aus §§ 177 ff. SGB IX ergebenden Rechtsposition betroffen.

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2. Im Hinblick auf den Verfahrensgegenstand ist neben der antragstellenden Schwerbehindertenvertretung allein die Arbeitgeberin am Verfahren beteiligt. Daneben sind keine weiteren Beteiligten zu hören, insbesondere nicht die Vertrauensperson und ihre Stellvertreter, denn der Streit betrifft nicht deren persönliche Rechte und Rechtsstellung. Es geht allein um das Amt der Schwerbehindertenvertretung als Stelle und nicht um das der gewählten Vertrauensperson. Diese ist in einem solchen Streit ebenso wenig anzuhören wie Betriebsratsmitglieder in einem Verfahren, in dem die Betriebsratswahl insgesamt angefochten wird (vgl. BAG 15. August 2012 – 7 ABR 24/11 – Rn. 13).

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3. Der Antrag ist begründet. Die im Betrieb der Arbeitgeberin in K gewählte Schwerbehindertenvertretung ist im Amt. Dieses endete nicht – wie von den Vorinstanzen angenommen – am 1. August 2020 aufgrund des Umstands, dass ab diesem Zeitpunkt nicht mehr wenigstens fünf schwerbehinderte Menschen im Betrieb beschäftigt waren.

22

a) Nach § 177 Abs. 1 Satz 1 SGB IX werden in Betrieben und Dienststellen, in denen wenigstens fünf schwerbehinderte Menschen – zu denen ihnen Gleichgestellte zählen (vgl. § 151 Abs. 3 SGB IX; § 1 Abs. 2 SchwbVWO) – nicht nur vorübergehend beschäftigt sind, eine Vertrauensperson und wenigstens ein stellvertretendes Mitglied gewählt, das die Vertrauensperson im Falle der Verhinderung vertritt. Die Amtszeit der Schwerbehindertenvertretung beträgt nach § 177 Abs. 7 Satz 1 SGB IX vier Jahre. Nach § 177 Abs. 7 Satz 3 SGB IX erlischt das Amt vorzeitig, wenn die Vertrauensperson es niederlegt, aus dem Arbeits- bzw. Dienstverhältnis ausscheidet oder die Wählbarkeit verliert.

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b) Sinkt die Anzahl schwerbehinderter Beschäftigter unter die erforderliche Mindestzahl des § 177 Abs. 1 Satz 1 SGB IX, endet das Mandat der gewählten Schwerbehindertenvertretung nicht vorzeitig (ebenso BeckOK SozR/Brose Stand 1. September 2022 SGB IX § 177 Rn. 33; Christians GK-SGB IX Stand August 2022 § 177 Rn. 131; Dusel/Hoff in Bihr/Fuchs/Krauskopf/Ritz SGB IX § 94 Rn. 5; HaKo-BetrVG/Düwell 6. Aufl. § 32 Rn. 15; FKS-SGB IX/Krämer/Gün 4. Aufl. § 177 Rn. 32; Fuchs/Ritz/Rosenow/Ritz SGB IX 7. Aufl. § 177 Rn. 40; Knittel SGB IX 11. Aufl. § 94 Rn. 242; Kossens/von der Heide/Maaß SGB IX 4. Aufl. § 94 Rn. 46; Mushoff in Hauck/Noftz SGB IX Stand Dezember 2018 § 177 Rn. 68; Pahlen in Neumann/Pahlen/Greiner/Winkler/Jabben SGB IX 14. Aufl. § 177 Rn. 43; vgl. auch Bötzel Schwerbehindertenvertretung und Betriebsrat als Interessenvertretung schwerbehinderter Menschen im Betrieb S. 69 f.; Endres Schwellenwertregelungen im Arbeitsrecht S. 143; Sachadae Die Wahl der Schwerbehindertenvertretung S. 190; aA Trenk-Hinterberger in HK-SGB IX 3. Aufl. § 94 Rn. 39; Hohmann in Wiegand Schwerbehindertenrecht Stand Juni 2017 § 94 SGB IX Rn. 322 [bei Absinken der Anzahl der Beschäftigten im Betrieb insgesamt unter fünf]). Eine solche ausdrückliche Annahme stellt das Gesetz nicht auf; gegen sie sprechen vor allem normsystematische Erwägungen. Sie ist außerdem weder aus teleologischen Gründen geboten noch von der vom Landesarbeitsgericht angenommenen Parallelwertung betriebsverfassungs- und schwerbehindertenvertretungsrechtlicher Maßgaben getragen.

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aa) Im Wortlaut von § 177 Abs. 1 Satz 1, Abs. 7 Satz 1 und Satz 3 SGB IX ist nicht angelegt, dass ein Absinken der Anzahl schwerbehinderter Beschäftigter unter „wenigstens fünf“ während der Amtszeit einer gewählten Schwerbehindertenvertretung zu deren Erlöschen führt. § 177 Abs. 1 Satz 1 SGB IX bindet die Wahl einer Vertrauensperson (und wenigstens eines stellvertretenden Mitglieds) an eine bestimmte Organisationseinheit (Betrieb und Dienststellen), in der eine bestimmte Anzahl (wenigstens fünf) schwerbehinderter Menschen nicht nur vorübergehend beschäftigt ist. Weder in dieser Vorschrift noch in denen zur Amtszeit (§ 177 Abs. 7 Satz 1 SGB IX) und zu den Tatbeständen eines vorzeitigen Erlöschens des Amts der Vertrauensperson (§ 177 Abs. 7 Satz 3 SGB IX) finden sich Anhaltspunkte dafür, dass der Schwellenwert von „wenigstens fünf schwerbehinderten Menschen“ die gesamte Amtszeit der Schwerbehindertenvertretung erreicht sein muss. Allerdings verböte sich eine solche Interpretation angesichts des offenen Gesetzeswortlauts auch nicht von vornherein.

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bb) Systematische Erwägungen sprechen gegen die Annahme, dass das Absinken der Beschäftigtenzahl iSv. § 177 Abs. 1 Satz 1 SGB IX unter den dort geregelten Schwellenwert den Wegfall einer errichteten Schwerbehindertenvertretung bewirkt.

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(1) Der Schwellenwert des § 177 Abs. 1 Satz 1 SGB IX knüpft – anders als die auf die regelmäßige Zahl von Wahlberechtigten rekurrierende Betriebsratsfähigkeit eines Betriebs (vgl. § 1 Abs. 1 BetrVG) und Personalratsfähigkeit einer Dienststelle (vgl. im Anwendungsbereich des Bundespersonalvertretungsrechts § 13 Abs. 1 BPersVG) – nicht an die „in der Regel“ in der Organisationseinheit beschäftigte Anzahl schwerbehinderter Menschen an. Maßgeblich ist damit nicht die den Betrieb oder die Dienststelle allgemein kennzeichnende Anzahl schwerbehinderter Beschäftigter; entsprechend sind keine rückblickende Betrachtung und prognostische Einschätzung veranlasst (vgl. zu diesen Kriterien bei der Bestimmung betriebsverfassungsrechtlich relevanter Schwellenwerte der „in der Regel beschäftigten Arbeitnehmer“ zB BAG 18. Januar 2017 – 7 ABR 60/15 – Rn. 34, BAGE 158, 19). Eine Prognose der Zahl nicht nur vorübergehend beschäftigter schwerbehinderter Menschen (und ihnen Gleichgestellter) ließe sich auch nur bedingt und unzuverlässig erstellen, denn diese hängt weder allein von betrieblichen Planungen ab noch ist sie aufgrund sonstiger objektiver Anhaltspunkte mit einiger Sicherheit vorhersehbar (vgl. BAG 16. November 2005 – 7 ABR 9/05 – Rn. 20, BAGE 116, 205 zu der Frage, ob die Wahl der Schwerbehindertenvertretung im vereinfachten Wahlverfahren durchzuführen ist; ebenso Sachadae Die Wahl der Schwerbehindertenvertretung S. 186 f.; zu prognostischen Ungewissheiten vgl. auch Düwell/Sachadae NZA 2014, 1241). Insoweit zeigt aber das Fehlen einer ausdrücklichen Regelung über ein (vorzeitiges) Amtsende der Schwerbehindertenvertretung im Falle der amtszeitigen Schwellenwertunterschreitung, dass deren Mandat gerade nicht von einer solchen Entwicklung abhängen soll.

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(2) Für dieses Ergebnis streitet darüber hinaus der Normtextvergleich von § 177 Abs. 1 Satz 1 SGB IX mit § 178 Abs. 1 Satz 4 SGB IX. Bei letztgenannter Vorschrift ist die Möglichkeit der Heranziehung des mit der höchsten Stimmenzahl gewählten stellvertretenden Mitglieds zu bestimmten Aufgaben (nur) in Betrieben und Dienststellen „mit in der Regel mehr als 100 beschäftigten schwerbehinderten Menschen“ eröffnet. Die sprachlich modifizierte Fassung des Schwellenwerts legt den Schluss nahe, dass es bei § 178 Abs. 1 Satz 4 SGB IX – insoweit aber gerade anders als bei der auf das Mandat „an sich“ bezogenen Vorschrift des § 177 Abs. 1 Satz 1 SGB IX – auf einen Bestimmungszeitraum unter Berücksichtigung vergangener und künftiger Entwicklungen ankommen soll.

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(3) Die Einbettung der Vorschriften zur Wahl und Amtszeit der Schwerbehindertenvertretung in das Regelungsgefüge des SGB IX „Teil 3. Besondere Regelungen zur Teilhabe schwerbehinderter Menschen (Schwerbehindertenrecht)“ legt es darüber hinaus nahe, § 177 Abs. 1 Satz 1 SGB IX im Kontext mit der grundsätzlichen Verpflichtung privater oder öffentlicher Arbeitgeber zur Beschäftigung schwerbehinderter Menschen nach §§ 154 ff. SGB IX zu interpretieren. Das deutet auf eine dem Schwellenwert inhärente Grundannahme, dass allein die im Zeitpunkt der Wahl bestehende (Mindest-)Zahl der in dem Betrieb oder in der Dienststelle beschäftigten schwerbehinderten Menschen ausschlaggebend ist, weil diese typischerweise schon wegen der Befolgung der Beschäftigungspflicht während der Amtszeit der Schwerbehindertenvertretung nicht unterschritten wird (ähnlich Düwell Wahl der Schwerbehindertenvertretung 3. Aufl. S. 43).

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cc) Die Annahme einer Beendigung des Schwerbehindertenvertretungsmandats bei einem amtszeitigen Unterschreiten der Mindestzahl schwerbehinderter Beschäftigter iSd. § 177 Abs. 1 Satz 1 SGB IX ist nicht aus teleologischen Gründen geboten. Die Argumentation des Landesarbeitsgerichts, der Schwellenwert verhindere die Zersplitterung der Vertretungsorgane und stelle eine Bagatellgrenze dar – weshalb er nicht nur als Voraussetzung für die Wahl, sondern auch für den Bestand der Schwerbehindertenvertretung anzusehen sei -, verfängt nicht. Sie verkennt die Regelungskonzeption der Mindestzahlbestimmung (auch unter Berücksichtigung deren Normhistorie) sowie deren Sinn und Zweck. Auch die gesetzliche Ausgestaltung des Aufgabenkatalogs der Schwerbehindertenvertretung spricht nicht für eine solche Annahme.

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(1) § 177 Abs. 1 Satz 1 SGB IX hebt beim Schwellenwert nicht auf die Zahl der im Betrieb (oder der Dienststelle) beschäftigten Arbeitnehmer ab, sondern auf die der dort nicht nur vorübergehend beschäftigten schwerbehinderten Menschen. Für die Errichtungsfähigkeit einer Schwerbehindertenvertretung ist demnach, anders als das Landesarbeitsgericht meint, nicht die – durch eine Zahl beschäftigter Arbeitnehmer ausgedrückte – Größe der Organisationseinheit „an sich“ entscheidend, sondern die Größe einer Beschäftigtengruppe. Bereits der historische Gesetzgeber hat den Schwellenwert bewusst von der Betriebsgröße entkoppelt. Während § 11 Abs. 2 des Gesetzes über die Beschäftigung Schwerbeschädigter vom 6. April 1920 (RGBl. I S. 458) eine besondere Vertretung der Interessen schwerbehinderter Menschen noch „in Betrieben, die wenigstens 100 Arbeitnehmer beschäftigen“ vorsah, war diese bereits mit § 12 Satz 2 des Gesetzes über die Beschäftigung Schwerbeschädigter in der vom 1. Januar 1923 ab gültigen Fassung (RGBl. I S. 58) ausschließlich an eine (Mindest-)Zahl schwerbehinderter Beschäftigter gebunden („Sofern in einem Betriebe wenigstens fünf schwerbeschädigte Arbeitnehmer nicht nur vorübergehend beschäftigt sind …“; vgl. auch Bötzel Schwerbehindertenvertretung und Betriebsrat als Interessenvertretung schwerbehinderter Menschen im Betrieb S. 5; Sachadae Die Wahl der Schwerbehindertenvertretung S. 134).

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(2) Der so gefasste – beschäftigtengruppenbezogene – Schwellenwert bezweckt nicht die Privilegierung kleinster Organisationseinheiten. Mit ihm ist vielmehr sichergestellt, dass bei einer hinreichenden Zahl derjenigen Beschäftigten, deren spezifischen Interessen und Belangen die Bildung der Schwerbehindertenvertretung dient, eine solche gebildet werden kann. Darüber hinaus zeigt eine Zusammenschau mit den Regelungen zur Wahlberechtigung nach § 177 Abs. 2 SGB IX („… alle in dem Betrieb oder der Dienststelle beschäftigten schwerbehinderten Menschen“) und zur nicht auf schwerbehinderte Menschen beschränkten Wählbarkeit nach § 177 Abs. 3 SGB IX, dass die Mindestzahl des § 177 Abs. 1 Satz 1 SGB IX neben der Funktionsfähigkeit einer organisatorisch separaten Vertretung der schwerbehinderten Beschäftigten (so Endres Schwellenwertregelungen im Arbeitsrecht S. 143) der Sicherstellung deren Legitimation durch eine hinreichend große Personengruppe der Wahlberechtigten dient. Diese Funktion spiegelt ebenso § 177 Abs. 1 Satz 4 SGB IX, wonach abweichend vom betriebs- und personalvertretungsrechtlichen Organisationsrecht eine (gemeinsame) Schwerbehindertenvertretung für mehrere örtlich nahe liegende Betriebe oder Dienststellen gewählt werden kann, wenn sonst die nötige Mindestzahl des § 177 Abs. 1 Satz 1 SGB IX nicht erreicht wird.

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(3) Dieser wahlzeitpunktbezogene Normzweck gebietet keine Annahme, das Amt der Schwerbehindertenvertretung sei mit dem Wegfall ihrer Errichtungsvoraussetzungen vorzeitig beendet. Deren ua. in § 178 SGB IX näher ausgestalteten Aufgaben setzen auch keine bestimmte Größe der Beschäftigtengruppe schwerbehinderter Menschen voraus und greifen zT selbst dann, wenn im Betrieb oder in der Dienststelle gar keine schwerbehinderten Menschen (mehr) beschäftigt sein sollten. Das belegen vor allem die Regelungen des § 178 Abs. 1 Satz 3 SGB IX – wonach die Schwerbehindertenvertretung Beschäftigte bei Anträgen auf Feststellung einer Behinderung, ihres Grades und einer Schwerbehinderung an die nach § 152 Abs. 1 SGB IX zuständigen Behörden sowie auf Gleichstellung an die Agentur für Arbeit unterstützt – sowie zu den Unterrichtungs-, Beteiligungs-, Anhörungs- und Einsichtsrechten der Schwerbehindertenvertretung im Stellenbesetzungsverfahren nach § 164 Abs. 1 Satz 4, Satz 6, Satz 7 und Satz 9 SGB IX sowie § 178 Abs. 2 Satz 4 SGB IX. Insofern soll die Schwerbehindertenvertretung gerade auch – und stärker als Betriebs- und Personalrat – die Eingliederung derer fördern, die noch nicht zur Belegschaft gehören (vgl. Düwell in Grobys/Panzer-Heemeier StichwortKommentar Arbeitsrecht 3. Aufl. Schwerbehindertenvertretung Rn. 5). Zudem ist die Vertrauensperson Verbindungsperson zur Bundesagentur für Arbeit und zu dem Integrationsamt, vgl. § 182 Abs. 2 Satz 2 SGB IX. Auch die nach § 178 Abs. 1 Satz 1 SGB IX ausdrücklich neben die Vertretung der Interessen schwerbehinderter Menschen in dem Betrieb oder der Dienststelle tretende Aufgabe, schwerbehinderten Menschen beratend und helfend zur Seite zu stehen, entfällt nicht bei einem Unterschreiten der für die Wahl der Schwerbehindertenvertretung maßgeblichen Mindestzahl. Sie spricht im Übrigen deutlich dafür, den Schwellenwert des § 177 Abs. 1 Satz 1 SGB IX nicht ausschließlich vor dem Hintergrund einer größenabhängigen (Selbst-)Repräsentanz der schwerbehinderten Menschen im Betrieb und in der Dienststelle zu interpretieren.

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(4) Der vom Landesarbeitsgericht angeführten Vermeidung einer Zersplitterung der Vertretungsorgane im Betrieb (bzw. in der Dienststelle) dient nicht der Schwellenwert des § 177 Abs. 1 Satz 1 SGB IX, sondern die Ausgestaltung der Funktion und Struktur der Schwerbehindertenvertretung. Diese ist in Bezug auf die im Betrieb (in der Dienststelle) beschäftigten schwerbehinderten Menschen gesetzliches Organ der Verfassung des Betriebs (bzw. der Dienststelle, vgl. auch BAG 13. Februar 2020 – 6 AZR 146/19 – Rn. 67 ff., BAGE 169, 362; 21. September 1989 – 1 AZR 465/88 – zu I 2 der Gründe, BAGE 62, 382; Raab GK-BetrVG 12. Aufl. § 32 Rn. 9 f.; ferner auch BeckOK ArbR/Mauer Stand 1. September 2022 BetrVG § 32 Rn. 1; HaKo-BetrVG/Düwell 6. Aufl. § 32 Rn. 10; HWK/Reichold 10. Aufl. § 32 BetrVG Rn. 2). Ihr kommt jedoch weder eine Befugnis zu, für die Gruppe der schwerbehinderten Menschen verbindliche kollektive Regelungen zu vereinbaren, noch hat sie erzwingbare Mitbestimmungsrechte. Diese nimmt vielmehr der Betriebsrat (oder der Personalrat) wahr, welcher die Interessen aller Arbeitnehmer des Betriebs (oder der Dienststelle) einschließlich der schwerbehinderten Beschäftigten gegenüber dem Arbeitgeber vertritt. Das trägt der Vermeidung einer Zersplitterung der Belegschaftsvertretung hinreichend Rechnung (vgl. Fitting 31. Aufl. § 32 Rn. 14).

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dd) Die Argumentation des Landesarbeitsgerichts, der für den Betriebsrat geltende Grundsatz, dass dessen Amt bei einem Unterschreiten des Schwellenwerts von § 1 Abs. 1 Satz 1 BetrVG ende, sei auf die Schwerbehindertenvertretung wegen des Gebots eines Gleichlaufs der beiden Institutionen zu übertragen, verkennt den Wesensgehalt der schwerbehindertenvertretungsrechtlichen Bestimmungen.

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(1) Das Postulat eines Gleichlaufs trägt schon deshalb nicht, weil die Schwerbehindertenvertretung eine autarke Interessenvertretung der schwerbehinderten Beschäftigten ist. Sie kann auch dann gebildet werden, wenn kein Betriebs- oder Personalrat besteht (vgl. Düwell in Grobys/Panzer-Heemeier StichwortKommentar Arbeitsrecht 3. Aufl. Schwerbehindertenvertretung Rn. 2; ders. HaKo-BetrVG 6. Aufl. § 32 Rn. 10; Mushoff in Hauck/Noftz SGB IX Stand Dezember 2018 § 177 Rn. 8; vgl. zu der demgegenüber – allerdings nicht unumstr. – Voraussetzung des Bestehens eines Betriebsrats als Voraussetzung für die Errichtung einer Jugend- und Auszubildendenvertretung zB Fitting 31. Aufl. § 60 Rn. 24 f.), wenngleich Betriebs- und Personalrat nach § 176 Satz 2 Halbs. 2 SGB IX auf ihre Wahl hinwirken. Es konterkariert zudem die gesetzliche Konzeption eines eigenständig-einheitlichen Regelungsrahmens für Schwerbehindertenvertretungen in Betrieben und Dienststellen und dessen Einbindung in die besonderen Bestimmungen zur Teilhabe schwerbehinderter Menschen.

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(2) Geht man dessen ungeachtet mit der Entscheidung des Senats vom 7. April 2004 (- 7 ABR 41/03 – zu B II 1 b der Gründe, BAGE 110, 159) und der nahezu einhelligen Auffassung im Schrifttum (vgl. zB die Nachweise bei Franzen GK-BetrVG 12. Aufl. § 1 Rn. 106) davon aus, dass die Amtszeit des Betriebsrats endet, wenn die Zahl der ständig beschäftigten Arbeitnehmer im Betrieb nicht nur vorübergehend unter fünf sinkt – und damit als Mindestzahl nicht nur Voraussetzung für die Wahl, sondern auch für den Bestand des Betriebsrats ist (so ausdr. Richardi/Maschmann BetrVG 17. Aufl. § 1 Rn. 144 f. unter Verweis auf RAG 17. Dezember 1930 BenshSlg. 10, 506) – begründen die verschiedenen Regelungskonzepte des BetrVG und des Teil 3. Kapitel 5 SGB IX gerade keine Übertragung dieser Rechtsfolge auf die Schwerbehindertenvertretung.

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(a) Das belegen bereits die Unterschiede von § 1 Abs. 1 Satz 1 BetrVG und § 177 Abs. 1 Satz 1 SGB IX. Während § 1 Abs. 1 Satz 1 BetrVG bei der Errichtung des Betriebsrats an die Betriebsgröße anknüpft, stellt § 177 Abs. 1 Satz 1 SGB IX bei der Wahl einer Schwerbehindertenvertretung auf die Zahl schwerbehinderter Beschäftigter ab. § 1 Abs. 1 BetrVG hebt auf den Arbeitnehmerbegriff nach § 5 BetrVG ab, § 177 Abs. 1 SGB IX demgegenüber auf den Begriff der nicht nur vorübergehend beschäftigten schwerbehinderten Menschen (dazu ausf. zB Düwell in LPK-SGB IX 6. Aufl. § 177 Rn. 13). Die Wahlen von Schwerbehindertenvertretung und Betriebsrat finden zudem nach § 177 Abs. 5 Satz 1 SGB IX und § 13 Abs. 1 Satz 1 BetrVG zu verschiedenen Zeitpunkten statt, allerdings hauptsächlich aus Gründen der Entzerrung.

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(b) Der Betriebsrat ist ein Gremium, dessen Mitgliederzahl von der Größe des Betriebs abhängt (§ 9 BetrVG). Ändert sich die Belegschaftsstärke, bewirkt dies unter der Voraussetzung von § 13 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG eine (Neu-)Wahl des Betriebsrats außerhalb der regelmäßigen Betriebsratswahlen. Das BetrVG hält damit ausdrücklich eine Bestimmung vor, wenn sich die für die Betriebsratswahl maßgebende Belegschaftsstärke ändert. Die besondere Vertretung schwerbehinderter Beschäftigter ist demgegenüber unabhängig von deren Anzahl und der Betriebs-/Dienststellengröße als sog. Ein-Personen-Vertretung konzipiert (Düwell in LPK-SGB IX 6. Aufl. § 177 Rn. 6). Gewählt werden eine Vertrauensperson sowie mindestens ein stellvertretendes Mitglied. Das (die) mit der höchsten Stimmenzahl gewählte(n) stellvertretende(n) Mitglied(er) kann die Schwerbehindertenvertretung unter den Voraussetzungen des § 178 Abs. 1 Satz 4 und Satz 5 SGB IX zu bestimmten Aufgaben heranziehen. Das Sinken der Zahl der schwerbehinderten Beschäftigten bildet – konzeptionell konsequent – keinen Regelungsgegenstand.

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(c) Der Verweis des Landesarbeitsgerichts auf § 177 Abs. 8 SGB IX iVm. § 21a BetrVG greift zu kurz. Nach § 21a Abs. 1 Satz 1 BetrVG, der gem. § 177 Abs. 8 SGB IX in Betrieben für die Schwerbehindertenvertretung entsprechend gilt, bleibt der Betriebsrat im Fall der Betriebsspaltung im Amt und führt die Geschäfte für die ihm bislang zugeordneten Betriebsteile weiter, soweit sie die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 Satz 1 BetrVG erfüllen und nicht in einen Betrieb eingegliedert werden, in dem ein Betriebsrat besteht (Übergangsmandat). Sinn und Zweck des Übergangsmandats ist es, die Arbeitnehmer in der Übergangsphase einer Umstrukturierung vor dem Verlust der Beteiligungsrechte zu schützen (BT-Drs. 14/5741 S. 39). Das Übergangsmandat als Vollmandat (Fitting 31. Aufl. § 21a Rn. 20; Kreutz GK-BetrVG 12. Aufl. § 21a Rn. 37) dient der Überbrückung einer Phase des „Übergangs“ bis zu einer Neuwahl des Betriebsrats, wie sich insbesondere aus § 21a Abs. 1 Satz 2 und Satz 3 BetrVG ergibt. Diese Überbrückungsfunktion ist obsolet, sofern der aus der Betriebsspaltung hervorgehende Betriebsteil nicht betriebsratsfähig iSd. § 1 Abs. 1 Satz 1 BetrVG ist (vgl. Fitting 31. Aufl. § 21a Rn. 14; Kreutz GK-BetrVG 12. Aufl. § 21a Rn. 26). Das Betriebsratsmandat endet aber in diesem Fall nicht wegen des Unterschreitens des Schwellenwerts von § 1 Abs. 1 Satz 1 BetrVG, sondern als Folge der Betriebsspaltung (aA Kreutz GK-BetrVG 12. Aufl. § 21a Rn. 27). Entsprechend ist dem Verweis in § 177 Abs. 8 SGB IX auf § 21a BetrVG – anders als das Landesarbeitsgericht argumentiert – keine mittelbare Wertentscheidung des Gesetzgebers dahingehend zu entnehmen, das Unterschreiten des in § 177 Abs. 1 Satz 1 SGB IX festgelegten Schwellenwerts bewirke das vorzeitige Amtsende einer gewählten Schwerbehindertenvertretung (was dann auch nur im Anwendungsbereich des BetrVG und insbesondere nicht für in Dienststellen errichtete Schwerbehindertenvertretungen gölte; vgl. zu diesem ausdrücklich verlautbarten Regelungsgehalt des § 177 Abs. 8 SGB IX die Gesetzesbegründung BT-Drs. 18/9522 S. 315).

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c) Entgegen der Auffassung der Arbeitgeberin bedingt schließlich § 180 Abs. 6 Satz 1 Halbs. 1 Alt. 2 SGB IX, wonach die Gesamtschwerbehindertenvertretung bzw. die deren Rechte und Pflichten nach § 180 Abs. 1 Satz 2 SGB IX wahrnehmende Schwerbehindertenvertretung (hier nach Ansicht der Arbeitgeberin die in ihrem Betrieb in L errichtete Schwerbehindertenvertretung) auch die Interessen der schwerbehinderten Menschen vertritt, die in einem Betrieb tätig sind, für die eine Schwerbehindertenvertretung nicht gewählt ist, keine vorzeitige Beendigung des Amts der Antragstellerin wegen des Unterschreitens des Schwellenwerts von § 177 Abs. 1 Satz 1 SGB IX im Ker Betrieb. Die Mandatserstreckung der (Gesamt-)Schwerbehindertenvertretung setzt einen vertretungslosen Zustand voraus; sie vermag ihn nicht zu begründen.

        

    Schmidt    

        

    Waskow    

        

    Hamacher    

        

        

        

    Welzel    

        

    Wenckebach