7 AZR 300/22

Befristungsabrede - Schriftformerfordernis

Details

  • Aktenzeichen

    7 AZR 300/22

  • ECLI

    ECLI:DE:BAG:2023:160823.U.7AZR300.22.0

  • Art

    Urteil

  • Datum

    16.08.2023

  • Senat

    7. Senat

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Thüringer Landesarbeitsgerichts vom 21. Juni 2022 – 1 Sa 115/21 – wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses aufgrund einer sachgrundlosen Befristung sowie einer vorsorglich erklärten Kündigung der Beklagten.

2

Der Kläger und die Beklagte unterzeichneten unter dem Datum „01. April 2019“ einen befristeten Arbeitsvertrag, auf dessen erster Seite es ua. heißt:

        

„§ 1 Tätigkeit, Vertragsdauer

        

(1)     

Der Arbeitnehmer wird als Kassierer im Südbad für den Zeitraum vom 15. Mai 2019 bis zum 30. September 2019 befristet eingestellt. Das Arbeitsverhältnis endet mit Ablauf der vereinbarten Frist, ohne dass es einer Kündigung bedarf.

        

…“    

        
3

Nach Vertragsunterzeichnung und vor Aufnahme der Tätigkeit durch den Kläger einigten sich die Parteien mündlich auf einen früheren Arbeitsbeginn. Die Beklagte übersandte dem Kläger eine geänderte erste Seite des Arbeitsvertrags, in der eine befristete Einstellung „für den Zeitraum vom 1. Mai 2019 bis zum 30. September 2019“ und eine modifizierte Vertragsnummer ausgewiesen sind, und verband dies mit der Bitte, die erste Seite des Vertrags auszutauschen und die „alte“ erste Seite zurückzusenden. Dies erfolgte nicht; der Kläger nahm seine Tätigkeit am 4. Mai 2019 auf.

4

Mit seiner am 21. Oktober 2019 beim Arbeitsgericht eingegangenen und der Beklagten am 25. Oktober 2019 zugestellten Klage hat der Kläger die Unwirksamkeit der Befristung geltend gemacht. Er hat im Wesentlichen die Ansicht vertreten, die Befristungsabrede entspreche nicht dem Schriftformgebot des § 14 Abs. 4 TzBfG, denn dieses beziehe sich auf die Vertragslaufzeit, deren tatsächliche Änderung nicht schriftlich niedergelegt worden sei. Nachdem die Beklagte das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 12. Dezember 2019 vorsorglich gekündigt hatte, hat der Kläger Kündigungsschutzklage erhoben, welche mit dem vorliegenden Verfahren verbunden worden ist. Hierzu hat der Kläger die Auffassung vertreten, der bei der Beklagten bestehende Betriebsrat sei vor Kündigung nicht ordnungsgemäß angehört worden.

5

Der Kläger hat zuletzt – soweit für die Revision noch von Interesse – sinngemäß beantragt

        

1.    

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen ihm und der Beklagten nicht aufgrund der Befristung zum 30. September 2019 beendet worden ist;

        

2.    

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen ihm und der Beklagten nicht durch die Kündigung der Beklagten vom 12. Dezember 2019 beendet worden ist.

6

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und die Auffassung vertreten, die nach der Unterzeichnung des Arbeitsvertrags vereinbarte Arbeitsaufnahme zu einem früheren als dem ursprünglich vereinbarten Zeitpunkt habe keine Auswirkung auf die Wirksamkeit der Befristung des Arbeitsverhältnisses. Es gebe auch keine zwei Arbeitsverträge, sondern nur einen. Der Schriftform habe lediglich der vereinbarte Endtermin zum 30. September 2019 bedurft.

7

Das Arbeitsgericht hat die Klage – soweit sie in die Revision gelangt ist – durch Versäumnisurteil abgewiesen. Nach erfolgtem Einspruch hat es dieses aufrechterhalten; die hiergegen gerichtete Berufung des Klägers hat das Landesarbeitsgericht zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Kläger seine Anträge weiter. Die Revision stützt sich neben Sachrügen auf eine Verletzung von Verfahrensrecht, weil mit der Berufungsbegründung ua. geltend gemacht worden sei, dass an der arbeitsgerichtlichen Entscheidung der wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnte Direktor des Arbeitsgerichts als Vorsitzender der erkennenden Kammer mitgewirkt habe und die erstinstanzliche Behandlung der insoweit angebrachten Ablehnungsgesuche verfahrensfehlerbehaftet gewesen sei. Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

8

Die zulässige Revision des Klägers ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers gegen das die Klage abweisende arbeitsgerichtliche Urteil zu Recht zurückgewiesen.

9

I. Die Rüge der Verletzung von Verfahrensrecht greift nicht durch.

10

1. Soweit die Revision diese Rüge auf den absoluten Revisionsgrund des § 547 Nr. 1 ZPO iVm. § 72 Abs. 2 Nr. 3 Alt. 1 ArbGG stützen sollte, geht dies schon deshalb fehl, weil der Kläger eine nicht vorschriftsmäßige Besetzung des Berufungsgerichts als dem erkennenden Gericht nicht beanstandet. Gegenstand der Überprüfung im Revisionsverfahren ist allein die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts (§ 72 Abs. 1 ArbGG, § 542 Abs. 1 ZPO). Besetzungsfehler in erster Instanz können eine Verfahrensrüge nicht begründen (vgl. Saenger/Koch 10. Aufl. § 547 ZPO Rn. 5).

11

2. Das Landesarbeitsgericht hat im Übrigen die bei ihm angebrachte Beanstandung, das Arbeitsgericht sei bei der mit der Berufung angegriffenen Entscheidung nicht vorschriftsmäßig besetzt gewesen, frei von Rechtsfehlern behandelt. Es hat zum einen zutreffend eine (inzidente) Überprüfung der arbeitsgerichtlichen Beschlüsse über die vom Kläger angebrachten – und zurückgewiesenen – Ablehnungsgesuche abgelehnt. Bereits § 49 Abs. 3 ArbGG schließt eine solche Inzidentprüfung der Entscheidung über ein Ablehnungsgesuch im Berufungsverfahren grundsätzlich aus. Es war zum anderen – selbst wenn die Behandlung der Ablehnungsgesuche des Klägers in der ersten Instanz verfahrensfehlerhaft gewesen sein und an der Entscheidung des Arbeitsgerichts ein abgelehnter Richter zu Unrecht mitgewirkt haben sollte – zu einer Sachentscheidung über die Berufung berufen. Im Unterschied zu § 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO untersagt § 68 ArbGG für das arbeitsgerichtliche Berufungsverfahren eine Zurückverweisung wegen eines Verfahrensmangels erster Instanz. Das dient dem Grundsatz der Verfahrensbeschleunigung, wie er in § 9 Abs. 1 ArbGG verankert ist. Das Landesarbeitsgericht hat als zweite Tatsacheninstanz die notwendigen Beweise zu erheben und in der Sache selbst zu entscheiden (vgl. BAG 28. Juni 2018 – 8 AZR 141/16 – Rn. 18). Eine Zurückverweisung an das Arbeitsgericht kommt – neben den in § 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 bis Nr. 7 ZPO genannten Fällen – nur ausnahmsweise in Betracht, wenn ein Verfahrensfehler vorliegt, der in der Berufungsinstanz nicht korrigiert werden kann (BAG 20. Februar 2014 – 2 AZR 864/12 – Rn. 13). Ein Besetzungsmangel ist aber reparabel und behoben, wenn vor dem ordnungsgemäß besetzten Berufungsgericht neu verhandelt wird (vgl. BAG 25. Februar 1988 – 2 AZR 500/87 – zu B I 3 a der Gründe).

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II. Die Revision hat auch sonst keinen Erfolg.

13

1. Der zulässige Befristungskontrollantrag ist unbegründet.

14

a) Die Befristung zum 30. September 2019 gilt allerdings nicht bereits nach § 17 Satz 2 TzBfG iVm. § 7 Halbs. 1 KSchG als wirksam. Der Kläger hat rechtzeitig Befristungskontrollklage iSv. § 17 Satz 1 TzBfG erhoben. Er hat die Rechtsunwirksamkeit der Befristung mit seiner am 21. Oktober 2019 beim Arbeitsgericht eingegangenen – und der Beklagten „demnächst“ iSv. §§ 167, 253 Abs. 1 ZPO zugestellten – Klage geltend gemacht.

15

b) Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht angenommen, dass die streitbefangene Befristungsabrede dem Schriftformerfordernis des § 14 Abs. 4 TzBfG genügt. Zum einen haben die Parteien mit der Einigung über einen früheren Beginn der Tätigkeit des Klägers keine weitere oder neue Befristungsabrede unter Missachtung des Schriftformgebots getroffen, weshalb offenbleiben kann, ob eine solche überhaupt Gegenstand der angebrachten Befristungskontrollklage wäre. Zum anderen genügt die Befristung in dem unter dem 1. April 2019 unterzeichneten Arbeitsvertrag auch im Hinblick auf die spätere Einigung über eine frühere Tätigkeitsaufnahme der Schriftform.

16

aa) Nach § 14 Abs. 4 TzBfG bedarf die Befristung eines Arbeitsvertrags zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform. Formbedürftig ist allein die Befristungsabrede (vgl. BAG 7. Oktober 2015 – 7 AZR 40/14 – Rn. 19). Eine nur mündlich vereinbarte Befristung ist nach § 125 Satz 1 BGB nichtig und hat nach § 16 Satz 1 TzBfG die Entstehung eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses zur Folge. Das gilt auch für die Verlängerung eines sachgrundlos befristeten Arbeitsvertrags nach § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG und einen sog. unselbstständigen Annex-Vertrag, mit dem ein neuer Beendigungstermin vereinbart wird (BAG 16. März 2005 – 7 AZR 289/04 – zu I 1 der Gründe, BAGE 114, 146).

17

bb) Die Parteien haben mit der Verständigung, dass der Kläger abweichend von der in § 1 (1) des schriftlich niedergelegten Arbeitsvertrags ausgewiesenen befristeten Einstellung „für den Zeitraum von 15. Mai 2019 bis zum 30. September“ seine Tätigkeit früher aufnimmt, keinen „weiteren“ oder „anderen“ Arbeitsvertrag geschlossen, dessen Befristung nur mündlich vereinbart wäre. Zwar hat das Landesarbeitsgericht eine Auslegung dieser Verständigung unterlassen und ist lediglich von einer „klaren“ Vereinbarung der Parteien über einen Endtermin ihres Arbeitsverhältnisses am 30. September 2019 ausgegangen. Der Senat kann die vertragliche Abrede der Parteien über einen früheren Tätigkeitsbeginn aber selbst auslegen, da das Landesarbeitsgericht den erforderlichen Sachverhalt vollständig festgestellt hat und kein weiteres tatsächliches Vorbringen der Parteien zu erwarten ist (vgl. zu den Voraussetzungen BAG 14. Dezember 2016 – 7 AZR 797/14 – Rn. 42). Diese Auslegung ergibt, dass die Beklagte dem Kläger kein „neues“ Arbeitsvertragsangebot unterbreitet hatte. Sie wollte lediglich den Beginn der Vertragslaufzeit vorverlegen, dem der Kläger mit der früheren Tätigkeitsaufnahme nachgekommen ist. Das folgt deutlich aus der im Zusammenhang mit der vereinbarten Vorverlegung geäußerten Bitte der Beklagten, der Kläger möge die erste Seite des Arbeitsvertrags vom 1. April 2019 austauschen und die „alte“ zurücksenden. Ein solches Vorgehen wäre nicht angezeigt gewesen, wenn es um ein neues oder weiteres befristetes Arbeitsverhältnis hätte gehen sollen. Die auf der neuen ersten Seite von der Beklagten modifiziert angegebene Vertragsnummer besagt nichts anderes, weil gerade kein vollständig neuer Arbeitsvertragstext übersandt worden ist.

18

cc) Die Befristungsabrede im unter dem 1. April 2019 unterzeichneten Arbeitsvertrag, wonach der Kläger bis zum 30. September 2019 befristet eingestellt worden ist und das Arbeitsverhältnis mit Ablauf der vereinbarten Frist endet, genügt dem Schriftformerfordernis des § 14 Abs. 4 TzBfG. Das Landesarbeitsgericht hat diese Abrede zutreffend dahingehend verstanden, dass die Parteien damit einen kalendermäßig bestimmten Endtermin vereinbart haben und keine – wie die Revision meint – ausschließliche (später nur mündlich geänderte) Vertragslaufzeit des Arbeitsverhältnisses. Für eine solche Befristungsabrede mit einem kalendermäßig bestimmten Endtermin bedarf es nach § 14 Abs. 4 TzBfG keiner schriftlichen Festlegung (auch) der Aufnahme des Tätigkeitsbeginns.

19

(1) Die Auslegung der Befristungsabrede in § 1 (1) des Arbeitsvertrags richtet sich nach den für Allgemeine Geschäftsbedingungen geltenden Auslegungsregeln. Zwar hat das Landesarbeitsgericht die für diese Annahme notwendigen Feststellungen nicht getroffen. Hingegen begründet bereits das äußere Erscheinungsbild der Befristungsabrede eine tatsächliche Vermutung dafür, dass es sich um eine Allgemeine Geschäftsbedingung iSv. § 305 Abs. 1 Satz 1 BGB handelt (vgl. dazu BAG 14. Dezember 2016 – 7 AZR 797/14 – Rn. 15 mwN). Zumindest wäre von einer Einmalbedingung iSv. § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB auszugehen. In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat haben die Parteien dieser Annahme auch nicht widersprochen.

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(2) Allgemeine Geschäftsbedingungen und Einmalbedingungen iSv. § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB sind – ausgehend vom Vertragswortlaut – nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei nicht die Verständnismöglichkeiten des konkreten, sondern die des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zu Grunde zu legen sind (BAG 9. Dezember 2015 – 7 AZR 68/14 – Rn. 13). Ansatzpunkt für die nicht am Willen der konkreten Vertragspartner zu orientierende Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist in erster Linie der Vertragswortlaut. Ist der Wortlaut eines Formularvertrags nicht eindeutig, kommt es für die Auslegung entscheidend darauf an, wie der Vertragstext aus der Sicht der typischerweise an Geschäften dieser Art beteiligten Verkehrskreise zu verstehen ist, wobei der Vertragswille verständiger und redlicher Vertragspartner beachtet werden muss. Soweit auch der mit dem Vertrag verfolgte Zweck einzubeziehen ist, kann das nur in Bezug auf typische und von redlichen Geschäftspartnern verfolgte Ziele gelten. Bleibt nach Ausschöpfung der Auslegungsmethoden ein nicht behebbarer Zweifel, geht dies nach § 305c Abs. 2 BGB zulasten des Verwenders (BAG 16. Juni 2021 – 10 AZR 31/20 – Rn. 17). Die Auslegung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen oder Einmalbedingungen iSv. § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB durch das Landesarbeitsgericht ist der uneingeschränkten revisionsrechtlichen Überprüfung zugänglich (vgl. BAG 26. Mai 2021 – 7 AZR 248/20 – Rn. 29 mwN).

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(3) Danach ist das Landesarbeitsgericht zu Recht davon ausgegangen, dass die Parteien einen kalendermäßig befristeten Arbeitsvertrag mittels Festlegung eines Endtermins vereinbart haben.

22

(a) Für dieses Verständnis spricht bereits der Wortlaut von § 1 (1) des Arbeitsvertrags. Die Parteien haben ausdrücklich mit dem 30. September 2019 einen Endtermin ihres Arbeitsverhältnisses bestimmt. Damit ist der Arbeitsvertrag kalendermäßig befristet im Sinn der Angabe eines bestimmten Datums als letzten Tag des Arbeitsverhältnisses. Der Umstand, dass die Klausel zugleich die Einstellung für einen „Zeitraum“ benennt, steht diesem Verständnis nicht entgegen. Ein – wie hier – mit Daten benannter Anfangs- und Endtermin ist nicht gleichzusetzen mit einem ausdrücklichen Vertragszeitraum, der den Endtermin lediglich bestimmbar macht (wie etwa „ab 15. Mai 2019 für 4 ½ Monate“). Werden ein Anfangs- und ein Endtermin mit konkreten Daten angegeben, bezieht sich das im Übrigen auch immer auf einen Zeitraum. Dieser wird aber in § 1 (1) des Arbeitsvertrags gerade nicht eigenständig beschrieben.

23

(b) Für dieses Verständnis sprechen der Vertragszweck sowie das erkennbare Interesse der Beteiligten, nämlich die saisonale Beschäftigung des Klägers als Kassierer in einem Freibad. Mit Ende der Saison besteht unabhängig vom Zeitpunkt der Aufnahme der Tätigkeit kein Beschäftigungsbedarf mehr. Dies war auch aus der Sicht der typischerweise an Geschäften dieser Art beteiligten Verkehrskreise zu erkennen.

24

(c) § 305c Abs. 2 BGB kommt nicht zur Anwendung. Die Anwendung der Unklarheitenregel setzt voraus, dass die Auslegung einer einzelnen AGB-Bestimmung mindestens zwei Ergebnisse als vertretbar erscheinen lässt und von ihnen keines den klaren Vorzug verdient. Es müssen „erhebliche Zweifel“ an der richtigen Auslegung bestehen. Die entfernte Möglichkeit, zu einem anderen Ergebnis zu kommen, genügt für die Anwendung der Bestimmung nicht (BAG 25. Januar 2023 – 10 AZR 109/22 – Rn. 21). Solche erheblichen Zweifel bestehen vorliegend nicht.

25

(d) Die vom Kläger in der Revisionsverhandlung angebrachten Verweise auf das Günstigkeitsprinzip und auf unionsrechtliche Vorgaben verfangen nicht. Mit ihnen wird verkannt, dass weder das Günstigkeitsprinzip noch die EGB-UNICE-CEEP-Rahmenvereinbarung über befristete Arbeitsverträge im Anhang der Richtlinie 1999/70/EG des Rates vom 28. Juni 1999 Auslegungsmaximen für das Verständnis einer Befristungsabrede sind.

26

(4) Das Landesarbeitsgericht hat weiter zu Recht erkannt, dass die so verstandene Befristungsabrede dem Schriftformerfordernis des § 14 Abs. 4 TzBfG genügt. Die Parteien haben mit dem 30. September 2019 ein bestimmtes Datum als Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses schriftlich niedergelegt. Die Vorverlegung des Arbeitsbeginns lässt dieses Enddatum unberührt und bedurfte nicht der Schriftform. Der Anfangszeitpunkt eines befristeten Arbeitsvertrags bedarf allenfalls dann der Schriftform, wenn er zur Bestimmung des Endzeitpunkts maßgeblich ist. Erforderlich ist stets, dass der Endzeitpunkt eindeutig bestimmt oder bestimmbar ist; entsprechend unterliegen bei kalendermäßigen Befristungen entweder das Beendigungsdatum oder der Vertragsbeginn und die Vertragsdauer („ab einem bestimmten Datum für eine bestimmte Dauer“) dem Schriftformgebot (vgl. auch APS/Backhaus 6. Aufl. TzBfG § 14 Rn. 699; Arnold/Gräfl/Gräfl 5. Aufl. § 14 TzBfG Rn. 435). Auch die mit dem Hinausschieben eines Beendigungstermins verbundene Verlängerung eines befristeten Arbeitsvertrags ist formbedürftig, weil hierin grundsätzlich eine (weitere) eigenständige Befristung liegt. Das ist aber nicht gleichermaßen zu übertragen auf die Vorverlegung des vereinbarten Beginns eines – mittels Datumsangabe des Beendigungszeitpunkts – befristeten Arbeitsvertrags und der damit gleichfalls verbundenen „Verlängerung“ der Vertragsdauer. Entgegen der Auffassung der Revision geben Sinn und Zweck von § 14 Abs. 4 TzBfG dies auch nicht vor. Das Schriftformerfordernis des § 14 Abs. 4 TzBfG dient dazu, angesichts der besonderen Bedeutung der Befristung, die automatisch zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses führt, größtmögliche Rechtssicherheit zu gewährleisten (vgl. BT-Drs. 14/626 S. 11). Außerdem bezweckt es eine Erleichterung der Beweisführung. Es soll unnötiger Streit über das Vorliegen und den Inhalt einer Befristungsabrede vermieden werden. Dem Arbeitnehmer soll außerdem deutlich vor Augen geführt werden, dass sein Arbeitsverhältnis – anders als bei dem Abschluss eines unbefristeten Arbeitsvertrags – mit der Vereinbarung der Befristung zu einem bestimmten Zeitpunkt automatisch enden wird und daher keine dauerhafte Existenzgrundlage bilden kann (ausf. zu dieser Klarstellungs-, Beweis- und Warnfunktion von § 14 Abs. 4 TzBfG BAG 23. Juli 2014 – 7 AZR 771/12 – Rn. 39 ff., BAGE 148, 357; vgl. auch BAG 14. Dezember 2016 – 7 AZR 797/14 – Rn. 46; 26. Juli 2006 – 7 AZR 514/05 – Rn. 16, BAGE 119, 149; APS/Backhaus 6. Aufl. TzBfG § 14 Rn. 663; HWK/Rennpferdt 10. Aufl. § 14 TzBfG Rn. 193; Arnold/Gräfl/Gräfl 5. Aufl. § 14 TzBfG Rn. 419). Bei der kalendermäßigen Befristung unterliegen demnach die Elemente der Schriftform, die den Endtermin des Arbeitsvertrags bestimmen oder bestimmbar machen. Ist ein konkretes Datum als Beendigung des Arbeitsverhältnisses schriftlich festgehalten, tangiert die Angabe des Beginns des Arbeitsverhältnisses weder den klarstellenden und warnenden noch den beweissichernden Zweck des § 14 Abs. 4 TzBfG. Unabhängig vom Beginn des befristeten Arbeitsverhältnisses ist bei einer schriftlichen datumsmäßigen Benennung eines „Endtermins“ – hier „30. September 2019“ – für den Arbeitnehmer klar erkennbar, zu welchem Zeitpunkt es enden soll. Entgegen der Auffassung des Klägers lässt sich den Gesetzesmaterialien zu § 14 Abs. 4 TzBfG auch nicht entnehmen, dass sich die Beweisfunktion der schriftlichen Befristungsabrede ebenso auf die Einhaltung der Befristungshöchstdauer – vor allem nach § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG – erstrecken soll. Gegenstand des Schriftformgebots ist die Befristungsabrede „an sich“ und allein auf diese bezieht sich die bezweckte Erleichterung der Beweisführung. Wie das Landesarbeitsgericht zutreffend argumentiert hat, gibt § 14 Abs. 4 TzBfG die Schriftform für jedwede Befristungen vor, auch für solche, deren Zulässigkeit sich nicht anhand einer (Gesamt-)Vertragsdauer bemisst, wie Befristungen mit Sachgrund nach § 14 Abs. 1 TzBfG.

27

c) Schließlich hat das Landesarbeitsgericht zu Recht erkannt, dass die streitbefangene Befristung nach § 14 Abs. 2 TzBfG zulässig ist.

28

aa) Nach § 14 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 1 TzBfG ist die kalendermäßige Befristung eines Arbeitsvertrags ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes bis zur Dauer von zwei Jahren zulässig. Bis zu dieser Gesamtdauer ist nach § 14 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 2 TzBfG die höchstens dreimalige Verlängerung eines kalendermäßig befristeten Arbeitsvertrags zulässig.

29

bb) Danach ist die angegriffene Befristung zulässig. Ungeachtet dessen, ob das bis zum 30. September 2019 befristete Arbeitsverhältnis tatsächlich ab dem 1. oder dem 4. Mai 2019 bestanden hat, ist mit ihm die zulässige Höchstbefristungsdauer von zwei Jahren nicht überschritten.

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2. Der unbedingt erhobene Kündigungsschutzantrag ist gleichfalls unbegründet. Im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigungserklärung hat schon kein Arbeitsverhältnis mehr bestanden.

31

III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Schmidt    

        

    Waskow    

        

    Hamacher    

        

        

        

    Steininger    

        

    Welzel