Tenor
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg – Kammern Mannheim – vom 21. April 2020 – 19 Sa 46/19 – im Kostenpunkt vollständig und im Übrigen insoweit aufgehoben, als der Kläger – auf den Widerklageantrag zu 3. hin – verurteilt wurde, an die Beklagte 66.500,00 Euro nebst Zinsen zu zahlen.
Auch insoweit wird die Berufung der Beklagten gegen das Schlussurteil des Arbeitsgerichts Mannheim vom 27. Juni 2019 – 8 Ca 306/16 – zurückgewiesen.
Von den Kosten I. Instanz zu einem Streitwert iHv. 1.186.083,05 Euro haben der Kläger 54 vH und die Beklagte 46 vH zu tragen.
Von den Kosten II. Instanz zu einem Streitwert iHv. 727.117,23 Euro haben der Kläger 71 vH und die Beklagte 29 vH zu tragen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens zu einem Streitwert iHv. 66.500,00 Euro hat die Beklagte zu tragen.
Leitsatz
Der Arbeitnehmer hat dem Arbeitgeber grundsätzlich die durch das Tätigwerden einer spezialisierten Anwaltskanzlei entstandenen notwendigen Kosten zu ersetzen, wenn der Arbeitgeber diese anlässlich eines konkreten Verdachts einer erheblichen Verfehlung des Arbeitnehmers mit Ermittlungen gegen den Arbeitnehmer beauftragt hat und der Arbeitnehmer einer schwerwiegenden vorsätzlichen Vertragspflichtverletzung überführt wird.
Tatbestand
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Die Parteien streiten im Revisionsverfahren noch darüber, ob der Kläger und Widerbeklagte (im Folgenden Kläger) der Beklagten und Widerklägerin (im Folgenden Beklagte) zum Ersatz von Anwaltskosten iHv. 66.500,00 Euro verpflichtet ist.
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Der Kläger war bei der Beklagten als Leiter des Zentralbereichs Einkauf tätig. Er war Mitglied der Führungsebene FK1 und erzielte im Jahr 2015 ein Bruttoeinkommen iHv. insgesamt ca. 450.000,00 Euro.
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In den Jahren 2013, 2014 und 2016 lud der Kläger auf Kosten der Beklagten Personen ohne dienstliche Veranlassung zu Essen ein. Dabei gab er in der Mehrzahl der Fälle auf den Bewirtungsbelegen unzutreffende Anlässe sowie Personen an, die an den jeweiligen Essen nicht teilgenommen hatten. Der Beklagten entstand insoweit ein Schaden iHv. 1.090,10 Euro.
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In der Zeit vom 9. April 2014 bis zum 3. Mai 2016 unternahm der Kläger sechs Reisen zu Champions-League-Spielen des FC Bayern München und rechnete gegenüber der Beklagten Reisekosten hierfür iHv. insgesamt 1.014,35 Euro ab. Die Tickets für die Spiele erhielt der Kläger auf Anforderung von Geschäftspartnern der Beklagten. Des Weiteren unternahm er gemeinsam mit seinem Sohn am 15. September 2014 eine Zugreise von Nürnberg nach München und zurück, die zulasten der Beklagten Kosten iHv. 73,00 Euro auslöste.
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Zusammen mit seinem Stellvertreter unternahm der Kläger in der Zeit vom 30. März 2015 bis zum 2. April 2015 eine Reise nach New York. Zwischen den Parteien ist streitig, ob hierfür ein dienstlicher Anlass bestand. Dabei entstanden Kosten für Flüge, Hotelaufenthalte, den Besuch einer Theateraufführung sowie eines Basketballspiels, Taxifahrten und Restaurantbesuche iHv. insgesamt 5.950,60 Euro. Darüber hinaus errechnete die Beklagte für diesen Zeitraum ein – nach ihrer Ansicht zu Unrecht – gezahltes anteiliges Bruttoarbeitsentgelt iHv. 7.187,04 Euro.
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Die Beklagte überließ dem Kläger im Juni 2013 eine auf seinen Namen ausgestellte Firmenkreditkarte (Corporate Meeting Card) zur Begleichung von Kosten bei Dienstreisen. Mit dieser Karte, die der Kläger unstreitig auch anderen Mitarbeitern seiner Abteilung zur Verfügung stellte, tätigte der Mitarbeiter der Beklagten J Barabhebungen iHv. (mindestens) 206.264,47 Euro. Wegen dieser Abhebungen gab der Mitarbeiter J am 26. Juli 2016 ein notarielles Schuldanerkenntnis über 297.508,00 Euro zugunsten der Beklagten ab. Im Zusammenhang mit den vom Mitarbeiter J getätigten Abhebungen streiten die Parteien darüber, ob der Kläger seine Überwachungspflichten verletzt hat.
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Der Kläger beauftragte die Unternehmensberatung „The Bo Consulting“ (im Folgenden BC) mit der Erstellung von Unterlagen zum Thema „Procurement“, wofür der Beklagten von der BC ein Betrag iHv. insgesamt 498.907,50 Euro brutto bzw. 419.250,00 Euro netto in Rechnung gestellt wurde. Inwiefern diese Unterlagen internen Zwecken der Beklagten, ua. der „B Academy“ dienen sollten, ist zwischen den Parteien streitig. Der Kläger verwandte die Unterlagen im Rahmen seiner Lehrtätigkeit am Stiftungslehrstuhl „Procurement“ der Universität M, an dem die Beklagte beteiligt ist.
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Ferner beauftragte der Kläger die Unternehmensberatung „boh“ mit der Erstellung von Unterlagen zum Thema „Governance“ bzw. „Governance Framework“. Dafür wurden gegenüber der Beklagten zunächst 35.700,00 Euro brutto abgerechnet. Der Kläger gab die entsprechende Rechnung vom 17. Dezember 2015 ebenso frei wie weitere Rechnungen der Unternehmensberatung boh vom 21. Dezember 2015 und vom 23. Mai 2016 über jeweils 17.850,00 Euro brutto sowie eine Rechnung vom 15. Februar 2016 über 20.230,00 Euro brutto. Zwischen den Parteien ist streitig, ob den Rechnungen Leistungen der Unternehmensberatung boh zugunsten der Beklagten oder zugunsten der Vorlesungstätigkeit des Klägers an der Universität M oder ob ihnen überhaupt keine Leistungen zugrunde lagen. In der Zeit vom 7. Dezember 2015 bis zum 24. Juni 2016 überwies Frau Boh an den Kläger in vier Tranchen insgesamt 31.830,00 Euro, wobei streitig ist, ob dies für eine Überlassung von Unterlagen durch den Kläger an Frau Boh erfolgte oder ob es sich um sog. „Kick-Back“-Zahlungen handelte. Weitere 3.894,35 Euro wurden der Beklagten für die Übersetzung von Unterlagen der Unternehmensberatung boh in der Zeit vom 23. Februar 2016 bis zum 10. März 2016 in die englische Sprache belastet.
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Am 22. und 24. Mai 2016 gingen bei der Beklagten anonyme Verdachtsmeldungen wegen „Compliance-Verstößen“ des „Einkaufsleiters“ im Zusammenhang mit dem Besuch von Champions-League-Spielen des FC Bayern München und wegen unangemessenen Verhaltens desselben gegenüber weiblichen Angestellten ein. Unter der Rubrik „Case Report/Beschreibung des Falles“ heißt es bei der einen Verdachtsmeldung:
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„Ein anonymer Hinweisgeber berichtet davon, dass der Einkaufsleiter wiederholt von einem Externen zu Champions League Spielen eingeladen werde. Der Einkaufsleiter habe diese Einladungen auch angenommen.“ |
und bei der anderen Meldung:
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„Der Personalvorstand informiert darüber, dass Hinweise dafür vorliegen, dass sich der Einkaufsleiter im Umgang mit Mitarbeiterinnen nicht angemessen verhält.“ |
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Bei der Beklagten ist ein sog. IAMC („lndependent Allegation Management Committee“) eingerichtet. Dieses entscheidet darüber, ob und auf welche Weise Meldungen über interne Verstöße gegen gesetzliche Bestimmungen oder Konzern-/Unternehmensrichtlinien nachgegangen wird. Das IAMC traf im Hinblick auf die og. anonymen Verdachtsmeldungen die Entscheidung, eine Untersuchung durch Einschaltung einer auf die Durchführung von Compliance-Ermittlungen spezialisierten externen Kanzlei durchzuführen. Zur Begründung führte es beispielsweise hinsichtlich der erstgenannten anonymen Verdachtsmeldung aus:
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„Die Gesamtsituation und nächsten Schritte wurde ausführlich diskutiert. Auch auf Hinweis von C/IA betreffend der besonderen Situation (FK1 Mitarbeiter der Hauptverwaltung; enge Zusammenarbeit zw. Fachbereichen) wurde entschieden, dass die Vorwurfsfrage nicht durch C/IA, sondern extern aufgearbeitet werden soll. C/IA wird prüfen, welcher Anbieter diesbezüglich in Betracht kommt und sich hierzu mit C/CP abstimmen.“ |
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Am 2. Juni 2016 wurde die Anwaltssozietät P beauftragt, die am 12. August 2016 einen – nicht zu den Akten gereichten – umfassenden Untersuchungsbericht vorlegte. Für ihre Ermittlungen und Untersuchungen, mit denen überwiegend zwei Anwälte beschäftigt waren, stellte die Anwaltskanzlei P der Beklagten – ausgehend von einem Stundenhonorar iHv. 350,00 Euro – insgesamt 209.679,68 Euro in Rechnung. Die Vertrauensschadenversicherung der Beklagten erstattete dieser wegen der gesamten Untersuchungs- und Ermittlungskosten einen Betrag iHv. 59.501,60 Euro und trat die auf sie übergegangenen Schadensersatzansprüche gegen den Mitarbeiter J und alle sonstigen in Betracht kommenden Ersatzpflichtigen mit Rückabtretungserklärung vom 28. November 2016 an die Beklagte ab.
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Die Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger am 23. Juni 2016 außerordentlich fristlos und hilfsweise ordentlich zum 30. Juni 2017 mit der Begründung, der Kläger habe gegen das sog. Schmiergeldverbot verstoßen und darüber hinaus jeweils private Auslagen auf Kosten der Beklagten abgerechnet. Er habe zudem mehrfachen Spesenbetrug begangen.
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Mit Schreiben vom 5. September 2016 machte die Beklagte gegenüber dem Kläger unter anderem einen Anspruch auf Ersatz der Kosten der Anwaltskanzlei P geltend. Der Kläger wies die geltend gemachten Ansprüche mit Schreiben vom 9. September 2016 zurück.
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Der Kläger hat die Kündigung mit einer Kündigungsschutzklage angegriffen. Die Beklagte hat ihn erstinstanzlich widerklagend auf Zahlung von Schadensersatz iHv. insgesamt 1.025.691,10 Euro in Anspruch genommen, und zwar iHv. 15.315,09 Euro wegen Spesenbetrugs, iHv. 206.264,47 Euro wegen des Missbrauchs der Firmenkreditkarte, iHv. 209.679,68 Euro auf Erstattung der ihr durch die Beauftragung der Anwaltskanzlei P entstandenen Kosten, iHv. 498.907,50 Euro wegen der von der BC in Rechnung gestellten Beträge, iHv. 91.630,00 Euro wegen der von der Unternehmensberatung boh in Rechnung gestellten Beträge und iHv. 3.894,35 Euro wegen der Kosten der Übersetzung der Unterlagen der Unternehmensberatung boh.
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Die Beklagte hat – soweit für das Revisionsverfahren von Bedeutung – die Auffassung vertreten, der Kläger habe ihr die ihr von der Anwaltskanzlei P in Rechnung gestellten Kosten nach den vom Bundesarbeitsgericht für die Erstattung von Detektivkosten aufgestellten Grundsätzen zu erstatten. Insbesondere sei die Beauftragung der Anwaltskanzlei P erforderlich gewesen.
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Sie habe eine fallbezogene Untersuchung aufgrund von konkreten Verdachtshinweisen auf Compliance-Verstöße durchgeführt und damit die Aufklärungspflicht der Unternehmensleitung wahrgenommen. Diese bestehe in der Pflicht zur unverzüglichen Sachverhaltsaufklärung, zum Abstellen der Verstöße sowie zur angemessenen Sanktionierung des festgestellten Fehlverhaltens. Diese Pflichten seien nicht disponibel, ein Verstoß hiergegen könne zur persönlichen Haftung des Vorstands wegen pflichtwidrigen Unterlassens führen. Da die Aufklärungspflicht unabhängig von dem damit verbundenen wirtschaftlichen oder sonstigen Aufwand bestehe, seien die Kosten nach § 249 BGB erstattungsfähig. Sie seien mit den Kosten für die Einschaltung eines Detektivs zur Vorbereitung einer eventuellen Kündigung wegen Pflichtverletzungen, deren ein Mitarbeiter verdächtigt wird, vergleichbar. Das sei für Organhaftungsansprüche wegen Pflichtverletzungen von Vorstandsmitgliedern anerkannt.
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Die Ermittlungen, die im Zeitraum vom 2. Juni 2016 bis zum 12. August 2016 stattgefunden hätten, seien in drei Phasen erfolgt. In der ersten Phase, die bis zum 21. Juni 2016 angedauert habe, seien mit einem Arbeitsvolumen von 180 Stunden firmeninterne Unterlagen ausgewertet und zahlreiche Mitarbeiter befragt worden. In der zweiten Phase seien mit einem Arbeitsvolumen von 30 Stunden Anhörungen des Klägers und weiterer betroffener Mitarbeiter der Einkaufsabteilung erfolgt. In der dritten Phase habe sie mit den Rechtsanwälten der Sozietät P über das weitere Vorgehen beraten und es seien zusätzliche Ermittlungen angestellt worden.
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§ 12a Abs. 1 Satz 1 ArbGG stehe dem von ihr geltend gemachten Schadensersatzanspruch nicht entgegen. Sie verlange nicht den Ersatz von Verfahrens- oder Rechtsverfolgungskosten im engeren Sinne, sondern die Erstattung der Kosten, die zur Aufklärung der Pflichtverletzungen sowie zur Überprüfung des Verdachts entstanden seien, ob der Kläger überhaupt Pflichtverletzungen begangen habe. Die Aufklärungsmaßnahmen hätten in erster Linie dazu gedient, Rechtsverstöße zu unterbinden. Es sei unschädlich, dass sie spezialisierte Anwälte und keine Detektei beauftragt habe. Insofern komme es auf den Inhalt des Prüfungsauftrags an und nicht darauf, ob eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, forensische Experten oder Rechtsanwälte beauftragt würden. Das vereinbarte Stundenhonorar liege zwar über den Gebühren nach dem Gesetz über die Vergütung der Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte, sei aber angemessen, wie sich auch aus der Bestätigung der Rechtsanwaltskammer Karlsruhe vom 3. Februar 2017 ergebe.
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Die Beklagte hat – soweit für das Revisionsverfahren von Interesse – zuletzt widerklagend beantragt,
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den Kläger zu verurteilen, an die Beklagte Schadensersatz iHv. 209.679,68 Euro nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 30. September 2016 zu zahlen. |
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Der Kläger hat seinen Antrag, die Widerklage abzuweisen, damit begründet, die Beklagte habe keinen Anspruch auf Erstattung der durch die Einschaltung der Anwaltskanzlei P entstandenen Kosten. Die Grundsätze, die das Bundesarbeitsgericht zur Erstattungsfähigkeit von Detektivkosten aufgestellt habe, kämen vorliegend nicht zur Anwendung. Aus den Meldungen von Whistleblowern vom 22. und 24. Mai 2016 habe sich kein konkreter Verdacht eines Compliance-Verstoßes bzw. einer Straftat gegen ihn ergeben. Die von der Beklagten in Auftrag gegebenen Untersuchungen seien zudem lediglich Vorbereitungshandlungen gewesen. Sie hätten dem Zweck gedient, zu ermitteln, ob überhaupt ein Anspruch bestehe. Die Gewinnung solcher Informationen und deren rechtliche Würdigung erfolge ebenso wie die umfassende rechtliche Beratung der Beklagten regelmäßig durch Rechtsanwälte. Damit würden letztlich typische Anwaltskosten im Gewand eines materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs geltend gemacht, was nach § 12a Abs. 1 Satz 1 ArbGG allerdings ausgeschlossen sei. Daran ändere die Verpflichtung eines Vorstands zur unverzüglichen Sachverhaltsaufklärung, zum Abstellen von Verstößen sowie zur angemessenen Sanktionierung eines festgestellten Fehlverhaltens nichts.
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Das Arbeitsgericht hat die Kündigungsschutzklage durch Teilurteil abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die hiergegen gerichtete Berufung des Klägers rechtskräftig zurückgewiesen. Mit Schlussurteil hat das Arbeitsgericht den Kläger auf die Widerklage der Beklagten verurteilt, an diese Schadensersatz wegen zu Unrecht abgerechneter Reisekosten und Spesen iHv. 2.703,54 Euro zu zahlen; im Übrigen hat es die Widerklage – auch wegen der begehrten Erstattung der von der Anwaltskanzlei P in Rechnung gestellten Kosten – abgewiesen. Mit der Berufung hat die Beklagte vom Kläger die Zahlung weiterer 727.117,23 Euro begehrt, wobei sie die erstinstanzlich geltend gemachten Ansprüche wegen des Kreditkartenmissbrauchs iHv. 206.264,47 Euro, auf Ersatz der Kosten für eine Bahnreise des Klägers mit seinem Sohn iHv. 73,00 Euro sowie auf Ersatz der Übersetzungskosten iHv. 3.894,35 Euro nicht mehr weiterverfolgt hat. Das Landesarbeitsgericht hat den Kläger auf die Berufung der Beklagten ua. teilweise, nämlich iHv. 66.500,00 Euro zur Erstattung der der Beklagten von der Anwaltskanzlei P in Rechnung gestellten Kosten verurteilt, wobei es angenommen hat, der Ersatzanspruch sei ohnehin auf die bis zum Ausspruch der Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch die Beklagte am 23. Juni 2016 entstandenen Kosten begrenzt. Mit der Revision wendet sich der Kläger ausschließlich gegen seine Verurteilung zur Erstattung der Kosten der Anwaltskanzlei P iHv. 66.500,00 Euro. Die Beklagte beantragt die Zurückweisung der Revision.
Entscheidungsgründe
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A. Mit dem Einverständnis der Parteien konnte vorliegend im schriftlichen Verfahren ohne mündliche Verhandlung entschieden werden, § 128 Abs. 2 ZPO.
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B. Die zulässige Revision des Klägers ist begründet. Das Landesarbeitsgericht hat der Beklagten zu Unrecht 66.500,00 Euro zugesprochen. Die Beklagte hat gegen den Kläger – anders als das Landesarbeitsgericht angenommen hat -keinen (anteiligen) Anspruch auf Erstattung der Kosten, die ihr von der Anwaltskanzlei P für deren Tätigwerden bis zum Ausspruch der außerordentlichen Kündigung durch die Beklagte am 23. Juni 2016 berechnet wurden. Ein solcher Anspruch folgt weder aus § 280 Abs. 1 BGB noch aus § 823 Abs. 2 BGB iVm. § 263 Abs. 1 StGB. Zwar kann ein Arbeitgeber grundsätzlich vom Arbeitnehmer die durch das Tätigwerden einer spezialisierten Anwaltskanzlei entstandenen notwendigen Kosten ersetzt verlangen, wenn er die Anwaltskanzlei anlässlich eines konkreten Verdachts einer erheblichen Verfehlung des Arbeitnehmers mit Ermittlungen gegen diesen beauftragt hat und der Arbeitnehmer einer schwerwiegenden vorsätzlichen Vertragspflichtverletzung überführt wird. Dem steht § 12a Abs. 1 Satz 1 ArbGG, der als spezielle arbeitsrechtliche Regelung nicht nur einen prozessualen, sondern auch einen materiellen Kostenerstattungsanspruch ausschließt, nicht entgegen. Diese Bestimmung findet in einem solchen Fall keine Anwendung. Die Beklagte hat jedoch nicht dargelegt, dass die von ihr geltend gemachten Kosten notwendig waren.
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I. Ein Arbeitgeber kann grundsätzlich vom Arbeitnehmer die durch das Tätigwerden einer spezialisierten Anwaltskanzlei entstandenen notwendigen Kosten ersetzt verlangen, wenn er die Anwaltskanzlei anlässlich eines konkreten Verdachts einer erheblichen Verfehlung des Arbeitnehmers mit Ermittlungen gegen diesen beauftragt hat und der Arbeitnehmer einer schwerwiegenden vorsätzlichen Vertragspflichtverletzung überführt wird.
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1. Nach § 249 Abs. 1 BGB erstreckt sich die Schadensersatzpflicht des Schädigers auch auf Aufwendungen des Geschädigten, soweit diese nach den Umständen des Falls als notwendig anzusehen sind. Dazu gehört auch die Abwendung drohender Nachteile, wenn sich insofern konkrete Verdachtsmomente ergeben (BAG 26. September 2013 – 8 AZR 1026/12 – Rn. 22; 28. Oktober 2010 – 8 AZR 547/09 – Rn. 24; 17. September 1998 – 8 AZR 5/97 – zu C II 1 der Gründe, BAGE 90, 1; vgl. auch BGH 24. April 1990 – VI ZR 110/89 – zu II 2 c der Gründe, BGHZ 111, 168).
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2. Dies gilt auch, soweit es um Ermittlungen des Arbeitgebers im Hinblick auf die Begehung von Vertragsverstößen bzw. von unerlaubten Handlungen durch den Arbeitnehmer geht. Auch hier umfasst die Ersatzpflicht nach § 249 Abs. 1 BGB nur Aufwendungen, die der Abwehr drohender Nachteile dienen (vgl. BAG 26. September 2013 – 8 AZR 1026/12 – Rn. 22). Es muss demnach um die Beseitigung einer Störung bzw. eines Schadens (vgl. BAG 26. September 2013 – 8 AZR 1026/12 – aaO) oder um die Verhinderung eines konkret drohenden (weiteren) Schadens (vgl. BAG 28. Oktober 2010 – 8 AZR 547/09 – Rn. 29; 28. Mai 2009 – 8 AZR 226/08 – Rn. 22; 17. September 1998 – 8 AZR 5/97 – zu C II 1 der Gründe, BAGE 90, 1) gehen, etwa darum, eine – drohende – Vertragsverletzung des Arbeitnehmers durch eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu beseitigen (vgl. BAG 28. Oktober 2010 – 8 AZR 547/09 – Rn. 31).
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3. Vor dem Hintergrund, dass § 254 BGB von einem Geschädigten die Rücksichtnahme auf das Interesse des Schädigers an der Geringhaltung des Schadens verlangt, muss es sich zudem um Ermittlungsmaßnahmen handeln, die ein vernünftiger, wirtschaftlich denkender Arbeitgeber nach den Umständen des Einzelfalls zur Beseitigung der Störung bzw. zur Schadensverhütung nicht nur als zweckmäßig, sondern auch als erforderlich ergriffen haben würde (BAG 26. September 2013 – 8 AZR 1026/12 – Rn. 22 mwN; vgl. auch BGH 24. April 1990 – VI ZR 110/89 – zu II 2 c der Gründe, BGHZ 111, 168).
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Unter diesen Voraussetzungen kann auch die Beauftragung eines Detektivs oder anderer dritter Personen erforderlich sein. Soweit hierdurch Kosten entstehen, die höher sind als im Fall eigener Ermittlungen des Arbeitgebers bzw. der bei ihm beschäftigten Personen, muss der Schädiger diese aber nur dann ersetzen, wenn eigene Ermittlungen durch den Arbeitgeber (bzw. bei ihm beschäftigter Personen) nicht oder nicht in zumutbarer Weise in Betracht kommen. Dies kann auf verschiedenen Gründen beruhen, zB auf dem Umfang der Ermittlungen, so dass hierfür das erforderliche Arbeitszeitvolumen nicht zur Verfügung steht (vgl. BGH 4. Mai 2011 – VIII ZR 171/10 – Rn. 26), darauf, dass eine Überwachung durch Personen erfolgen muss, die der betroffene Arbeitnehmer (zB bei Testkäufen) nicht erkennen soll oder darauf, dass der Arbeitgeber bzw. die bei ihm beschäftigten Personen nicht über die erforderliche fachliche Qualifikation verfügen.
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4. Der Grundsatz, dass es sich um Ermittlungsmaßnahmen handeln muss, die ein vernünftiger, wirtschaftlich denkender Arbeitgeber nach den Umständen des Einzelfalls zur Beseitigung der Störung bzw. zur Schadensverhütung nicht nur als zweckmäßig, sondern auch als erforderlich ergriffen haben würde, gilt allerdings nicht nur für die Art der Aufwendung, sondern auch für den Umfang des Schadensersatzes (vgl. BGH 24. April 1990 – VI ZR 110/89 – zu II 2 c der Gründe, BGHZ 111, 168).
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5. Weitere Voraussetzung der Erstattungsfähigkeit von Ermittlungskosten ist ein konkreter Verdacht einer erheblichen Verfehlung – strafbaren Handlung oder schwerwiegenden Vertragsverletzung – des Arbeitnehmers (BAG 28. Oktober 2010 – 8 AZR 547/09 – Rn. 24; 28. Mai 2009 – 8 AZR 226/08 – Rn. 26; 17. September 1998 – 8 AZR 5/97 – zu C II 2 c cc der Gründe, BAGE 90, 1). Der Verdacht muss objektiv durch Tatsachen begründet sein, die so beschaffen sind, dass sie einen verständigen und gerecht abwägenden Arbeitgeber zum Ausspruch einer Kündigung veranlassen können. Der Verdacht muss darüber hinaus dringend sein, dh. es muss eine große Wahrscheinlichkeit dafür bestehen, dass der Arbeitnehmer die Straftat oder schwerwiegende Vertragsverletzung tatsächlich begangen hat (vgl. BAG 26. September 2013 – 8 AZR 1026/12 – Rn. 25 mwN). Nur in einem solchen Fall ist es gerechtfertigt, davon auszugehen, dass der Willensentschluss des geschädigten Arbeitgebers zur Tätigung der Aufwendungen den Zurechnungszusammenhang nicht unterbricht, da er nicht frei getroffen, sondern durch das Verhalten des Schädigers veranlasst worden ist (vgl. Palandt/Grüneberg 80. Aufl. Vorbem. vor § 249 Rn. 44). Der konkrete Verdacht einer erheblichen Verfehlung – strafbaren Handlung oder schwerwiegenden Vertragsverletzung – des Arbeitnehmers muss zudem zu dem Zeitpunkt bestehen, in dem die Ermittlungen erfolgen bzw. die Aufwendungen entstehen (vgl. BAG 17. September 1998 – 8 AZR 5/97 – zu C II 2 c cc der Gründe, BAGE 90, 1; vgl. auch BGH 24. April 1990 – VI ZR 110/89 – zu II 2 c der Gründe, BGHZ 111, 168), wobei es nicht ausgeschlossen ist, dass die Ergebnisse der Ermittlungen ihrerseits einen (weiteren) konkreten Tatverdacht begründen, der seinerseits Anlass zu weiteren Ermittlungen gibt.
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6. Da die Ersatzpflicht nach § 249 Abs. 1 BGB nur Aufwendungen umfasst, die der Abwehr drohender Nachteile dienen, muss der Arbeitnehmer letztlich aufgrund der Ermittlungen einer vorsätzlichen Vertragsverletzung bzw. unerlaubten Handlung überführt werden (BAG 28. Oktober 2010 – 8 AZR 547/09 – Rn. 24; 28. Mai 2009 – 8 AZR 226/08 – Rn. 22).
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II. Liegen die unter Rn. 24 ff. ausgeführten Voraussetzungen vor und kann der Arbeitgeber vom Arbeitnehmer grundsätzlich die durch das Tätigwerden einer spezialisierten Anwaltskanzlei entstandenen notwendigen Kosten ersetzt verlangen, steht § 12a Abs. 1 Satz 1 ArbGG dem Ersatzanspruch des Arbeitgebers nicht entgegen. Diese Bestimmung findet in einem solchen Fall keine Anwendung.
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1. Zwar schließt § 12a Abs. 1 Satz 1 ArbGG als spezielle arbeitsrechtliche Regelung nicht nur einen prozessualen Kostenerstattungsanspruch, sondern auch einen materiell-rechtlichen Anspruch auf Erstattung von bis zum Schluss einer eventuellen ersten Instanz entstandenen Beitreibungskosten – unabhängig von seiner Anspruchsgrundlage – und damit auch einen Anspruch auf Erstattung außer- und vorgerichtlicher Rechtsverfolgungskosten aus (vgl. BAG 22. Oktober 2020 – 8 AZR 412/19 – Rn. 11; 28. November 2019 – 8 AZR 293/18 – Rn. 20, BAGE 169, 14; 25. September 2018 – 8 AZR 26/18 – Rn. 23 ff., BAGE 163, 309, jeweils mwN).
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2. Es kann vorliegend offenbleiben, ob und inwieweit es sich bei den Anwaltskosten, die die Anwaltskanzlei P für ihr Tätigwerden der Beklagten in Rechnung gestellt hat, um Beitreibungs- bzw. Rechtsverfolgungskosten iSv. § 12a Abs. 1 Satz 1 ArbGG handelt, wie der Kläger (vgl. in diesem Sinne auch MüKoBGB/Oetker 8. Aufl. § 249 Rn. 185) meint. Selbst wenn dies der Fall sein sollte, stünde § 12a Abs. 1 Satz 1 ArbGG einem Ersatzanspruch der Beklagten nicht entgegen. In einem solchen Fall wäre eine teleologische Reduktion von § 12a Abs. 1 Satz 1 ArbGG geboten.
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a) Die teleologische Reduktion ist dadurch gekennzeichnet, dass sie die nach ihrem Wortlaut anzuwendende Vorschrift hinsichtlich eines Teils der von ihr erfassten Fälle für gleichwohl unanwendbar hält, weil Sinn und Zweck, Entstehungsgeschichte und Zusammenhang der einschlägigen Regelung gegen eine uneingeschränkte Anwendung sprechen. Sie setzt voraus, dass der gesetzessprachlich erfasste, dh. der gesetzlich in bestimmter Weise geregelte Fall nach Maßgabe des Gleichheitssatzes nach einer anderen Entscheidung verlangt als die übrigen geregelten Fälle, um Wertungswidersprüche zu vermeiden (vgl. BAG 12. Juni 2019 – 7 AZR 317/17 – Rn. 27 mwN, BAGE 167, 93).
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b) Eine teleologische Reduktion kommt allerdings nur dann in Betracht, wenn sich eine planwidrige Regelungslücke feststellen lässt. Dies setzt voraus, dass sich die betreffende Vorschrift – hier § 12a Abs. 1 Satz 1 ArbGG – gemessen an ihrer zugrundeliegenden Regelungsabsicht, in dem Sinne als unvollständig erweisen würde, dass sie einen erforderlichen Ausnahmetatbestand nicht aufweist (vgl. BGH 14. August 2019 – IV ZR 279/17 – Rn. 10, BGHZ 223, 57; 30. September 2014 – XI ZR 168/13 – Rn. 13, BGHZ 202, 302; 18. Juli 2014 – V ZR 291/13 – Rn. 14). Ihre Anwendung müsste demnach zu zweckwidrigen Ergebnissen führen (vgl. BAG 28. November 2019 – 8 AZR 293/18 – Rn. 39 mwN, BAGE 169, 14).
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c) Danach wäre eine teleologische Reduktion von § 12a Abs. 1 Satz 1 ArbGG geboten.
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aa) Der Zweck von § 12a Abs. 1 Satz 1 ArbGG – sowie seiner Vorgängerregelung in § 61 Abs. 1 Satz 2 ArbGG 1953 – besteht darin, das erstinstanzliche arbeitsgerichtliche Verfahren zum Schutz des in der Regel sozial schwächeren Arbeitnehmers möglichst zu verbilligen und damit das Kostenrisiko überschaubar zu halten. Arbeitnehmer sollen – wegen ihrer typischerweise bestehenden wirtschaftlichen Unterlegenheit – auch dann, wenn sie im Arbeitsgerichtsprozess unterliegen, nicht mit den in § 12a Abs. 1 Satz 1 ArbGG genannten Kosten belastet werden. Hierdurch soll vermieden werden, dass sie in arbeitsrechtlichen Streitigkeiten von einer gerichtlichen Verfolgung bestehender Ansprüche absehen. Allerdings gilt § 12a Abs. 1 Satz 1 ArbGG aus Gründen der gebotenen Parität auch für den Arbeitgeber oder eine sonstige Partei, die vor dem Arbeitsgericht unterliegt. Danach soll keine Partei damit rechnen können oder müssen, dass ihr im Fall des Obsiegens die Kosten der Hinzuziehung eines Bevollmächtigten sowie die Kosten für Zeitversäumnis erstattet oder dass ihr im umgekehrten Fall des Unterliegens die Kosten des Bevollmächtigten des Gegners sowie die Kosten der Zeitversäumnis des Gegners auferlegt werden (BAG 28. November 2019 – 8 AZR 293/18 – Rn. 27 mwN, BAGE 169, 14).
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bb) Der Schutz eines Arbeitnehmers vor einer Erstattungspflicht für Anwaltskosten, die dem Arbeitgeber zur Abwendung drohender Nachteile entstehen, die ihrerseits auf einer vorsätzlichen Vertragspflichtverletzung oder unerlaubten Handlung des Arbeitnehmers beruhen, würde zu zweckwidrigen Ergebnissen führen und dem Rechtsgedanken des § 242 BGB zuwiderlaufen. Es wäre mit dem Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) unvereinbar, wenn sich der Arbeitnehmer, der eine vorsätzliche Vertragspflichtverletzung oder vorsätzliche unerlaubte Handlung begangen hat, darauf berufen könnte, der Arbeitgeber müsse die Aufwendungen selbst tragen, die durch eben diese vorsätzliche Vertragspflichtverletzung oder vorsätzliche unerlaubte Handlung veranlasst wurden. Insoweit beschränkt sich die Bedeutung von § 242 BGB nicht auf die Leistungserbringung, vielmehr wirkt der Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) rechtsbegrenzend, indem er nicht nur den Willen der Vertragsparteien, sondern auch den Anwendungsbereich einer Norm begrenzt (vgl. MüKoBGB/Schubert 8. Aufl. § 242 Rn. 2; Staudinger/Looschelders/Olzen [2019] § 242 Rn. 143; Palandt/Grüneberg 80. Aufl. § 242 Rn. 6).
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III. Gleichwohl hat die Beklagte gegen den Kläger keinen Anspruch auf Erstattung der ihr von der Anwaltskanzlei P für deren Tätigkeit bis zum Ausspruch der außerordentlichen Kündigung durch die Beklagte am 23. Juni 2016 in Rechnung gestellten Kosten. Ein solcher Anspruch folgt weder aus § 280 Abs. 1 BGB noch aus § 823 Abs. 2 BGB iVm. § 263 Abs. 1 StGB. Die Beklagte hat entgegen der Annahme des Landesarbeitsgerichts nämlich nicht dargetan, dass die geltend gemachten Kosten erforderlich waren. Es fehlt bereits an einer substantiierten Darlegung, welche konkreten Tätigkeiten wann und in welchem zeitlichen Umfang wegen welchen konkreten Verdachts gegen den Kläger von der beauftragten Anwaltskanzlei P ausgeführt wurden.
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1. Zweifelhaft ist bereits, ab welchem Zeitpunkt ein hinreichender Verdacht einer erheblichen Verfehlung – strafbaren Handlung oder schwerwiegenden Vertragsverletzung – des Klägers bestand, insbesondere ob ein solcher Verdacht schon zum Zeitpunkt der Beauftragung der Anwaltskanzlei P vorlag oder sich erst später im Verlauf der Ermittlungen ergeben hat.
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a) Die Beklagte hatte ihre Ermittlungen gegen den Kläger aufgrund der am 22. und 24. Mai 2016 eingegangenen anonymen Verdachtsmeldungen wegen „Compliance-Verstößen“ des „Einkaufsleiters“ im Zusammenhang mit dem Besuch der Champions-League-Spiele des FC Bayern München und wegen unangemessenen Verhaltens desselben gegenüber weiblichen Angestellten eingeleitet. Letzteren Vorwurf, der zu Beginn der Ermittlungen noch Untersuchungsgegenstand war, hat die Beklagte später nicht weiterverfolgt. Im Hinblick auf die gemeldeten Compliance-Verstöße im Zusammenhang mit dem Besuch der Champions-League-Spiele des FC Bayern München lag zunächst lediglich ein allgemeiner anonymer Hinweis vor, der zwar aufgrund der Benennung der Funktion „Einkaufsleiter“ und des Hinweises auf die Führungsebene FK1/FK2 einen Rückschluss auf die Person des Klägers zuließ, der aber noch keine weiteren konkreten Angaben im Hinblick auf eine im Zusammenhang mit dem Besuch der Champions-League-Spiele stehende schwerwiegende Pflichtverletzung des Klägers enthielt.
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b) Zwar ergab sich im Rahmen der Ermittlungen durch die Anwaltskanzlei P dann in deren weiteren Verlauf ein hinreichender Tatverdacht gegen den Kläger wegen dieser und anderer Vertragspflichtverletzungen, auf die die Beklagte später sowohl ihre außerordentliche Kündigung gegenüber dem Kläger als auch die mit der Widerklage geltend gemachten Ansprüche stützte. Wann im Rahmen der Ermittlungen welche Umstände bekannt wurden und inwieweit diese dann Anlass gaben, weitere Untersuchungen anzustellen, ergibt sich aus dem Vorbringen der Beklagten aber nicht. Dies könnte zwar aus den Tätigkeitsnachweisen der Anwaltskanzlei P hervorgehen; diese wurden von der Beklagten im vorliegenden Verfahren jedoch nicht vorgelegt.
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2. Die Frage, ab welchem Zeitpunkt aufgrund welcher Umstände ein hinreichender Verdacht einer erheblichen Verfehlung – strafbaren Handlung oder schwerwiegenden Vertragsverletzung – des Klägers bestand, kann aber dahinstehen, weil ein Anspruch der Beklagten gegen den Kläger auf Erstattung der ihr von der Anwaltskanzlei P für deren Tätigkeiten bis zum 23. Juni 2016 in Rechnung gestellten Kosten iHv. 66.500,00 Euro aus anderen Gründen ausscheidet. Die Beklagte hat nicht dargetan, dass die von der Anwaltskanzlei P bis zum Ausspruch der außerordentlichen Kündigung am 23. Juni 2016 durchgeführten Tätigkeiten im abgerechneten Umfang erforderlich waren.
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Die Beklagte hat entgegen der Annahme des Landesarbeitsgerichts schon nicht substantiiert dargelegt, welche konkreten Tätigkeiten die Anwaltskanzlei P – in der Zeit bis zum Ausspruch der außerordentlichen Kündigung am 23. Juni 2016 – wann und in welchem zeitlichen Umfang wegen welchen konkreten Verdachts ausgeführt hat, dh. welcher Stundenaufwand auf welche konkreten Ermittlungsschritte entfiel (vgl. zu diesem Erfordernis BGH 24. April 1990 – VI ZR 110/89 – zu II 3 c der Gründe, BGHZ 111, 168). Es fehlt an einer genauen Auflistung der Tätigkeiten bezogen auf die einzelnen Verdachtsmomente. Insoweit hat die Beklagte nicht nur nicht dargelegt, ab wann welcher konkrete Verdacht von Compliance-Verstößen des Klägers bestand und welche einzelnen Ermittlungstätigkeiten sich auf welche Verstöße des Klägers bezogen. Sie hat zudem ua. nicht angegeben, in welchem Umfang Ermittlungen wegen des Verdachts des unangemessenen Verhaltens gegenüber weiblichen Angestellten durchgeführt wurden, die nach der am 18. Mai 2017 von der Anwaltskanzlei P erstellten „Chronologie und Verlauf der internen Untersuchung in Sachen Dr. H“ nach der ersten Phase der Untersuchung als Gegenstand der Ermittlungen ausgeschieden wurden. Darüber hinaus ist unklar, in welchem zeitlichen Umfang die Ermittlungen auf Untersuchungen zu einer Täterschaft des Klägers, auf Untersuchungen zur Höhe des Schadens sowie auf die rechtliche Prüfung der Vorwürfe, also rechtsberatende Tätigkeiten entfielen. Nur auf der Grundlage entsprechender Angaben wäre eine Prüfung möglich gewesen, ob die Anwaltskanzlei überhaupt jeweils Tätigkeiten zur Aufklärung und Störungsbeseitigung unternommen hatte oder ob sie rechtsberatend tätig gewesen war.
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3. Ob im Rahmen der von der Beklagten durchgeführten Ermittlungen die Beauftragung einer Anwaltskanzlei erforderlich war oder ob insoweit eigene Ermittlungen durch die Beklagte möglich gewesen wären, kann nach alledem ebenso dahinstehen wie die Frage nach der Angemessenheit des von der Beklagten mit der Anwaltskanzlei P vereinbarten Stundenhonorars iHv. 350,00 Euro.
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Andreas Henniger |