Tenor
1. Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 15. Dezember 2015 – 3 Sa 21/15 – wird zurückgewiesen.
2. Die Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.
Leitsatz
Endet das Arbeitsverhältnis durch den Tod des Arbeitnehmers, haben dessen Erben nach § 1922 Abs. 1 BGB iVm. § 7 Abs. 4 BUrlG Anspruch auf Abgeltung des von dem Erblasser nicht genommenen Urlaubs.
Tatbestand
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Die Parteien streiten über die Abgeltung von Urlaubsansprüchen des verstorbenen Ehemanns der Klägerin aus dem Jahr 2010.
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Die Klägerin ist Alleinerbin ihres am 20. Dezember 2010 verstorbenen Ehemanns (Erblasser). Dieser war bis zu seinem Tod bei der Beklagten mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 39 Stunden und einer Stundenvergütung iHv. 30,04 Euro brutto in einer Fünftagewoche beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis fand der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst vom 13. September 2005 (TVöD) Anwendung. In diesem Tarifvertrag heißt es in der für den streitigen Zeitraum maßgeblichen Fassung ua.:
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„§ 26 |
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Erholungsurlaub |
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(1) |
1Beschäftigte haben in jedem Kalenderjahr Anspruch auf Erholungsurlaub unter Fortzahlung des Entgelts (§ 21). 2Bei Verteilung der wöchentlichen Arbeitszeit auf fünf Tage in der Kalenderwoche beträgt der Urlaubsanspruch in jedem Kalenderjahr |
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… |
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nach dem vollendeten 40. Lebensjahr |
30 Arbeitstage. |
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… 6Der Erholungsurlaub muss im laufenden Kalenderjahr gewährt und kann auch in Teilen genommen werden. |
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(2) |
Im Übrigen gilt das Bundesurlaubsgesetz mit folgenden Maßgaben: |
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a) |
Im Falle der Übertragung muss der Erholungsurlaub in den ersten drei Monaten des folgenden Kalenderjahres angetreten werden. Kann der Erholungsurlaub wegen Arbeitsunfähigkeit oder aus betrieblichen/dienstlichen Gründen nicht bis zum 31. März angetreten werden, ist er bis zum 31. Mai anzutreten. |
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b) |
Beginnt oder endet das Arbeitsverhältnis im Laufe eines Jahres, erhält die/der Beschäftigte als Erholungsurlaub für jeden vollen Monat des Arbeitsverhältnisses ein Zwölftel des Urlaubsanspruchs nach Absatz 1; § 5 BUrlG bleibt unberührt. |
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…“ |
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Der Erblasser wurde im Dezember 2010 rückwirkend zum 18. August 2010 als schwerbehinderter Mensch anerkannt. Einschließlich eines zeitanteiligen Zusatzurlaubs für schwerbehinderte Menschen von zwei Tagen hatte er vor seinem Tod für das Jahr 2010 einen Resturlaubsanspruch von 25 Arbeitstagen. Die Klägerin verlangte von der Beklagten mit einem am 5. Januar 2011 zugegangenen Schreiben vom selben Tage ohne Erfolg, den dem Erblasser vor seinem Tod zustehenden Urlaub abzugelten.
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Die Klägerin hat zuletzt beantragt,
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die Beklagte zu verurteilen, an sie 5.857,75 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 6. Januar 2011 zu zahlen. |
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Die Beklagte hat die Abweisung der Klage beantragt und die Rechtsauffassung vertreten, der Erbe eines während des Arbeitsverhältnisses verstorbenen Arbeitnehmers könne nicht die Abgeltung des diesem vor seinem Tod zustehenden Urlaubs beanspruchen. Jedenfalls bestehe ein solcher Anspruch nicht in einer den gesetzlichen Mindesturlaub übersteigenden Höhe.
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Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt die Beklagte ihr auf Abweisung der Klage gerichtetes Begehren weiter.
Entscheidungsgründe
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Die Revision der Beklagten ist unbegründet. Die Klage ist begründet. Die Vorinstanzen haben zu Recht erkannt, dass die Klägerin gemäß § 1922 Abs. 1 BGB iVm. § 7 Abs. 4 BUrlG von der Beklagten die Abgeltung von 25 Arbeitstagen Urlaub mit einem Betrag iHv. 5.857,75 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 6. Januar 2011 beanspruchen kann.
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I. Dem Erblasser standen nach den getroffenen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts bis zu seinem Tod am 20. Dezember 2010 noch 25 Arbeitstage Urlaub aus dem Jahr 2010 zu. Dieser setzte sich aus dem gesetzlichen Mindesturlaub (§§ 1, 3 Abs. 1 BUrlG), tariflichem Mehrurlaub (§ 26 Abs. 1 TVöD) und anteiligem Zusatzurlaub für schwerbehinderte Menschen (§ 125 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1 SGB IX in der bis zum 31. Dezember 2017 gültigen Fassung – SGB IX aF) zusammen.
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II. Die Klägerin kann nach § 1922 Abs. 1 BGB iVm. § 7 Abs. 4 BUrlG die Abgeltung des gegenüber dem Erblasser bis zu dessen Tod nicht erfüllten Urlaubsanspruchs verlangen. Im Zeitpunkt des Todes endete das Arbeitsverhältnis des Erblassers. Zugleich ging sein Vermögen gemäß § 1922 Abs. 1 BGB auf die Klägerin als Alleinerbin über. Der Anspruch auf Vergütung als finanzieller Aspekt des dem Erblasser bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses noch zustehenden Anspruchs auf bezahlten Jahresurlaub ist mit Eintritt des Erbfalls nicht erloschen. Er besteht fort und ist an die Erben abzugelten (§ 7 Abs. 4 BUrlG).
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1. Für den gesetzlichen Mindesturlaub ergibt dies die richtlinienkonforme Auslegung der §§ 1, 7 Abs. 4 BUrlG (vgl. Arnold/Zeh NZA 2019, 1, 5; ErfK/Gallner 19. Aufl. BUrlG § 1 Rn. 23; Joussen RdA 2015, 305, 321; Kamanabrou RdA 2017, 162, 164 f.; Pötters Anm. EuZW 2014, 590, 592; Ricken NZA 2014, 1361, 1362 f.; Schneider ZESAR 2017, 79, 82 f.; Worm/Thelen NJW 2016, 1764, 1765). Der Senat hält an seiner gegenteiligen Rechtsprechung (zuletzt BAG 18. Oktober 2016 – 9 AZR 45/16 (A) – und – 9 AZR 196/16 (A) – jeweils Rn. 14) nicht weiter fest.
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a) Nach der bisherigen Rechtsprechung des Senats stand den Erben eines verstorbenen Arbeitnehmers kein Anspruch auf Urlaubsabgeltung nach § 7 Abs. 4 BUrlG zu, wenn das Arbeitsverhältnis durch den Tod des Arbeitnehmers endete (zuletzt BAG 18. Oktober 2016 – 9 AZR 45/16 (A) – und – 9 AZR 196/16 (A) – jeweils Rn. 14 mwN). Dem lag im Wesentlichen die Annahme zugrunde, der Urlaubsanspruch nach § 1 BUrlG gehe als höchstpersönlicher Anspruch des Arbeitnehmers iSd. § 613 Satz 1 BGB mit dessen Tod unter. Der Tod führe nicht nur zum Erlöschen des Freistellungsanspruchs des Arbeitnehmers, sondern auch zum Untergang des Anspruchs auf Zahlung der Vergütung für die Zeit des nicht genommenen Urlaubs. Vor der Beendigung des Arbeitsverhältnisses erwerbe der Arbeitnehmer keine Vermögensposition, die als Teil seines Vermögens nach § 1922 Abs. 1 BGB mit dem Erbfall auf die Erben übergehe und sich als Vollrecht, werdendes Recht oder Anwartschaft nach seinem Tod in einen Abgeltungsanspruch iSv. § 7 Abs. 4 BUrlG umwandeln könne (vgl. BAG 12. März 2013 – 9 AZR 532/11 – Rn. 12; 20. September 2011 – 9 AZR 416/10 – Rn. 14 ff. mwN, BAGE 139, 168).
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b) Mit Beschlüssen vom 18. Oktober 2016 (- 9 AZR 45/16 (A) – und – 9 AZR 196/16 (A) -) hat der Senat den Gerichtshof der Europäischen Union gemäß Art. 267 AEUV um Vorabentscheidung ersucht, ob Art. 7 der Richtlinie 2003/88/EG oder Art. 31 Abs. 2 GRC dem Erben eines während des Arbeitsverhältnisses verstorbenen Arbeitnehmers einen Anspruch auf einen finanziellen Ausgleich für den dem Arbeitnehmer vor seinem Tod zustehenden Jahresurlaub einräumt.
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c) Der Gerichtshof hat mit Urteil vom 6. November 2018 (- C-569/16 und C-570/16 – [Bauer und Willmeroth]) in Fortführung seiner bisherigen Rechtsprechung (vgl. dazu insb. EuGH 12. Juni 2014 – C-118/13 – [Bollacke]) erkannt, dass Art. 7 der Richtlinie 2003/88/EG und Art. 31 Abs. 2 GRC einer nationalen Regelung entgegenstehen, nach der bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch den Tod des Arbeitnehmers der von ihm erworbene, vor seinem Tod nicht mehr genommene Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub untergeht, ohne dass ein Anspruch auf finanzielle Vergütung für diesen Urlaub besteht, der im Wege der Erbfolge auf die Rechtsnachfolger des Arbeitnehmers übergehen könnte (EuGH 6. November 2018 – C-569/16 und C-570/16 – [Bauer und Willmeroth]).
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aa) Der Gerichtshof geht davon aus, dass der Tod nicht rückwirkend zum vollständigen Verlust des einmal erworbenen Anspruchs auf bezahlten Jahresurlaub führt, der gleichbedeutend mit dem Anspruch auf Freistellung den auf Bezahlung umfasst. Unter seinem finanziellen Aspekt betrachtet sei der Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub rein vermögensrechtlicher Natur. Dieser Vermögensbestandteil dürfe den Erben des Arbeitnehmers durch dessen Tod nicht rückwirkend entzogen werden. Art. 7 Abs. 2 der Richtlinie 2003/88/EG sehe vor, dass der bezahlte Mindestjahresurlaub außer bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht durch eine finanzielle Vergütung ersetzt werden dürfe und stelle damit insbesondere sicher, dass der Arbeitnehmer über eine tatsächliche Ruhezeit verfügen könne, damit ein wirksamer Schutz seiner Sicherheit und seiner Gesundheit gewährleistet sei. Ende das Arbeitsverhältnis, sei es aber nicht mehr möglich, den bezahlten Jahresurlaub, der dem Arbeitnehmer zugestanden habe, tatsächlich zu nehmen. Um zu verhindern, dass dem Arbeitnehmer wegen der Unmöglichkeit, den Urlaub nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu nehmen, jeder Genuss dieses Anspruchs, selbst in finanzieller Form, verwehrt werde, bestimme Art. 7 Abs. 2 der Richtlinie 2003/88/EG, dass der Arbeitnehmer Anspruch auf eine finanzielle Vergütung für die nicht genommenen Urlaubstage habe. Die Bestimmung stelle für das Entstehen des Anspruchs keine anderen Voraussetzungen auf als diejenigen, dass zum einen das Arbeitsverhältnis beendet sei und zum anderen der Arbeitnehmer nicht den gesamten bezahlten Jahresurlaub genommen habe, auf den er bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses Anspruch hatte. Der Grund für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses spiele für den Anspruch auf eine finanzielle Vergütung keine Rolle (EuGH 6. November 2018 – C-569/16 und C-570/16 – [Bauer und Willmeroth] Rn. 42 bis 48).
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bb) Der Gerichtshof hat hervorgehoben, dass eine nationale Regelung nicht anzuwenden sei, wenn sie nicht in diesem Sinne im Einklang mit Art. 7 der Richtlinie 2003/88/EG und Art. 31 Abs. 2 GRC ausgelegt werden könne. Das nationale Gericht habe aber dafür Sorge zu tragen, dass der Rechtsnachfolger des verstorbenen Arbeitnehmers von dem Arbeitgeber eine finanzielle Vergütung für den vom Arbeitnehmer gemäß diesen Bestimmungen erworbenen, vor seinem Tod nicht mehr genommenen bezahlten Jahresurlaub erhalte. Stehe dem Rechtsnachfolger in einem Rechtsstreit ein staatlicher Arbeitgeber gegenüber, folge diese Verpflichtung für das nationale Gericht aus Art. 7 der Richtlinie 2003/88/EG und aus Art. 31 Abs. 2 GRC. Stehe ihm ein privater Arbeitgeber gegenüber, folge sie aus Art. 31 Abs. 2 GRC (vgl. EuGH 6. November 2018 – C-569/16 und C-570/16 – [Bauer und Willmeroth] Rn. 92).
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d) Die nationalen Gerichte sind danach gehalten, bei der Anwendung des nationalen Rechts dieses so weit wie möglich anhand des Wortlauts und des Zwecks der Richtlinie auszulegen, um das in der Richtlinie festgelegte Ziel zu erreichen und damit Art. 288 Abs. 3 AEUV nachzukommen (vgl. EuGH 6. November 2018 – C-569/16 und C-570/16 – [Bauer und Willmeroth] Rn. 66 f.).
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aa) Art. 267 AEUV weist dem Gerichtshof zur Verwirklichung der Verträge über die Europäische Union, der Rechtssicherheit und der Rechtsanwendungsgleichheit sowie einer einheitlichen Auslegung und Anwendung des Unionsrechts die Aufgabe der verbindlichen Auslegung der Verträge und Richtlinien zu (vgl. BAG 21. Februar 2017 – 1 ABR 62/12 – Rn. 27, BAGE 158, 121; 7. August 2012 – 9 AZR 353/10 – Rn. 26, BAGE 142, 371). Daraus folgt, dass die nationalen Gerichte die Unionsvorschrift in dieser Auslegung (grundsätzlich) auch auf andere Rechtsverhältnisse als das dem Vorabentscheidungsersuchen zugrunde liegende anwenden können und müssen, und zwar auch auf solche, die vor Erlass der auf das Auslegungsersuchen ergangenen Entscheidung des Gerichtshofs entstanden sind (BVerfG 10. Dezember 2014 – 2 BvR 1549/07 – Rn. 26).
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bb) Allerdings unterliegt der Grundsatz der richtlinienkonformen Auslegung des nationalen Rechts Schranken. Die Pflicht zur Verwirklichung eines Richtlinienziels im Weg der Auslegung findet ihre Grenzen an dem nach innerstaatlicher Rechtstradition methodisch Erlaubten. Sie darf nicht als Grundlage für eine Auslegung des nationalen Rechts contra legem dienen. Besteht jedoch ein Auslegungsspielraum, ist das nationale Gericht verpflichtet, diesen zur Verwirklichung des Richtlinienziels bestmöglich auszuschöpfen (vgl. BVerfG 26. September 2011 – 2 BvR 2216/06, 2 BvR 469/07 – Rn. 46 f.). Ob und inwieweit das innerstaatliche Recht eine entsprechende richtlinienkonforme Auslegung zulässt, haben allein die nationalen Gerichte zu beurteilen (BVerfG 26. September 2011 – 2 BvR 2216/06, 2 BvR 469/07 – Rn. 47; 21. Februar 2017 – 1 ABR 62/12 – Rn. 29, BAGE 158, 121; 7. August 2012 – 9 AZR 353/10 – Rn. 31, BAGE 142, 371).
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e) Die Bestimmungen der §§ 1, 7 Abs. 4 BUrlG lassen sich richtlinienkonform auslegen. Damit bedarf es keiner Entscheidung des Senats, ob und inwieweit diese Vorschriften des Bundesurlaubsgesetzes aufgrund der Entscheidung des Gerichtshofs vom 6. November 2018 (- C-569/16 und C-570/16 – [Bauer und Willmeroth]) wegen Unvereinbarkeit mit Art. 31 Abs. 2 GRC unangewendet bleiben müssten.
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aa) Der Wortlaut von § 1 und § 7 Abs. 4 BUrlG steht einer richtlinienkonformen Auslegung nicht entgegen, nach der den Erben der Abgeltungsanspruch auch für den Fall der Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch den Tod des Arbeitnehmers zusteht. Vielmehr ist der finanzielle Aspekt des Anspruchs auf Erholungsurlaub im Bundesurlaubsgesetz unabdingbar angelegt.
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(1) Nach § 1 BUrlG hat jeder Arbeitnehmer in jedem Kalenderjahr Anspruch auf bezahlten Erholungsurlaub. Das Bundesurlaubsgesetz begründet damit nicht nur einen Freistellungsanspruch, sondern auch einen Anspruch des Arbeitnehmers auf Bezahlung. Das Gesetz verlangt, dass die Zeit der Freistellung von der Arbeitspflicht „bezahlt“ sein muss. § 1 BUrlG entspricht insoweit Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2003/88/EG, der den Anspruch auf Freistellung und denjenigen auf Zahlung des Urlaubsentgelts als zwei Aspekte eines einzigen Anspruchs behandelt (BAG 10. Februar 2015 – 9 AZR 455/13 – Rn. 21, BAGE 150, 355).
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(2) § 7 Abs. 4 BUrlG sieht vor, dass der Urlaub abzugelten ist, wenn er wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses ganz oder teilweise nicht mehr gewährt werden kann. Die Bestimmung knüpft allein an die durch die Beendigung des Arbeitsverhältnisses verursachte Unmöglichkeit an, den noch bestehenden Urlaubsanspruch des Arbeitnehmers durch bezahlte Freistellung von der Arbeitspflicht zu realisieren, ohne bestimmte Beendigungstatbestände auszunehmen. Sie trifft keine Unterscheidung zwischen den Beendigungstatbeständen und enthält keine gesonderte Regelung über das rechtliche Schicksal der Vergütungskomponente des Anspruchs auf bezahlten Jahresurlaub, wenn das Arbeitsverhältnis durch den Tod des Arbeitnehmers endet. § 7 Abs. 4 BUrlG lässt damit seinem Wortlaut nach die Auslegung zu, dass Urlaub abzugelten ist, weil das Arbeitsverhältnis durch den Tod des Arbeitnehmers endet und dadurch unmittelbar („wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses“) die Unmöglichkeit der Urlaubsgewährung eintritt (vgl. Kamanabrou RdA 2017, 162, 165; Schipper/Polzer NZA 2011, 80, 81; aA noch BAG 20. September 2011 – 9 AZR 416/10 – Rn. 22 ff., BAGE 139, 168).
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bb) Dieses richtlinienkonforme Verständnis entspricht sowohl dem Sinn und Zweck von § 1 und § 7 Abs. 4 BUrlG als auch der Systematik des Bundesurlaubsgesetzes. Die Bestimmungen des § 1 und § 7 Abs. 4 BUrlG sollen gewährleisten, dass jeder Arbeitnehmer in regelmäßigem Rhythmus eine gewisse Zeit der Erholung erhält (vgl. BAG 7. August 2012 – 9 AZR 353/10 – Rn. 24, BAGE 142, 371; 26. Juni 1969 – 5 AZR 393/68 – zu 1 der Gründe, BAGE 22, 85) und Urlaubsansprüche nicht über einen langen Zeitraum angesammelt oder allein durch Zahlung von Geld ersetzt werden. Die Vergütungskomponente des Anspruchs auf bezahlten Jahresurlaub ist daher im bestehenden Arbeitsverhältnis fest mit dem Freistellungsanspruch verbunden. Sie darf aufgrund des sich aus § 7 Abs. 4 BUrlG ergebenden Abgeltungsverbots nicht isoliert erfüllt werden. Mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses entfällt jedoch die Arbeitspflicht und damit die Möglichkeit, dem Arbeitnehmer durch Freistellung von der Arbeitspflicht Urlaub zu gewähren (vgl. BAG 10. Februar 2015 – 9 AZR 455/13 – Rn. 19, BAGE 150, 355). Die Bindung des Anspruchs auf Bezahlung an den Freistellungsanspruch und seine zeitliche Begrenzung nach Maßgabe von § 7 Abs. 1 und Abs. 3 BUrlG wird aufgelöst. § 7 Abs. 4 BUrlG bestimmt als spezialgesetzliche Regelung des Leistungsstörungsrechts die Rechtsfolgen der Unmöglichkeit der Urlaubsgewährung infolge der Beendigung des Arbeitsverhältnisses und verdrängt damit die allgemeinen Regelungen der §§ 275 ff. BGB, die ansonsten bei Unmöglichkeit von Leistungen gelten (BAG 20. September 2011 – 9 AZR 416/10 – Rn. 23 mwN, BAGE 139, 168). Während der Freistellungsanspruch infolge der Beendigung des Arbeitsverhältnisses untergeht, erhält § 7 Abs. 4 BUrlG die Vergütungskomponente des Urlaubsanspruchs als Abgeltungsanspruch selbstständig aufrecht. Der aus Freistellung von der Arbeitspflicht und Bezahlung zusammengesetzte Urlaubsanspruch wandelt sich in einen Anspruch auf Abgeltung des noch nicht erfüllten Urlaubs. Diese Umwandlung erfolgt, ohne dass der finanzielle Aspekt des originären Urlaubsanspruchs zunächst erlischt. Das Bundesurlaubsgesetz bietet demgegenüber keinen Anhaltspunkt für die Annahme, der Anspruch auf Bezahlung als Bestandteil des Urlaubsanspruchs solle erst zu einem späteren Zeitpunkt als der Freistellungsanspruch entstehen oder der Tod des Arbeitnehmers führe als Sonderfall der Beendigung des Arbeitsverhältnisses rückwirkend zum Verlust des erworbenen Zahlungsanspruchs.
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2. Das Landesarbeitsgericht hat mit Recht angenommen, dass nicht nur der gesetzliche Mindesturlaub nach §§ 1, 3 Abs. 1 BUrlG, sondern auch der dem Erblasser nach § 125 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1 SGB IX aF (seit dem 1. Januar 2018 § 208 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1 SGB IX) zustehende Urlaub für schwerbehinderte Menschen Bestandteil der Erbmasse geworden ist. Nach § 125 Abs. 1 Satz 1 SGB IX aF haben schwerbehinderte Menschen Anspruch auf einen bezahlten zusätzlichen Urlaub. Auf diesen Zusatzurlaub sind die Vorschriften über die Entstehung, Übertragung, Kürzung und Abgeltung des gesetzlichen Mindesturlaubs anzuwenden (st. Rspr., zB BAG 13. Dezember 2011 – 9 AZR 399/10 – Rn. 40 mwN, BAGE 140, 133). Auch der Zusatzurlaub für schwerbehinderte Menschen ist daher gegenüber den Erben abzugelten, wenn das Arbeitsverhältnis durch Tod des Arbeitnehmers endet. Der Zusatzurlaubsanspruch nach § 125 Abs. 1 Satz 1 SGB IX aF teilt das rechtliche Schicksal des gesetzlichen Mindesturlaubsanspruchs, es sei denn, tarifliche oder einzelvertragliche Bestimmungen sehen für den Arbeitnehmer günstigere Bestimmungen vor (BAG 13. Dezember 2011 – 9 AZR 399/10 – aaO). Dem Zusatzurlaub liegt mithin derselbe Urlaubsbegriff zugrunde wie der Bestimmung des § 1 BUrlG.
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3. Die Grundsätze über die Vererbbarkeit des finanziellen Aspekts des gesetzlichen Mindesturlaubs bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch Tod des Arbeitnehmers gelten ebenso für den tariflichen Mehrurlaub des Erblassers. Die Tarifvertragsparteien haben in § 26 TVöD kein vom Bundesurlaubsgesetz abweichendes, eigenständiges Verständnis über den Urlaubsbegriff zugrunde gelegt, kein vollständiges Erlöschen des tariflichen Urlaubsanspruchs bei Tod des Arbeitnehmers während des Arbeitsverhältnisses angeordnet oder die Vererbbarkeit des tariflichen Mehrurlaubs ausgeschlossen.
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a) Tarifvertragsparteien können Urlaubs- und Urlaubsabgeltungsansprüche, die den von Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2003/88/EG gewährleisteten und von §§ 1, 3 Abs. 1 BUrlG begründeten Anspruch auf Mindestjahresurlaub von vier Wochen übersteigen, frei regeln (vgl. EuGH 3. Mai 2012 – C-337/10 – [Neidel] Rn. 34 ff. mwN; BAG 14. Februar 2017 – 9 AZR 386/16 – Rn. 14). Diese Befugnis schließt ein, das Erlöschen des tariflichen Mehrurlaubs bei Tod des Arbeitnehmers während des Arbeitsverhältnisses bzw. den Ausschluss dessen Vererbbarkeit zu bestimmen.
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b) Für einen Regelungswillen der Tarifvertragsparteien, den tariflichen Mehrurlaub einem eigenen, von dem des gesetzlichen Mindesturlaubs abweichenden Regelungsregime zu unterstellen, müssen deutliche Anhaltspunkte vorliegen. Fehlen solche, ist von einem Gleichlauf des gesetzlichen Mindesturlaubsanspruchs und des Anspruchs auf tariflichen Mehrurlaub auszugehen (vgl. BAG 14. Februar 2017 – 9 AZR 386/16 – Rn. 15 mwN). Der eigenständige, dem Gleichlauf von Mindest- und Mehrurlaub entgegenstehende Regelungswille muss sich auf den jeweils in Rede stehenden Regelungsgegenstand beziehen (hier das Erlöschen des Anspruchs auf zusätzlichen bezahlten Jahresurlaub bei Tod des Arbeitnehmers im laufenden Arbeitsverhältnis bzw. Ausschluss der Vererbbarkeit des tariflichen Mehrurlaubs). Es genügt nicht, wenn in einem Tarifvertrag von Regelungen des Bundesurlaubsgesetzes abgewichen wird, die mit den im Streit stehenden Regelungen nicht in einem inneren Zusammenhang stehen. Entscheidend ist vielmehr, dass das Regelungsregime der Tarifvertragsparteien hinreichend deutlich erkennen lässt, dass der Arbeitnehmer bzw. die Erben für den tariflichen Mehrurlaub das Verfallrisiko bei einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch Tod des Arbeitnehmers tragen sollen (vgl. BAG 12. April 2011 – 9 AZR 80/10 – Rn. 28, BAGE 137, 328).
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c) Die Tarifvertragsparteien haben in § 26 TVöD hinsichtlich des Urlaubsbegriffs, des Erlöschens von Urlaub bei Tod des Arbeitnehmers im laufenden Arbeitsverhältnis oder der Urlaubsabgeltung bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch Tod des Arbeitnehmers keine vom Bundesurlaubsgesetz abweichende, eigenständige Regelung getroffen. § 26 TVöD lässt sich nicht entnehmen, dass der Vergütungskomponente des kalenderjährlichen „Anspruchs auf Erholungsurlaub unter Fortzahlung des Entgelts“ kein Vermögenswert zukommen soll. Die allgemeine Bezugnahme auf die Bestimmungen des BUrlG in § 26 Abs. 2 TVöD deutet vielmehr darauf hin, dass dem TVöD der Urlaubsbegriff des § 1 BUrlG zugrunde liegt. Gesonderte Regelungen über das Schicksal des finanziellen Aspekts des Urlaubsanspruchs im Falle des Versterbens des Arbeitnehmers im laufenden Arbeitsverhältnis enthält der TVöD nicht. Auch hinsichtlich des Urlaubsabgeltungsanspruchs haben die Tarifvertragsparteien nicht zwischen dem gesetzlichen Mindesturlaub und dem tariflichen Mehrurlaub differenziert. Soweit § 26 Abs. 2 TVöD besondere Regelungen zur Übertragung des Urlaubs, der Berechnung des anteiligen Urlaubs, zum Ruhen des Arbeitsverhältnisses und zum Zahlungszeitpunkt des Urlaubsentgelts enthält, stehen diese nicht in einem inneren Zusammenhang mit den vorliegend maßgeblichen Regelungsmaterien und lassen nicht auf einen (auch) darauf bezogenen eigenständigen Regelungswillen der Tarifvertragsparteien schließen.
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III. Der Klägerin steht nach § 1922 Abs. 1 BGB iVm. § 7 Abs. 4 BUrlG ein Abgeltungsanspruch iHv. 5.857,75 Euro brutto zu. Einwendungen gegen die Berechnung des Anspruchs hat die Beklagte nicht geltend gemacht.
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IV. Der Abgeltungsanspruch der Klägerin ist nicht nach § 37 Abs. 1 Satz 1 TVöD verfallen. Er kann als reiner Geldanspruch einer tariflichen Ausschlussfrist unterliegen (vgl. BAG 16. Dezember 2014 – 9 AZR 295/13 – Rn. 28, BAGE 150, 207; 9. August 2011 – 9 AZR 365/10 – Rn. 14 ff., BAGE 139, 1). Der Anspruch der Klägerin auf Abgeltung des dem Erblasser bis zu seinem Tod zustehenden Urlaubs entstand mit der rechtlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses am 20. Dezember 2010 und wurde gleichzeitig fällig (vgl. BAG 17. Oktober 2017 – 9 AZR 80/17 – Rn. 29 mwN). Durch die schriftliche Geltendmachung des Urlaubsabgeltungsanspruchs am 5. Januar 2011 hat die Klägerin die Anschlussfrist des § 37 Abs. 1 Satz 1 TVöD gewahrt.
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V. Die Zinsentscheidung beruht auf § 288 Abs. 1, § 286 Abs. 1 Satz 1 BGB. Die Klägerin hat die Beklagte am 5. Januar 2011 zur Abgeltung des dem Erblasser bis zu seinem Tod noch zustehenden Resturlaubs aufgefordert und damit iSd. § 286 Abs. 1 Satz 1 BGB durch eine Mahnung in Verzug gesetzt. Der Schuldnerverzug trat gemäß § 187 Abs. 1 BGB an dem auf den Zugang der Mahnung folgenden Kalendertag ein.
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VI. Die Beklagte hat gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten ihrer erfolglosen Revision zu tragen.
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Kiel |
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Suckow |
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Zimmermann |
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Stang |
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Matth. Dipper |