6 AZR 252/23

Förderung zum Flugkapitän - Seniorität - Gleichbehandlung


Parallele Entscheidungen:

Details

  • Aktenzeichen

    6 AZR 252/23

  • ECLI

    ECLI:DE:BAG:2024:191224.U.6AZR252.23.0

  • Art

    Urteil

  • Datum

    19.12.2024

  • Senat

    6. Senat

Tenor

1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 9. August 2023 – 12 Sa 529/22 – wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die (Be-)Förderung des Klägers zum Kapitän und die dabei anzuwendenden tarifvertraglichen Senioritätsregelungen. Nach der Seniorität, einer branchenspezifischen Art der Betriebszugehörigkeit, richtet sich in Luftverkehrsunternehmen typischerweise die Reihenfolge bei der Besetzung ausgeschriebener Schulungen zum Kapitän (sog. Förderung bzw. Upgrading), aber auch – neben weiteren Kriterien – bei der Berücksichtigung von Urlaubsanträgen sowie der Vergabe bestimmter freier Tage.

2

Der Kläger ist im Anschluss an seine Tätigkeit als First Officer (Co-Pilot) bei der Air Berlin PLC & Co. Luftverkehrs KG (im Folgenden Air Berlin) seit dem 25. September 2017 bei der Beklagten, die durch formwechselnde Umwandlung aus der Eurowings Luftverkehrs AG entstand, in gleicher Funktion beschäftigt. Seinen ersten kommerziellen Flug für die Beklagte erbrachte er am 19. Oktober 2017. Im Anstellungsvertrag vom 21. September 2017 ist nach der mit Rügen nicht angegriffenen Feststellung des Landesarbeitsgerichts eine umfassende Bezugnahme auf die im Betrieb jeweils für die Berufsgruppe des Mitarbeiters einschlägigen, normativ geltenden Verbands- und Firmentarifverträge in ihrer jeweils geltenden Fassung erfolgt.

3

Bis zum 21. September 2021 fand bei der Beklagten der „Tarifvertrag Wechsel und Förderung für die Beschäftigten des Cockpitpersonals der Eurowings Luftverkehrs AG“ vom 29. April 2008 (im Folgenden TV WeFö) Anwendung. Dieser regelte ua. die (Be-)Förderung zum Kapitän. Die dafür maßgeblichen Bestimmungen lauteten auszugsweise wie folgt:

        

        

§ 2 Seniorität

        

(1)     

Unter Seniorität ist eine besondere Art der Betriebszugehörigkeit zu verstehen, welche nach Maßgabe der nachstehenden Bestimmungen festzustellen und zu berücksichtigen ist.

        

(2)     

Jedes Jahr wird für die … Beschäftigten eine Senioritätsliste erstellt, …

        

(3)     

Innerhalb der Senioritätsliste richtet sich die Reihenfolge, in der die einzelnen Beschäftigten aufzuführen sind, nach dem kalendermäßigen Aufeinanderfolgen der nach den §§ 3 und 4 festzusetzenden Daten.

                 

§ 3 Festlegung der Seniorität

        

(1)     

Die Seniorität bestimmt sich nach dem ersten kommerziellen Einsatz als ununterbrochen abhängig Beschäftigter an Bord unter Supervision. Haben eine Mehrzahl von Beschäftigten ihren ersten kommerziellen Einsatz am selben Tag, bestimmt sich die Senioritätsfolge nach Maßgabe des Geburtsdatums, so dass ältere Beschäftigte jüngeren vorgehen. …

                 

§ 5 Erstellen, Führen und Veröffentlichen der Listen

        

(1)     

Die nach § 2 Absatz 2 erstellte Senioritätsliste wird von EW [Eurowings Luftverkehrs AG] geführt und zum 1. April eines jeden Jahres der Personalvertretung Cockpit der EW übergeben. Danach wird sie vorläufig veröffentlicht.

        

…       

        
        

(3)     

Hat die Personalvertretung Cockpit im Einzelfall gegen die Festsetzung bestimmter Senioritätsdaten Bedenken, so kann sie – unter Angabe von Gründen – innerhalb einer Frist von 6 Wochen nach der vorläufigen Veröffentlichung bei EW schriftlich Einspruch einlegen.

        

…       

        
        

(5)     

Der Einspruch hat aufschiebenden Wirkung. …

        

(6)     

Die Senioritätsliste wird von EW zum 1. Juli eines jeden Jahres endgültig veröffentlicht und in Kraft gesetzt. Gleichzeitig verlieren die jeweils vorherige und die vorläufige Senioritätsliste ihre Gültigkeit. Für den Zeitraum 1. April bis 30. Juni wird auf die dann noch gültige Senioritätsliste des Vorjahres zurückgegriffen.

        

(7)     

Ansprüche aus diesem Tarifvertrag stehen nur der Personalvertretung Cockpit zu.

                 

§ 6 Förderung und Wechsel

        

(1)     

Förderung im Sinne dieses Tarifvertrages ist die Schulung vom First Officer zum Kapitän (Upgrading).

        

…       

        
        

(3)     

Erfüllen für eine Förderung mehrere geeignete Bewerber/innen die festgesetzten Förderungsbedingungen, werden die ausgeschriebenen Stellen nach der Seniorität besetzt.“

4

Der „Tarifvertrag Wachstum für die Beschäftigten des Cockpitpersonals der Eurowings GmbH“ vom 18. Dezember 2017 (im Folgenden TV Wachstum) iVm. der letzten Änderungsvereinbarung vom 26. Juni 2019 lautet auszugsweise wie folgt:

        

Präambel

        

Mit der Entscheidung der Eurowings Gruppe, in Deutschland an verschiedenen Standorten in kurzer Zeit um 25 AC [Aircraft = Flugzeuge] zu wachsen, ergibt sich für deren Flugbetriebe eine konkrete Wachstumsperspektive. Beide Parteien sind sich einig, dass die Voraussetzungen geschaffen werden sollen, auch den Flugbetrieb der Eurowings GmbH an diesem Wachstum partizipieren zu lassen. … Dabei legt Eurowings Wert darauf, im Cockpit sowohl routinierte, erfahrene Mitarbeiter als auch engagierten Nachwuchs für sich zu gewinnen. Eurowings erachtet vor dem Hintergrund des angestrebten raschen Wachstums die alleinige Rekrutierung junger Mitarbeiter mit geringer Berufserfahrung als nicht geeignet, sondern wird – je nach Resonanz auf die Stellenausschreibungen – auch erfahrene Mitarbeiter mit längerer Erfahrung rekrutieren. Ein vernünftiger ‚Erfahrungsmix‘ des Cockpitpersonals ist für Eurowings am besten geeignet, um die gesetzten Wachstumsziele zu erreichen. …

        

§ 1     

Geltungsbereich

        

(1)     

Dieser Tarifvertrag Wachstum (TV Wachstum) gilt für alle Beschäftigten des Cockpitpersonals … der Eurowings. …

        

§ 2     

Auswahlverfahren

        

(1)     

Für die Einstellung von Cockpitpersonal in dem Zeitraum vom 18.12.2017 bis zum 31.12.2018, …, gilt abschließend das folgende Ausschreibungs- und Auswahlverfahren:

                 

…       

        

§ 4     

Eingruppierung und Einstufung

                 

Aufgrund des vorübergehend hohen Personalbedarfs gelten für Beschäftigte, die in dem Zeitraum vom 01.09.2017 bis zum 31.12.2018 eingestellt werden, für Zwecke der Eingruppierung und Einstufung folgende Sonderregelungen zum VTV Nr. 7:

        

…       

        
        

§ 7     

Verhandlungsverpflichtung zum Tarifvertrag ‚Berücksichtigung beruflicher Vorerfahrung von Neueinstellungen bei der Vergabe von Off-Request, betriebliche Teilzeit, Urlaub sowie der Festlegung der Upgrade Reihenfolge‘

                 

Die Parteien verpflichten sich, bis zum 31.10.2019 eine tarifliche Regelung zur Berücksichtigung beruflicher Vorerfahrung von Neueinstellungen bei der Vergabe von Off-Request, betrieblicher Teilzeit, Urlaub sowie der Festlegung der Upgrade Reihenfolge abgeschlossen zu haben.

        

§ 8     

Inkrafttreten und Vertragsdauer

                 

Dieser Tarifvertrag tritt zum 18.12.2017 in Kraft und endet mit dem Beginn der Upgradeschulung des letzten internen Bewerbers gemäß § 3 Abs. (2) dieses Tarifvertrages, der zum 31.12.2018 die Fördervoraussetzungen erfüllt hat, spätestens zum 30.06.2021 ohne Nachwirkung. Hiervon ausgenommen ist …“

5

Die Beklagte stellte in den Jahren 2017 und 2018 ca. 300 Cockpitmitarbeiter von der ehemaligen Air Berlin nach den Maßgaben des TV Wachstum ein.

6

Der am 22. September 2021 unterzeichnete „Tarifvertrag Karriere … für das Cockpitpersonal der Eurowings“ (im Folgenden TV Karriere), der ausweislich seines § 10 Abs. 1 mit dem Datum seiner Unterzeichnung in Kraft trat und den TV WeFö nahtlos ersetzte, enthält ua. neue Regelungen über die (Be-)Förderung des Cockpitpersonals. Diese lauten auszugsweise wie folgt:

        

§ 1 Persönlicher und sachlicher Geltungsbereich

        

(1)     

Dieser Tarifvertrag gilt für das Cockpitpersonal der Eurowings …, auf die der Manteltarifvertrag für das Cockpitpersonal in seiner jeweils geltenden Fassung Anwendung findet.

        

(2)     

Dieser Tarifvertrag regelt die Seniorität, die Förderung und den Wechsel aller Voll- und Teilzeitbeschäftigten des Cockpitpersonals der Eurowings.

        

§ 2 Senioritätsliste

        

(1)     

Unter Seniorität ist eine besondere Art der Betriebszugehörigkeit zu verstehen, welche nach Maßgabe der nachstehenden Bestimmungen festzustellen und zu berücksichtigen ist.

        

(2)     

Jedes Jahr wird für die bei Eurowings Beschäftigten eine Senioritätsliste erstellt, …

        

(3)     

Die Seniorität bestimmt sich nach dem Datum der Einstellung (erster Arbeitstag laut Arbeitsvertrag) bei Eurowings als abhängig Beschäftigter des Cockpitpersonals.

                 

Haben eine Mehrzahl von Beschäftigten das gleiche Einstellungsdatum, bestimmt sich die Senioritätsreihenfolge nach Maßgabe des Geburtsdatums, so dass ältere Beschäftigte jüngeren vorgehen.

        

(4)     

Für Beschäftigte, die bis einschließlich 31.12.2018 bei Eurowings eingestellt wurden (‚Altpersonal‘ und Einstellungen nach ‚TV Wachstum vom 18.12.2017‘), gilt abweichend eine gesonderte Sortierung nach Anlage 1. Diese Beschäftigten werden in der Senioritätsliste vor den Beschäftigten mit Einstellungsdatum ab 01.01.2019 geführt. …

        

(5)     

Nach Abschluss dieses Tarifvertrags erfolgt einmalig eine Neuermittlung der Senioritätsreihenfolge nach den Bestimmungen der Anlage 1 zu diesem Tarifvertrag.

        

(6)     

Die Senioritätsliste wird auf der Grundlage der Regelungen in §§ 2, 3 und 4 erstellt und nach Maßgabe der Bestimmungen dieses Tarifvertrags weitergeführt.

        

…       

        

§ 4 Erstellen, Führen und Veröffentlichen der Listen

        

(1)     

Die nach § 2 erstellte Senioritätsliste wird von Eurowings geführt und zum 1. April eines jeden Jahres der Personalvertretung Cockpit der Eurowings übergeben. Danach wird sie vorläufig veröffentlicht.

        

…       

        
        

(3)     

Hat die Personalvertretung Cockpit im Einzelfall gegen die Festsetzung bestimmter Senioritätsdaten Einwände, so kann sie – unter Angabe von Gründen – innerhalb einer Frist von sechs Wochen nach der vorläufigen Veröffentlichung bei Eurowings in Textform Einspruch einlegen. Der Einspruch hat aufschiebende Wirkung. …

        

(5)     

Über Einsprüche gegen die Erstellung der Senioritätsliste entscheidet eine betriebliche paritätisch besetzte Kommission. Die Anrufung der Kommission erfolgt durch den Personalbereich binnen zwei Wochen. Nach ihrem Zusammentreten hat die paritätische Kommission binnen weiterer zwei Wochen zu entscheiden.

        

…       

        
        

(7)     

Die paritätische Kommission trifft ihre Entscheidung mit der Mehrheit der Stimmen ihrer Mitglieder. Kommt eine Mehrheitsentscheidung nicht zu Stande, so können die Personalvertretung Cockpit oder Eurowings eine Einigungsstelle anrufen, die spätestens innerhalb von sechs Wochen nach Einlegung des Einspruchs (Absatz 3) zusammentritt. Nach ihrem Zusammentreten hat die Einigungsstelle bis spätestens 30. Juni zu entscheiden. Die Festsetzung der Seniorität erfolgt dann für den mit dem Einspruch angegriffenen Fall durch den Spruch der Einigungsstelle. Die Einigungsstelle entscheidet verbindlich.

        

(8)     

Die Senioritätsliste wird von Eurowings zum 1. Juli eines jeden Jahres endgültig veröffentlicht und in Kraft gesetzt. Gleichzeitig verlieren die jeweils vorherige und die vorläufige Senioritätsliste ihre Gültigkeit. Für den Zeitraum vom 1. April bis 30. Juni wird auf die dann noch gültige Senioritätsliste des Vorjahres zurückgegriffen. …

        

(9)     

Abweichend von den vorgenannten Regelungen gelten für die Neuerstellung der Senioritätsliste gemäß § 2 Abs. 5 einmalig folgende Fristen:

                 

•       

Unmittelbar nach der Neuerstellung der Senioritätsliste gemäß § 2 Abs. 5 wird eine (ggf. weitere) vorläufige Senioritätsliste an die Personalvertretung Cockpit übergeben.

                 

•       

Eine eventuell einberufene Einigungsstelle muss innerhalb zwölf Wochen nach Veröffentlichung dieser vorläufigen Senioritätsliste entscheiden. Spätestens 14 Wochen nach der vorläufigen Veröffentlichung tritt die neu erstellte Liste endgültig in Kraft. Gleichzeitig verlieren die jeweils vorherige und die vorläufige Liste ihre Gültigkeit.

        

(10)   

Ansprüche aus diesem Tarifvertrag stehen nur der Personalvertretung Cockpit zu.

        

§ 5 Förderung und Wechsel

        

(1)     

Förderung im Sinne dieses Tarifvertrages ist die Schulung vom First Officer zum Kapitän (Upgrading).

        

…       

        
        

(3)     

Erfüllen für eine Förderung mehrere geeignete Bewerber/Bewerberinnen die festgesetzten Förderungsbedingungen, werden die ausgeschriebenen Stellen nach der Seniorität besetzt.

        

…       

        
        

Anlage 1 zum Tarifvertrag Karriere vom 22.09.2021           

        

Präambel

        

Viele der in den vergangenen Jahren bei Eurowings eingestellten Pilotinnen und Piloten besitzen Flugerfahrung aus anderen Flugbetrieben. Die reine Beschäftigungsdauer bei der Eurowings reflektiert diese Berufserfahrung nur unzureichend und stellt insbesondere für die betroffenen Ersten Offiziere kein angemessenes Ordnungsmerkmal für den beruflichen Aufstieg zum Kapitän dar.

        

Die Tarifparteien vereinbaren daher mit der Änderung dieses Tarifvertrags nicht nur neue Regularien zur jährlichen Erstellung der Senioritätsliste, sondern auch die einmalige Neuordnung der Seniorität nach Maßgabe der Bestimmungen dieses Tarifvertrages.

        

§ 1 Persönlicher und sachlicher Anwendungsbereich

        

(1)     

Für Beschäftigte, welche bis zum Inkrafttreten dieses Tarifvertrages bei der Eurowings eingestellt wurden, wird einmalig eine Neuermittlung der Senioritätsreihenfolge vorgenommen.

        

…       

        
        

§ 2 Beschäftigtengruppen

        

(1)     

Gruppe 1 ‚Altpersonal‘

                 

Für Beschäftigte, welche bei der Eurowings GmbH oder einer ihrer Vorgängergesellschaften (RFG, NFD) ihren ersten kommerziellen Einsatz bis spätestens 30.09.2017 hatten und seitdem in einem durchgehenden Arbeitsverhältnis zur heutigen Eurowings einschließlich ihrer Rechtsvorgänger stehen, bestimmt das Datum des ersten kommerziellen Einsatzes die Position in der Senioritätsliste. Beschäftigte mit einem früheren kommerziellen Einsatzdatum gehen Beschäftigten mit einem späteren kommerziellen Einsatzdatum vor. Bei gleichem kommerziellen Einsatzdatum bestimmt sich die Senioritätsreihenfolge nach Maßgabe des Geburtsdatums, so dass ältere Beschäftigte jüngeren vorgehen.

        

(2)     

Gruppe 2 ‚Einstellungen gemäß TV Wachstum‘

                 

Für Beschäftigte, welche ihren ersten kommerziellen Einsatz ab dem 01.10.2017 bei der Eurowings-Gruppe hatten und die bis spätestens zum 31.12.2018 bei der Eurowings-Gruppe eingestellt wurden und seitdem in einem durchgehenden Arbeitsverhältnis zur heutigen Eurowings-Gruppe stehen, bestimmen sich die Senioritätsreihenfolge durch Senioritätspunkte.

                 

a.    

Unter ‚Zugehörigkeit zur Eurowings-Gruppe‘ ist die Anzahl der Kalendertage ab vollständigem Bewerbungseingang auf eine Stelle als Verkehrsflugzeugführer in einem aktuell oder ehemals zur Eurowings-Gruppe gehörigen Flugbetrieb zu verstehen, der (ohne zwischenzeitliche Beschäftigung als Verkehrsflugzeugführer außerhalb der genannten Flugbetriebe) zu einem Arbeitsvertrag mit anschließendem ununterbrochenem Arbeitsverhältnis geführt hat.

                          

Die Tage der Zugehörigkeit zur Eurowings-Gruppe werden frühestens ab dem 18.12.2017 gezählt. Bei früherem Bewerbungseingang zählt der 18.12.2017.

                          

Je Tag Zugehörigkeit zur Eurowings-Gruppe ergibt sich ein Senioritätspunkt.

                 

b.    

Unter Berufserfahrung ist die Anzahl der Kalendertage seit dem ersten Einsatz als Halter einer Fluglizenz und Teil der operativen Cockpitcrew eines Flugzeuges (einschließlich des Landetrainings) ab MTOW [maximum take off weight = Höchststartgewicht] 14 t oder größer zu verstehen (entsprechend D-Bxxx oder äquivalent). Vergleichbare militärische Berufserfahrung wird anerkannt.

                          

Je Tag Berufserfahrung ergibt sich ein Senioritätspunkt.

                 

c.    

Die Summe aus Tagen Berufserfahrung und Tagen Zugehörigkeit zur Eurowings Gruppe bestimmt die Sortierungsreihenfolge in Form von Senioritätspunkten und wird in gleicher Wertigkeit berücksichtigt. Haben eine Mehrzahl von Beschäftigten die gleiche Anzahl von Senioritätspunkten, bestimmt sich die Senioritätsreihenfolge nach Maßgabe des Geburtsdatums, so dass ältere Beschäftigte jüngeren vorgehen.

        

(3)     

Gruppe 3 ‚Beschäftigte mit dem Einstellungsdatum ab dem 01.01.2019‘

                 

Für Beschäftigte, welche ab dem 01.01.2019 bei einer Gesellschaft der Eurowings-Gruppe als Verkehrsflugzeugführer eingestellt wurden und seitdem in einem durchgehenden Arbeitsverhältnis zur Eurowings-Gruppe stehen, bestimmt sich die Seniorität nach dem Datum der Einstellung (erster Arbeitstag laut Arbeitsvertrag). Haben eine Mehrzahl von Beschäftigten einen Arbeitsvertrag mit demselben ersten Arbeitstag, bestimmt sich die Senioritätsreihenfolge nach Maßgabe des Geburtsdatums, so dass ältere Beschäftigte jüngeren vorgehen.

        

(4)     

Sortierung der Beschäftigungsgruppen zueinander

                 

Die Senioritätsliste wird so geführt, dass Gruppe 1 vor Gruppe 2 und diese vor Gruppe 3 geführt wird. Eine Überschneidung oder Vermischung der Gruppen ist ausgeschlossen.

        

§ 3 Verfahrensablauf

        

(1)     

Zur Neuermittlung der Senioritätsreihenfolge der Beschäftigtengruppe 1 wird die zum Zeitpunkt gültige Senioritätsliste zu Grunde gelegt.

        

(2)     

Zur Neuermittlung der Senioritätsreihenfolge der Beschäftigtengruppe 2 wird jedem Beschäftigten … bis zum 30.09.2021 das Datum seines vollständigen Bewerbungseingangs … mitgeteilt. Der Beschäftigte hat die Möglichkeit, dieses Datum im Formular zu berichtigen und die Berichtigung glaubhaft darzulegen.

                 

Weiterhin soll er das Datum seines ersten Einsatzes als Halter einer Fluglizenz auf einem Flugzeugmuster gemäß § 2 Absatz 2 b im Formular eintragen und … glaubhaft nachweisen. …

                 

Zur Berücksichtigung seiner Angaben für die Senioritätsreihenfolge muss der Beschäftigte das Formular … binnen 3 Wochen nach Erhalt … zurücksenden. …

                 

Für die Ermittlung der Senioritätspunkte sind die der Personalabteilung und der Personalvertretung nach dem Stichtag vorliegenden Angaben maßgeblich. Sofern der Beschäftigte die Liste nicht korrigiert bzw. ergänzt … zurücksendet, wird er auf Basis der bei Eurowings bekannten und an ihn kommunizierten Daten in die Senioritätsliste aufgenommen. Eine Möglichkeit zur Korrektur der Daten besteht für den Beschäftigten dann erst wieder bei der nächsten turnusmäßigen Erstellung der Senioritätsliste gemäß § 4 des Tarifvertrages, wobei diese Korrektur keine Rückwirkung entfaltet.

                 

…       

        

(3)     

Zur Neuermittlung der Senioritätsreihenfolge der Beschäftigtengruppe 3 wird der erste Arbeitstag aus den dem Arbeitgeber vorliegenden Arbeitsverträgen zu Grunde gelegt.“

7

Noch auf Grundlage des TV WeFö erstellte die Beklagte am 1. Juli 2021 eine endgültige Senioritätsliste. Am 3. Dezember 2021 veröffentlichte die Beklagte eine auf Grundlage des TV Karriere erstellte vorläufige Senioritätsliste. Gegen diese erhob die Personalvertretung Cockpit (im Folgenden PV Cockpit) für zahlreiche Beschäftigte der Beklagten Einspruch. Ein Teil der Einsprüche richtete sich gegen die Festsetzung bestimmter Senioritätsdaten in dieser Liste, ein anderer Teil der Einsprüche machte eine „ungerechte Behandlung“ geltend. Am 9. März 2022 gab die Beklagte die endgültige Senioritätsliste gemäß TV Karriere bekannt. Der Kläger war in den Senioritätslisten auf der Grundlage der Kriterien des TV Karriere schlechter platziert als auf derjenigen nach den Kriterien des TV WeFö.

8

Bereits am 29. November 2021 hatte die Beklagte eine innerbetriebliche Stellenausschreibung veröffentlicht, der zufolge sie zwölf Co-Piloten für das Upgrading zum Kapitän mit Ausbildungsbeginn 3. Januar 2022 suchte. Die Auswahl sollte nach Seniorität gemäß § 5 Abs. 3 TV Karriere erfolgen. Der Kläger bewarb sich hierauf. Er erfüllte die in der Stellenbeschreibung benannten sonstigen Anforderungen.

9

Mit den am 6. bzw. 13. Dezember 2021 veröffentlichten innerbetrieblichen Stellenausschreibungen suchte die Beklagte nach weiteren jeweils zwölf Co-Piloten für das Upgrading zum Kapitän. In den vorgenannten Stellenausschreibungen führte die Beklagte aus, dass die Auswahl wiederum nach Seniorität erfolge und erfolglose Bewerbungen von Mitarbeitern auf die vorangegangene Stellenausschreibung mitberücksichtigt würden. Der Kläger erfüllte die in den Stellenausschreibungen jeweils benannten sonstigen Anforderungen.

10

Die Beklagte besetzte alle in den genannten Stellenausschreibungen ausgeschriebenen Stellen mit auf der Grundlage der vorläufigen Senioritätsliste vom 3. Dezember 2021 ausgewählten und nachfolgend über ca. zwei Monate mit erfolgreicher Prüfung ausgebildeten Bewerbern. Den Kläger berücksichtigte die Beklagte nicht.

11

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Beklagte sei verpflichtet, seine Seniorität bei künftigen (Be-)Förderungsmaßnahmen vom First Officer zum Kapitän nach den Kriterien des TV WeFö zu ermitteln. Jedenfalls dürfe sie nicht die Senioritätsliste auf Grundlage der Kriterien des TV Karriere anwenden, soweit sein Senioritätsstatus hierdurch beeinträchtigt werde. Er meint, der damalige Flugbetriebsleiter Herr S habe im Rahmen eines einwöchigen Operator Conversion Course (OCC) im September 2017 beim Wechsel des Klägers und fünf weiterer Kollegen von Air Berlin zur Beklagten eine vertragliche Zusage dahingehend erteilt, dass Bestandsschutz für die Einordnung in die Senioritätsliste nach Maßgabe des TV WeFö bestehe. Dies habe sich durch die vom Landesarbeitsgericht durchgeführte Beweisaufnahme in Form der Zeugeneinvernahme des Herrn S bestätigt. Insoweit habe das Berufungsgericht aber eine abschließende Beweiswürdigung unterlassen.

12

Jedenfalls habe die Senioritätsliste vom 1. Juli 2021 der Auswahlentscheidung deshalb zugrunde gelegt werden müssen, weil die Regelungen des TV Karriere gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstießen und dieser vollständig, jedenfalls aber teilweise unwirksam sei, so dass der TV WeFö weitergelte. Es fehle bereits an einem sachlichen Differenzierungskriterium. Die von den Tarifvertragsparteien getroffene Gruppenbildung erweise sich objektiv als willkürlich. Zudem sei es nicht sachgerecht, zur Ermittlung der Seniorität unterschiedliche Anknüpfungspunkte zu wählen und bei der Beschäftigtengruppe 2 von der Nichtberücksichtigung der Vorbeschäftigungszeiten bei anderen Arbeitgebern abzurücken, um sodann für die Beschäftigten der Gruppe 3 wieder zu diesem Grundsatz zurückzukehren. Schließlich verstoße die Neuregelung der Senioritätsreihenfolge durch den TV Karriere gegen das Rückwirkungsverbot und den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz.

13

Der Kläger hat zuletzt sinngemäß beantragt,

        

1.    

festzustellen, dass bei künftigen Förderungsmaßnahmen vom sog. „First Officer“ zum Kapitän hinsichtlich des Klägers die Senioritätskriterien auf Grundlage des Tarifvertrags „Wechsel und Förderung für die Beschäftigten des Cockpitpersonals der Eurowings Luftverkehrs AG“ vom 29. April 2008 Anwendung finden;

        

2.    

hilfsweise, für den Fall des Unterliegens mit dem Klageantrag zu 1. festzustellen, dass die Beklagte bei der Auswahlentscheidung zu künftigen Förderungsmaßnahmen vom sog. „First Officer“ zum Kapitän die Senioritätskriterien der Anlage 1 zum Tarifvertrag Karriere vom 22. September 2021 nicht anwenden darf, soweit hierdurch der Senioritätsstatus des Klägers aus dem Tarifvertrag „Wechsel und Förderung für die Beschäftigten des Cockpitpersonals der Eurowings Luftverkehrs AG“ vom 29. April 2008 beeinträchtigt wird.

14

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, der Kläger habe keinen Anspruch auf Anwendung der Senioritätsliste auf Grundlage des TV WeFö bei künftigen (Be-)Förderungen. Eine Zusage von Bestandsschutz hinsichtlich der Einordnung des Klägers in die Senioritätsliste der Beklagten sei nicht erfolgt. Die (Be-)Förderungen anhand der hierfür maßgeblichen vorläufigen Senioritätsliste vom 3. Dezember 2021 seien rechtmäßig erfolgt. Infolge der vollständigen Ersetzung des TV WeFö durch den TV Karriere am 22. September 2021 sei die Senioritätsliste vom 1. Juli 2021 nicht mehr anzuwenden gewesen. Dies entspreche auch der von den Tarifvertragsparteien mit dem TV Karriere beabsichtigten Neuregelung der Seniorität.

15

Der TV Karriere sei auch wirksam. Ziel des vor dem Hintergrund der Sondersituation der Insolvenz der Air Berlin geschlossenen TV Wachstum sei es gewesen, ein geordnetes Verfahren zu schaffen, das die Rekrutierung einer dreistelligen Zahl von Piloten in kurzer Zeit und in einem breiten „Erfahrungsmix“ ermöglicht habe. Mit den Neuregelungen zur Seniorität im TV Karriere sei eine Neuordnung des nach den Maßgaben des TV Wachstum eingestellten Personals bezweckt. Die ausschließliche Anknüpfung an die „Betriebszugehörigkeit“ sei nur dann angemessen, wenn der Flugbetrieb organisch wachse. Weil das Wachstum zwischen dem 1. September 2017 und dem 31. Dezember 2018 aber in einer großen Welle erfolgt sei und erfahrene Piloten betroffen habe, sei es sachgerecht, für Neuzugänge in dieser Phase weitere Kriterien – wie die Berufserfahrung – heranzuziehen. Es sei nicht angemessen, diese Cockpitmitarbeiter trotz relevanter Flugerfahrung wie Berufsanfänger zu behandeln.

16

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen und die Revision zugelassen. Mit seiner Revision verfolgt der Kläger sein Begehren weiter.

Entscheidungsgründe

17

Die zulässige Revision ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung gegen das klageabweisende Urteil des Arbeitsgerichts zu Recht zurückgewiesen. Der Kläger kann nicht die Feststellung der Anwendung der Senioritätskriterien des TV WeFö verlangen, weder aufgrund einer Zusage noch aufgrund einer Unwirksamkeit des TV Karriere.

18

I. Der Hauptantrag auf Feststellung ist zulässig, aber unbegründet.

19

1. Der Feststellungsantrag ist zulässig. Es liegt ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis sowie das erforderliche Feststellungsinteresse vor. Der Antrag ist auch hinreichend bestimmt.

20

a) Die Feststellungsklage kann sich auf einzelne Beziehungen oder Folgen aus einem Rechtsverhältnis, auf bestimmte Ansprüche oder Verpflichtungen oder auf den Umfang einer Leistungspflicht beschränken (sog. Elementenfeststellungsklage). Ein Feststellungsinteresse ist dafür nur gegeben, wenn der Streit durch die Entscheidung über den Feststellungsantrag insgesamt beseitigt wird und das Rechtsverhältnis der Parteien abschließend geklärt werden kann. Die Rechtskraft der Entscheidung muss weitere gerichtliche Auseinandersetzungen über die zwischen den Parteien strittigen Fragen um denselben Fragenkomplex ausschließen. Es fehlt, wenn durch die Entscheidung kein Rechtsfrieden geschaffen wird, weil nur einzelne Elemente des Rechtsverhältnisses zur Entscheidung des Gerichts gestellt werden (st. Rspr., vgl. BAG 3. Dezember 2019 – 9 AZR 54/19 – Rn. 12 mwN).

21

b) Diesen Anforderungen genügt der Feststellungsantrag des Klägers, der die zukunftsbezogene Feststellung auf Anwendung eines konkreten Tarifvertrags mit bestimmten Senioritätskriterien bei künftigen (Be-)Förderungsmaßnahmen vom First Officer zum Kapitän begehrt. Es handelt sich um ein feststellungsfähiges Teilrechtsverhältnis. Für den Feststellungsantrag besteht auch das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse, weil die Beklagte von der Ablösung des TV WeFö ausgeht und die Seniorität nach den Maßgaben des TV Karriere bestimmen will. Damit besteht in dieser für das weitere Arbeitsverhältnis erheblichen Frage Streit zwischen den Parteien, der mit dem vorliegenden Antrag abschließend geklärt werden kann.

22

c) Der Antrag ist auch hinreichend bestimmt iSd. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Der Kläger, der sein Begehren aus zwei Streitgegenständen – einem Anspruch aus einzelvertraglicher Zusage auf Absicherung eines bestimmten Senioritätsstatus und aus der Unwirksamkeit der Ablösung der Senioritätskriterien des TV WeFö durch diejenigen des TV Karriere – herleitet, hat diese hinreichend in ein Eventualverhältnis gesetzt (zu den Anforderungen BAG 24. Januar 2024 – 4 AZR 114/23 – Rn. 11; 28. April 2021 – 4 AZR 230/20 – Rn. 18). Er stützt seine Klage vorrangig auf die Individualzusage und hilfsweise auf einen Anspruch aus Art. 3 Abs. 1 GG wegen Unwirksamkeit des TV Karriere.

23

Der Antrag ist schließlich auch im Hinblick auf das konkrete Begehren des Klägers hinreichend bestimmt. Dies ergibt eine Auslegung des Antrags (zum Erfordernis einer solchen vgl. BAG 12. Juni 2024 – 7 AZR 141/23 – Rn. 39), wonach die Senioritätskriterien nach dem TV WeFö „hinsichtlich seiner Person“ Anwendung finden sollen. Das Klageziel ist die Feststellung, dass der Kläger dann für eine (Be-)Förderung ausgewählt werden muss, wenn er bei einer Entscheidung nach den Senioritätskriterien des TV WeFö ausgewählt würde.

24

2. Der Hauptantrag auf Feststellung ist jedoch unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Feststellung, bei künftigen (Be-)Förderungsmaßnahmen vom First Officer zum Kapitän nach den Senioritätskriterien des TV WeFö bewertet zu werden.

25

a) Die vom Kläger begehrte Anwendung der Senioritätskriterien des TV WeFö folgt nicht aus einer einzelvertraglichen Zusage von Seiten des Herrn S, die der Beklagten zuzurechnen wäre.

26

aa) Eine ausdrückliche Zusage eines bestimmten Senioritätsstatus wurde dem Kläger nicht erteilt. Diese vom Landesarbeitsgericht getroffene Feststellung wird in der Revision nicht mit Rügen angegriffen. Der Senat hat sie somit seiner Entscheidung zugrunde zu legen (§ 559 Abs. 2 ZPO).

27

bb) Die Rügen des Klägers, das Landesarbeitsgericht habe den zu seinen Gunsten zugrunde gelegten Sachverhalt, wonach Herr S mitgeteilt habe, der TV Wachstum sei nicht maßgeblich und der Kläger würde zum Bestands- bzw. Stammpersonal gehören, unzutreffend gewürdigt, haben keinen Erfolg. Die Wertungen des Landesarbeitsgerichts sind revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

28

(1) Nach § 286 Abs. 1 Satz 1 ZPO haben die Tatsacheninstanzen unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer ggf. durchgeführten Beweisaufnahme nach ihrer freien Überzeugung darüber zu befinden, ob sie eine tatsächliche Behauptung für wahr erachten oder nicht. Revisionsrechtlich ist ihre Würdigung allein darauf hin zu überprüfen, ob alle Umstände vollständig berücksichtigt und Denk- und Erfahrungsgrundsätze nicht verletzt wurden. Um diese Überprüfung zu ermöglichen, haben sie nach § 286 Abs. 1 Satz 2 ZPO die wesentlichen Grundlagen ihrer Überzeugungsbildung nachvollziehbar darzulegen (st. Rspr., vgl. BAG 25. April 2018 – 2 AZR 611/17 – Rn. 24 mwN).

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(2) Gemessen daran ist die Würdigung des zugrunde gelegten Sachverhalts durch das Landesarbeitsgericht revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Es hat die – unstreitigen – Äußerungen des Herrn S ausgelegt und unter allen denkbaren rechtlichen und tatsächlichen Gesichtspunkten gewertet. Es hat die Begriffe des Stammpersonals bzw. des Bestandspersonals und der Belohnung, den Zeitpunkt der Äußerungen, den Stand der Tarifverhandlungen zum Zeitpunkt der Äußerungen, die kollektiv-rechtlichen Aspekte der zu diesem Zeitpunkt geltenden Regelungen sowie die Bedeutung des sog. Drei-Letter-Codes berücksichtigt und umfassend gewürdigt, ohne sie in ihrer Bedeutung zu verkennen. Die Rügen des Klägers vermögen dies nicht mit Erfolg anzugreifen. Letztendlich beschränkt sich seine Argumentation – aus Sicht des Klägers konsequent – darauf, das Auslegungsergebnis des Landesarbeitsgerichts für unzutreffend zu erklären und durch seine Würdigung zu ersetzen. Das Landesarbeitsgericht hat indes ohne Rechtsfehler angenommen, dass sich aus der Mitteilung, der Kläger zähle zum Bestandspersonal bzw. zum Stammpersonal oder er erhalte eine Belohnung, noch nicht die vom Kläger begehrte Rechtsfolge ergibt.

30

Auch wenn man – wie das Landesarbeitsgericht – annimmt, die mündlichen Erklärungen des Herrn S seien Allgemeine Geschäftsbedingungen, kommt die Unklarheitenregel des § 305c Abs. 2 BGB nicht zur Anwendung. Entgegen der Revision bestehen keine „erheblichen Zweifel“ an der richtigen Auslegung. Die entfernte Möglichkeit, zu einem anderen Ergebnis zu kommen, genügt nicht (vgl. BAG 10. Oktober 2023 – 3 AZR 250/22 – Rn. 19; 25. Januar 2023 – 10 AZR 109/22 – Rn. 21).

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(3) Soweit im Revisionsangriff des Klägers, das Landesarbeitsgericht habe nach der Beweisaufnahme zunächst „Anhaltspunkte für die Version des Klägers“ gesehen, dann jedoch eine gegenteilige Entscheidung getroffen, eine Rüge der Verletzung seines Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) aufgrund einer Überraschungsentscheidung zu sehen sein sollte, ist diese jedenfalls unbegründet. Nach dem Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 19. April 2023 vor dem Landesarbeitsgericht hat die Kammer mitgeteilt, sie sehe „bei vorläufiger Würdigung durchaus Anhaltspunkte für die Version des Klägers“. Damit hat die Kammer lediglich über ihre vorläufige Einschätzung der Sach- und Rechtslage informiert (vgl. hierzu BAG 25. August 2022 – 6 AZR 499/21 – Rn. 41, BAGE 178, 343). Für den Kläger war erkennbar, dass die Einschätzung keine bindende Wirkung hat, vielmehr eine abschließende Entscheidung noch aussteht. Zudem hat das Landesarbeitsgericht den Kläger in der Fortsetzungsverhandlung vom 9. August 2023 ausdrücklich auf den von ihm anschließend der Entscheidung zugrunde gelegten Sachverhalt hingewiesen.

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(4) Mit der Rüge, die Auslegung der Erklärungen des Herrn S könne nicht bezogen auf dessen inneren Willen vorgenommen werden, vermag der Kläger ebenfalls nicht durchzudringen. Rechtsgeschäftliche Willenserklärungen sind nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts grundsätzlich nach einem objektivierten Empfängerhorizont auszulegen. Geht man – wie das Landesarbeitsgericht – vom Vorliegen Allgemeiner Geschäftsbedingungen aus, ist deren Inhalt nach einem objektiv-generalisierenden Maßstab zu ermitteln, wobei die Verständnismöglichkeiten des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen sind (vgl. BAG 24. Mai 2018 – 6 AZR 116/17 – Rn. 15 mwN). In jedem Fall haben aber die Motive des Erklärenden, soweit sie nicht in dem Wortlaut der Erklärung oder in sonstiger, für die Gegenseite hinreichend deutlich erkennbarer Weise ihren Niederschlag finden, außer Betracht zu bleiben (vgl. BAG 11. April 2018 – 4 AZR 119/17 – Rn. 49 mwN, BAGE 162, 293 und für Allgemeine Geschäftsbedingungen BAG 18. Oktober 2018 – 6 AZR 246/17 – Rn. 19). Diesen Maßstab hat das Landesarbeitsgericht seiner Betrachtung zugrunde gelegt. Der Kläger irrt, wenn er nur darauf abstellt, angesichts des Gesamtbilds der Aussagen habe sich „für die Klägerseite unmissverständlich gezeigt, dass sich die Bestandszusage tatsächlich zielgerichtet auf den Senioritätsstatus bezog“. Damit stellt der Kläger für die Auslegung fehlerhaft auf seine subjektive Sichtweise, jedoch gerade nicht auf den objektiven Empfängerhorizont ab.

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b) Die vom Kläger begehrte Anwendung der Senioritätskriterien des TV WeFö folgt auch nicht aus Art. 3 Abs. 1 GG wegen Unwirksamkeit des TV Karriere. Die Beklagte ist berechtigt, die Senioritätskriterien auf Grundlage des TV Karriere bei künftigen (Be-)Förderungsmaßnahmen vom First Officer zum Kapitän anzuwenden. Der TV Karriere gilt aufgrund der arbeitsvertraglichen Bezugnahmeklausel im Arbeitsverhältnis der Parteien. Seine Regelungen sind wirksam und beeinträchtigen den Kläger nicht in unzulässiger Weise. Das hat der Senat in dem führenden Parallelverfahren (- 6 AZR 131/23 – Rn. 33 ff.) ausführlich begründet und nimmt darauf Bezug. Damit ist für den Kläger die nach den Vorgaben des TV Karriere erstellte, jeweils aktuelle Senioritätsliste maßgeblich.

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II. Der zulässige Hilfsantrag auf Feststellung, der dem Senat wegen Abweisung des Hauptantrags zur Entscheidung anfällt, ist aus den gleichen Gründen unbegründet.

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III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Spelge    

        

    Heinkel    

        

    Volk    

        

        

        

    M. Geyer    

        

    Claudia Nienaber